Gestern habe ich einige skurrile Antworten des Innenministeriums aus parlamentarische Anfragen im Jahr 2010 wiedergegeben. Hier ein „Best of“ aus dem Jahr 2011:

Frage: In der o.g. Anfragebeantwortung schreibt Frau BM. Dr. Fekter: „An eine Adaptierung der Lernunterlage mit dem Fokus auf die Integrationsförderung ist derzeit nicht gedacht, jedoch wird die Lernunterlage unter anderen Gesichtspunkten derzeit einer Evaluierung und Überarbeitung unterzogen.“ Unter welchen Gesichtspunkten wurde die Lernunterlage evaluiert? Wer hat die Evaluierung durchgeführt und was sind deren Resultate?

Innenministerium: Es erfolgte eine Adaptierung der Unterlage. Die übermittelten Gutachten wurden dabei – soweit deren Inhalt nachvollziehbar und zweckmäßig erschien – auch mitberücksichtigt. Eine Adaptierung im Hinblick auf das sprachliche Niveau erfolgte vor allem deshalb nicht, weil mit 1. Juli 2011 die Anhebung des Sprachniveaus auf B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen in Kraft treten wird.

Wir lernen: Die Inhalte der übermittelten Gutachten (z.B. Fehleraufzählungen) waren für das Innenministerium nicht nachvollziehbar – also eine glatte Überforderung. Zukünftige Gutachten sind gemäß „Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen“ unter dem Niveau B1 zu formulieren.

Frage: Wurden diesmal für die Überarbeitung ExpertInnen hinzugezogen?

Innenministerium: Vor dem Hintergrund der vorhandenen Expertisen wurde von der Einbeziehung externer Experten Abstand genommen.

Wir lernen (diesmal nach dem Prinzip des entdeckenden Lernens): Vor dem Hintergrund der vorhandenen Expertisen wurde von der Einbeziehung externer Experten Abstand genommen …

Frage: Können Sie ExpertInnen nennen, die die Sinnhaftigkeit dieses Staatsbürgerschaftstests in der derzeitigen Form ganz oder wenigstens in Teilen bestätigen?

Innenministerium: Die Beantwortung dieser Frage fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres.

Wir lernen: Die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Staatsbürgerschaftstests fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres.

Frage: Wenn die Kenntnisse des in der Lernunterlage abgebildeten Wissenskanons als grundlegend für den Erwerb der Staatsbürgerschaft angesehen werden, wie ist es dann zu rechtfertigen, dass diese Gebiete betreffen, in denen alle vom Innenministerium hinzugezogenen ExpertInnen nur bruchstückhaft Expertise vorweisen können und dass sich auch noch in der 8. Auflage der Lernunterlage zahlreiche Fehler finden, obwohl es darauf mehrere Hinweise seitens der ExpertInnen (siehe oben) gegeben hat?

Innenministerium: Das Wissen von Experten ist systemimmanent auf gewisse Wissensgebiete bezogen. Deshalb wurden bei der Erstellung der Unterlage auch mehrere Experten beigezogen. Im Übrigen darf darauf hingewiesen werden, dass es bereits eine 9. Auflage der Unterlage gibt.

Wir lernen: Fehler des Innenministeriums sind systemimmanent und das Innenministerium hat die Fehler schon in 9. Auflagen veröffentlicht und zeigt sich damit sehr leistungsbereit.

Und zum Abschluss eine Zusatzlektion: Parlamentarische Anfrage an das BMUKK (Juni 2011)

Frage: Welche BeamtInnen/ExpertInnen aus welchen Abteilungen Ihres Ressorts haben an der Erstellung der Lernunterlage mitgewirkt?

BMUKK: Die relevanten Organisationseinheiten des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, darunter jene für Kultur und Sprache, Diversitäts- und Sprachenpolitik, Migration und Schule, Sprachenpolitische Koordination, Politische Bildung als auch für Erwachsenenbildung, waren im Rahmen der Erstellung der Lernunterlage zur Staatsbürgerschaftsprüfung nicht befasst.

Wir lernen: Wahrheitsgemäße Antworten des Innenministeriums scheinen nicht Gegenstand des parlamentarischen Interpellationsrechtes zu sein. Aber es gilt die Unschuldsvermutung: Vielleicht war es der Experte Herr Meier oder die Expertin Frau Müller oder war’s doch der Hofer?