Wir kennen dieses Geschichtsbild zur Genüge: Österreich sieht sich erstes Opfer Nazideutschlands. Das haben wir jahrzehntelang vermittelt bekommen und leider wird dieses Geschichtsbild auch in der österreichischen Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz noch immer vermittelt.

Entstanden ist diese Gedenkstätte aus Anlass des 40. Jahrestages des „Anschlusses“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich. Die Eröffnung fand am 19. März 1978 in Auschwitz statt. Diese Ausstellung hat zweifellos ihre historischen Verdienste, jedoch entspricht die Darstellung der Jahre 1938 bis 1945 einer sehr einseitigen Sichtweise, die Österreich nur als „erstes Opfer“ der gewaltsamen Expansionspolitik von NS-Deutschland zeigt. Die Beteiligung von zahlreichen Österreicherinnen und Österreichern an NS-Verbrechen und insbesondere am Holocaust werden ausgeblendet. Ich habe vor über einem Jahr in einer Anfrage an den Bundeskanzler auf diese problematischen Umstände hingewiesen.

Nun tut sich was: Die Neugestaltung ist beschlossene Sache. Noch immer aber gibt es keine Antwort Österreichs auf eine vor einem Jahr vom polnischen Premierminister Donald Tusk an alle Regierungschefs ergangene Bitte um Hilfe, die EU und viele Länder (darunter Deutschland, Norwegen, Tschechien usw.) haben bereits Hilfe zugesagt – nicht aber Österreich. Man möchte vorerst „abwarten“. Ich halte das für einen Skandal. Der Regierung und den Rechtsparteien sei ins Stammbuch geschrieben: Zum abendländischen Erbe gehören nicht nur Kirchen und Paläste, sondern auch Orte der Vernichtung und Verfolgung wie Auschwitz.