Immer neue Facetten tauchen auf rund um den FPÖ-„Akademikerball“ in Wien: von der massiven Einschränkung der Pressefreiheit (Franz C. Bauer, der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft: Zustände „wie in Nordkorea“) und dem völlig überdimensionierten Polizeieinsatz war schon die Rede. Auch, dass er die Daten der Rettung heranziehen wollte, um Nachforschungen über medizinisch versorgte TeilnehmerInnen der Demonstration gegen den Ball anzustellen.
Nun hat Peter Pilz aufgedeckt, dass beim Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl vielleicht nicht nur Unfähigkeit im Spiel ist: Das SPÖ-Mitglied ist nämlich in der rechtsextremen Szene in Wien bestens vernetzt und war selbst Mitglied der extrem rechten schlagenden Burschenschaft Franko Cherusker („Pürstls Jugend als „Stachel im Fleisch linker Schmarotzer““). Gegenüber „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk hatte Pürstl noch Erinnerungslücken. Auf die Frage, ob er Mitglied der „Ghibellinia“ sei, antwortete er am Montag: „Mir war bis zum heutigen Tag die Burschenschaft Ghibellinia kein Begriff. Ich war und bin kein Mitglied in dieser Verbindung.“ Na ja! Jedenfalls stimmt es nicht, wenn Pürstl zur Zeitung „heute“ gesagt hat, er habe bei seinen Besuchen in den verschiedenen rechten Verbindungen „erkannt, (dass) dort nicht meine politische Heimat zu finden“ sei („Harte Zeiten für Pürstl“). Es sind halt die Franko Cherusker, bei denen übrigens die Polizei auch schon mal bei einer Hausdurchsuchung nach verbotenen NS-Symbolen gesucht hat. Wen man bei den „Cheruskern“ als Mitglied will? Das kann man auf der Homepage – pardon der „Heimseite“ – der Verbindung nachlesen: „Du bist der Stachel im Fleisch der linken Schmarotzer, die Du eh immer verachtet hast, weil sie auf Deine Kosten leben.“
Zum Polizeieinsatz selbst lasse ich gerne Wiens Bürgermeister Michael Häupl zu Wort kommen: „Ich will jetzt nicht banal rechnen, dass auf einen vermummten Anarchisten zehn Polizisten kommen, aber ich denke, dass man mit der Anzahl von Polizisten durchaus den Einsatz so gestalten hätte müssen, dass es nicht zu diesen Gewalttaten in der Wiener Innenstadt kommt.“ Wenn man „Anarchist“ durch „Gewalttäter“ ersetzt, kann ich zu 100 Prozent zustimmen.
Schade, dass der Pseudo-Antifaschismus des „Schwarzen Blocks“ den rechten Herrschaften aus der FPÖ und von noch weiter Rechts in die Hände spielt. „Standard“-Redakteut Gerald John bringt es auf den Punkt: „Jeder Anklang an Aggression macht es FPÖ und Co leicht, die vielen friedlichen Demonstranten zu verunglimpfen, die für etwas Ehrenvolles eintreten: dass ein rechtsextrem durchseuchter Aufmarsch nichts in der Wiener Hofburg verloren hat.“
Übrigens: SPÖ und Grüne haben gestern im Wiener Gemeinderat eine Resolution beschlossen, dass der Akademikerball künftig nicht mehr in der Wiener Hofburg abgehalten wird, weil er als „internationales Vernetzungstreffen von Rechtsextremen dem Ruf Wiens geschadet“ hat. Die ÖVP? Will die „blaue Karte“ offensichtlich als Koalitions-Option behalten. Indiskutabel!
Wann ist in Österreich ein Polizeipräsident eigentlich rücktrittsreif?
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