Unser Sicherheitssystem muss hinterfragt und erneuert werden, denn die Gefährdungslage hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Unter dem Titel „Wehrsystem ‚megasinnlos‘?“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:
Ist unser Wehrsystem wirklich „megasinnlos“? Das jedenfalls behauptet Hubertus Trauttenberg, General im Ruhestand und ehemaliger Adjutant von Bundespräsident Thomas Klestil. Bei der Abstimmung zur Abschaffung der Wehrpflicht meinte er, die jährliche Ausbildung von etwa 25.000 Wehrpflichtigen sei eine teure Ressourcenverschwendung, weil das erworbene Wissen der Rekruten nach ihrem Dienst „in den militärischen Abfallkübel“ komme.
Angesichts der veränderten Weltlage ist es zudem hoch an der Zeit, grundsätzlich über sicherheitspolitische Herausforderungen zu diskutieren. Und die zentralen Fragestellungen sind schnell aufgezählt: Welche Bedrohungsszenarien gibt es überhaupt? Und wie kann ein kleines und neutrales Land darauf reagieren?
Trauttenberg ist Befürworter einer „Freiwilligenarmee“, die aus einem schmalen Kader an Berufssoldaten sowie aus freiwilligen Zeitsoldaten bestehen soll. Letztere sollten sich für mehrere Jahre verpflichten, in dieser Zeit auch eine weitere Berufsausbildung erhalten und danach auf den Arbeitsmarkt zurückkehren.
Die Befürchtung, dass durch den Wegfall von Wehrpflicht und Zivildienst sowohl der Katastrophenschutz als auch das Rettungswesen ins Wanken geraten könnten, wird von den Reformbefürwortern nicht geteilt. Sie verweisen darauf, dass bei Überschwemmungen oder anderen Naturereignissen Hilfe in erster Linie von den örtlichen Feuerwehren kommt. Dort gebe es Spezialisten und die entsprechenden Geräte, während Wehrpflichtige kaum über eine angemessene Ausbildung verfügen. Bei etwa 15.000 entsprechend ausgebildeten und trainierten Profisoldatinnen und – soldaten hingegen sei im Katastrophenfall professionelle Unterstützung gewährleistet. Für Rettungsdienste und andere Organisationen wird ein „Freiwilligenjahr“ angedacht.
Mehr Qualität erwarten sich die Reformbefürworter zudem im Kampf gegen die immer massiveren und künftig wohl zunehmenden Cyberangriffe. Hier braucht es im Bundesheer hochqualifizierte Fachkräfte und eine über das jetzige Ausmaß hinausgehende Schwerpunktsetzung.
Und auch das „heiße Eisen“ Neutralität muss angefasst werden – und zwar unter Berücksichtigung aller Aspekte und ohne vorschnelle Beitrittsbekundungen zur NATO wie in Finnland oder Schweden. Schließlich kann der Beitrag eines neutralen Landes zur europäischen Sicherheit durchaus auch in einem nichtmilitärischen Bereich liegen.
Für Ho-Ruck-Aktionen bei der Umgestaltung unseres Verteidigungssystems eignet sich die Thematik jedenfalls nicht. Eine alle Aspekte berücksichtigende sachlich geführte Diskussion hingegen ist ebenso notwendig wie überfällig und sollte von der neuen Regierung initiiert werden – unter Einbeziehung aller Kräfte aus Politik, Blaulicht-Organisationen und der Zivilgesellschaft. Dazu braucht es von allen die Bereitschaft, alte ideologische Trampelpfade zu verlassen!