Was ist bitte mit der Sozialdemokratie los? In den letzten Tagen hat sich Seltsames getan. Bundeskanzler Faymann und FPÖ-Führer Heinz-Christian Strache wollen die „Konkordats-Regel zum Kreuz in den Schulklassen in die Verfassung“ aufnehmen. Da bildet sich eine seltsame Allianz von zwei Politikern, die offensichtlich gemeinsam einem mittelalterlichen Verständnis der Rolle von Staat und Kirche anhängen. Sind das die Vorboten der Wiener Gemeinderatswahlen?

Fix ist jedenfalls, dass weder Faymann noch Strache das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verstanden haben – oder nicht verstehen wollen. Die Richter möchten mit ihrem Urteil nämlich die sogenannte negative Glaubensfreiheit gewahrt wissen, also die Freiheit eines jeden, sich zu keiner Religion bekennen zu müssen.

Für mich ist klar: Wir wollen keinen Kulturkampf und fordern von der Regierung, den Dialog mit den christlichen Religionsgemeinschaften aufzunehmen, um zu einer für alle akzeptablen Lösung zu kommen. Die weltanschauliche Neutralität des Staates ist ein Grundprinzip seit der Aufklärung. Aufgabe des Staates ist es nicht, Religionslosigkeit zu verordnen. Genauso wenig aber ist es Aufgabe des Staates, Religiosität zu verordnen.