Verteidigungsminister Gerald Klug hat schnell reagiert: Am Donnerstag letzter Woche habe ich eine parlamentarische Anfrage zur Krypta eingebracht und dabei die Website der Militärseelsorge zur Geschichte des Heldendenkmals wegen ihres problematischen Geschichtsbildes scharf kritisiert. Sie zeigte sich nämlich unberührt von allen historischen Erkenntnissen. Diese Website ist nun selbst Geschichte. Sie wurde vom Verteidigungsministerium umgehend entfernt.
Worum ging es? Es fand sich dort eine in mehrfacher Hinsicht problematische Darstellung der Geschichte des Äußeren Burgtors: „Kaum ein anderer Ort in Österreich wäre würdiger gewesen das Ehrenmal des alten kaiserlichen Heeres und seiner Toten im großen Ringen 1914-1918 aufzunehmen, als der Heldenplatz im Herzen Wiens, der an eine der bedeutendsten Schlachtenentscheidungen der europäischen Geschichte erinnert. (…) Hier war es, wo sich der Ansturm des Islam gegen das Abendland brach.“
Galant übersprang man in gut österreichischer Tradition die Tatsache, dass dieses Denkmal in ideologischer Absicht im Austrofaschismus errichtet wurde. Die Zeit des Nationalsozialismus, als Hitler und Göring dem Denkmal ihre Referenz erwiesen und die SA ihr eigenes Ehrenmal in der mittleren Durchfahrt erhalten hatte, wurde ebenso übergangen.
„Nach dem ersten Weltkrieg entstanden allerorts in Österreich Denkmäler, die dem Andenken der Mitbürger gewidmet wurden, die 1914-1918 ihr Leben für die Heimat geopfert hatten. (…) Der Wunsch, in gleicher Weise wie die Soldaten der einstigen Armee, auch jene Österreicher zu ehren, die 1938-1945 ihr Leben im Kampfe um ein freies Österreich hingegeben haben, veranlasste die Bundesregierung 1965, die (…) Halle im südöstlichen Flügel des Denkmals als Weiheraum für die Opfer im Kampfe um Österreichs Freiheit umzugestalten.“
In dieser Beschreibung verdichteten sich wesentliche Merkmale einer gängigen identitätsstiftenden österreichischen Historiographie: Der Sieg gegen die Türken als zentrales Abwehrmoment des „christlichen“ Abendlandes gegen den Islam, der Erste Weltkrieg als „großes Ringen“ – wofür? –, das Ausblenden von Austrofaschismus und Nationalsozialismus und stattdessen in indirekter Form die Aufrechterhaltung des Mythos, im Nationalsozialismus Opfer gewesen zu sein.
Der Weiheraum ist den WiderstandskämpferInnen gegen den Nationalsozialismus gewidmet, sie mit den Gefallenen des Ersten Weltkriegs gleichzusetzen, ist historischer Unfug. Doch die Seite könnte als Lernort dafür dienen, wie Geschichtsschreibung bis ins Jahr 2014 im Sinne einer Geschichtsklitterung und -fälschung funktionalisiert wurde. Darum stelle ich hier einen Screenshot [< file name="krypta_website_militaerseelsorge" >] als historisches Artefakt zur Verfügung. Eine wirklich empfehlenswerte zusammenfassende Geschichte des Heldentors und dessen Bewertung finden historisch Interessierte hier: „Lorbeer den des Lorbeers würdigen Soldaten“ – das Äußere Burgtor wird zum Heldendenkmal.
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