Nord- und Osttirol haben im Bereich Lesen fast doppelt so viele Risikoschülerinnen (31) wie der deutschsprachige Teil Südtirols (15,9). Woran liegt das? Am Klima? Fördert der italienische Staat im Gegensatz zu den Beteuerungen der Rechtsparteien gar die deutsche Sprachgruppe besonders intensiv? Oder liegt es vielleicht doch am Schulsystem?
Tatsache ist: In Österreich trennen wir die Kinder mit neuneinhalb Jahren, in Südtirol gibt es die von uns Grünen geforderte Gemeinsame Schule („Das Südtiroler Schulsystem“). Das bedeutet: Es gibt in Südtirol auch keine „Sonderschulen“, sondern nur „inklusive Schulen“. Lehrkräfte haben somit von allem Anfang sehr heterogene Gruppen – aber im Gegensatz zu Österreich halt auch die entsprechende Unterstützung für diese Situation. Sie gehen individuell auf jedes einzelne Kind ein, haben allein in Südtirol bei Problemen ein institutionalisiertes Unterstützungssystem für Lehrkräfte mit 40 Beratungsstellen – wir hingegen lassen unsere Lehrkräfte mit den Problemen im Klassenzimmer allein.
Südtirol macht vieles besser, vom dreijährigen und von fast allen besuchten Kindergarten, die akademische Ausbildung der KindergartenpädagogInnen über die längere gemeinsame Schule und den weitgehenden Verzicht auf Noten, die Bildungspflicht bis 18 Jahre, die LehrerInnenbildung, Büchereien bis zur Elternarbeit.
Auch für Österreich muss gelten: „Kein Kind zurücklassen!“
Die Ideen der Grünen Schule finde ich wirklich gut, was mir ein wenig fehlt, sind Lösungsansätze für SchülerInnen, die wenig Deutschkenntnisse haben, aber schon über dem Pflichtschulalter sind. Ich unterrichte in einer Fachschule für Sozialberufe mit einem hohen Anteil SchülerInnen, die trotz 9 Schuljahren in Österreich viele Schulprobleme haben. Gerade für diese Jugendliche wäre es wichtig eine gute Schulausbildugn zu ermöglichen, damit sie im Berufsleben trotz Migrationshintergrund eine echte Chance hätten.
Leider ist das so! Eine schnelle und dauerhafte Lösung werden wir nicht auf die Beine stellen können. Für SchülerInnen mit 15 und mehr Jahren wird vor allem die Einbeziehung außerschulischer Instanzen (AK, VHS …) hilfreich sein. Dort ist jenes Know how vorhanden, das wir angesichts langjähriger Vernachlässigung des Problems im Schulsystem gar nicht haben. Das Europäische Parlament und der Rat haben argumentieren ähnlich. Im April 2008 haben sie die Einrichtung eines Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen gefordert.