In den letzten Wochen scheint es bei den Wiener Philharmonikern zu einem Umdenken gekommen sein. Man stellt sich nun dem Kapitel „NS-Zeit“ („Neue Töne bei den Philharmonikern!“) und hat den Kreisky-Biografen Oliver Rathkolb damit beauftragt, in einem ersten Schritt den geschichtlichen Teil der Homepage zu überarbeiten.

Das Ergebnis ist teilweise erfreulich – insbesondere jener Teil, der von Bernadette Mayrhofer und Fritz Trümpi behandelt worden ist. Sie bieten einen soliden Überblick über den Stand der Forschungen zu diesem Thema in den letzten Jahren – zum nicht unbeträchtlichen Teil waren es ihre eigenen.

Peinlich aber sind die Lücken und Auslassungen, die ausgerechnet im zentralen Beitrag von Oliver Rathkolb festzustellen sind (< file name="Rathkolb_Neujahrskonzert" >). Darin geht es um die auf diesem Blog in den letzten zweieinhalb Jahren mehrmals thematisierte Geschichte des Neujahrskonzertes. Ich habe dazu heute im „Falter“ in einem Artikel Stellung genommen: „Philharmoniker: NS-Kapitel „längst abgeschlossen“?“ Hier als Download: < file name="Leserbrief_Falter_Neujahrskonzert" >

Mein zentraler Vorwurf: Rathkolb verschweigt die Tatsache, dass das Neujahrskonzert ein geplanter Bestandteil von Goebbels´ Kriegspropaganda-Maschinerie war. Die „Wiener Neuesten Nachrichten“ vom 22. Dezember 1939 berichten, dass die Philharmoniker ihr Konzert „zur Gänze“ dem von Hitler kurz zuvor gegründeten „Kriegswinterhilfswerk“ widmeten. Die folgenden Konzerte standen im propagandistischen Dienst der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“. In Rathkolbs Darstellung findet sich das nicht, obwohl Fritz Trümpi schon früher zu dem Schluss kam, dass das Neujahrskonzert nicht Selbstverwirklichung von Strauß-Aficionados, sondern „Ergebnis einer nationalsozialistischen Kulturpolitik“ gewesen ist.

Schlampige Arbeit? Unverständlich jedenfalls angesichts der Brisanz dieses Themas und kein guter Dienst an den Philharmonikern, die sich solidere Arbeit hätten erwarten dürfen.