Ein bisschen mehr Geschichtsbewusstsein hätte ich den braun-blauen Herrschaften zugetraut! Dass jetzt ausgerechnet die nationale Seite von der „Heiligen Allianz“ schwärmt, müsste wohl auch in rechten Reihen nicht wenige verstören. Doch der Reihe nach:
Der russische Oligarch Konstantin Malofeev hat am letzten Wochenende als Vorstandsvorsitzender der „Stiftung des Heiligen Wassilij des Großen“ gerufen und ein braun-klerikaler Zug aus ganz Europa hat sich Richtung Wien in Bewegung gesetzt: Marion Maréchal-Le Pen, der Verschwörungstheoretiker Aymeric Chauprade vom französischen Front National, aus Spanien Prinz Sixtus Henri von Bourbon-Parma, Anführer der katholisch-monarchistischen Carlisten-Bewegung, der Schweizer Unternehmer Serge de Pahlen, aus Bulgarien der Vorsitzende und Gründer der rechtsextremen Partei Ataka, Wolen Siderow, dazu weitere Rechtsextremisten aus Kroatien, Adelige aus Georgien und Russland. Und aus Österreich? Richtig: unter anderem Heinz-Christian Strache. So weit so schlecht.
Die Tagung der Nationalisten endete übrigens mit klassischem Konzert und Galaempfang mit Smokingpflicht für die Herren.
Wien wurde bewusst gewählt: Man nahm – so ist es dem Einladungstext zu entnehmen – das Treffen zum Anlass, um zu gedenken. Vor 200 Jahren fand der Wiener Kongress statt, man wolle den Geist der „Heiligen Allianz“ wieder aufleben lassen!
Da nebenan zeitgleich der Lifeball stattfand, wurde gleich ein Kreuzzug gegen die „satanische Schwulenlobby“ geplant, wie einem Bericht des Schweizer Tagesanzeiger zu entnehmen ist.
Die Herren plus Dame dachten nun in Wien wieder über eine Neuordnung Europas nach dem Vorbild des Wiener Kongresses nach, der nämlich „ein Jahrhundert der relativen Ruhe und des geopolitischen Gleichgewichts“ gebracht habe. Zur Erinnerung: In den Jahren 1814/15 versammelten sich die damaligen europäischen Spitzen, um den Ideen und Auswirkungen der Französischen Revolution und von demokratischen, liberalen Bewegungen entgegensteuern. Sogar deklarierten Konservativen war das zuviel: Der preußische Marschall Gebhard Leberecht Blücher weigerte sich, zum Wiener Kongress anzureisen. Er wollte sich – so die Erzählung – nicht dem „Heer der nutzlosen Fürsten“ anschließen.
Das direkte Ergebnis des Kongresses war ein reaktionäres Bündnis von Preußen, Russland und Österreich („Heilige Allianz“). Das Ziel: Der Erhalt der absolutistischen alten Ordnung, in Österreich erfolgreich umgesetzt von Staatskanzler Clemens Metternich. Die Folge: Zensur, Berufsverbote für Demokraten, Unterdrückung, Spitzelwesen …
Und diesen Geist wollen nun also Strache & Co wiederbeleben? Und das in aller Offenheit? Respekt! So deutlich haben sie ihre reaktionären Ansichten selten kundgetan. Wir wissen jetzt, was diese Herrschaften einläuten wollen – ein „Jahrhundert der relativen Ruhe“!
Gott schütze Österreich!
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