Beispielhafter Umgang mit NS-Verbrechen in Gratkorn!
Es gibt sie noch, die erfreulichen Nachrichten! Hier ist eine davon: Maximilian Tonsern, ein junger Journalismus-Student aus der Steiermark, recherchiert im Zuge einer Arbeit für seine Ausbildung penibel ein Stück Geschichte aus seinem Heimatort Gratkorn bei Graz: Es sind nur Soldaten da gewesen
Der Ort ist eher im Gedächtnis durch seine Papierfabrik, auch Fußballfans kennen ihn – bislang weiß aber kaum jemand über die Geschichte des Ortes im Nationalsozialismus.
Am 4. April 1945 mussten etwa 8.000 ungarische Jüdinnen und Juden, die zuvor zu Stellungsbauarbeiten am Südostwall zwangsverpflichtet waren, den Todesmarsch ins Konzentrationslager Mauthausen antreten. Tonsern notiert: „Zumindest eine Kolonne muss auch durch Gratkorn marschieren. ‚War ein Jude (…) vor Erschöpfung zusammengebrochen, so gab es für ihn nur einen Genickschuß’, ist in der Chronik der Gendarmerie Gratkorn zu lesen.“
20 Juden und Jüdinnen gelang bei Gratkorn kurzfristig die Flucht; 14 wurden sofort aufgegriffen und hingerichtet. Sechs Häftlingen gelang es jedoch, in die Dult, einer damals dünn besiedelten Gegend bei Gratkorn, zu fliehen und sich dort zu verstecken. Eine Zeitzeugin berichtet in einem Interview mit Tonsern über ihre Erinnerungen: um Nahrung bettelnde Menschen. Die SS-Division Wiking – an mehreren Kriegsverbrechen beteiligt – griff die Flüchtlinge jedoch kurz nach der Flucht auf, erschoss sie und verscharrte die sechs Leichname neben einer Straßenkurve in der Dult.
Wie so oft in Österreich wurde auch über dieses Verbrechen der Mantel des Schweigens gebreitet, es kursierten im Ort nur vage Gerüchte – zumindest bis jetzt. Erfreulicherweise ergriff nun Tonsern im Alleingang die Initiative, leistete die Recherchearbeiten und forderte ein Zeichen der Erinnerung seitens des Ortes. Tonsern nahm mit dem Bürgermeister und dem Kulturreferenten von Gratkorn Kontakt auf und schildert: „Ich hatte heute erneut eine Begehung am Ort des damaligen Geschehens zwecks eines Gedenksteines. Erfreulicherweise steht dem Aufstellen eines Steines nichts mehr im Wege – und über mangelnde Unterstützung kann ich mich nicht beklagen.“
Alleine die Tatsache, dass sich die Gemeindevertretung problemlos für einen Gedenkort ausspricht, ist schon erwähnenswert. Auf die Frage nach der Finanzierung der Gedenkstätte antwortet Tonsern: „Grundsätzlich habe ich sehr früh Unterstützung durch den Unternehmer Johann Pranzl gefunden, der sich gleich nach Erscheinen meiner Reportage bei mir gemeldet hatte und durch den das auch alles ein wenig ins Rollen kam. Ein Konzept für einen Gedenkstein steht, einen Künstler haben wir ebenfalls gefunden. Von der Gemeinde bräuchten wir eigentlich nur mehr einen relativ geringfügigen Finanzierungszuschuss.“
Ich möchte hier meine Hochachtung aussprechen: einerseits an die Zuständigen in Gratkorn und vor allem an Maximilian Tonsern für seine beispielhafte Initiative und seine Bemühungen um das so wichtige „Niemals vergessen“!