Eine richtige Antwort blieben wir gestern schuldig. Mit Abt Anselm van der Linde von der Zisterzienserabtei Mehrerau hatte ich gestern das Vergnügen, genau 60 Minuten in einer öffentlichen Diskussion auf dem WIFI-Campus in Dornbirn über folgende Themen zu diskutieren: Sind katholische Schulen wirklich in der Lage, junge Menschen angemessen beim Erwachsenwerden zu begleiten? Muss die katholische Kirche ihren Erziehungsstil überdenken? Oder sind katholische Privatschulen ohnehin ein Relikt vergangener Jahrhunderte?
In ihrer derzeitigen Verfassung vieler konfessioneller Schulen neige ich zu letzterer Einschätzung. Wo werden denn ethische Prinzipien deutlich? Welche Werte werden da vermittelt? Verschrobene Ideen über „Elitenbildung“ – Abt Anselm nehme ich da ausdrücklich aus – führen zu genau jenem großteils nach „unten“ abgeschotteten Schulwesen, unter dem unsere Kinder derzeit leiden. Den Reichen wird gegeben, den Armen wird genommen – nämlich Bildungschancen.
Derzeit zementiert das konfessionelle Schulwesen die verkrusteten Strukturen des österreichischen Schulwesens statt Impulse zu setzen. „Geschlossene Systeme“ wie Internate neigen zudem dazu, dass es in ihnen zu Gewalt und Übergriffen kommt. Und das ist ein Problem der Vergangenheit und der Gegenwart. Literarische Warnzeichen gab und gibt es genug – unabhängig vom Träger der Internate. Ich erinnere an Hermann Hesses „Unterm Rad“, Robert Musils „Verwirrungen des Zöglings Törleß“ oder jüngst Michael Köhlmeiers „Musterschüler“.
Und noch ein Thema wurde kontroversiell gesehen: Auseinandersetzungen um allgemein verbindliche Grundwerte werden immer wichtiger. Der jetzige Religionsunterricht schafft das aus meiner Sicht nicht (mehr): Zuviele Kinder melden sich davon ab, es gibt sehr viele unterschiedliche Religionsbekenntnisse und zunehmend Kinder ohne Bekenntnis – eine gemeinsame Auseinandersetzung über Werte kann daher im Rahmen des konfessionellen Religionsunterrichts nicht (mehr) stattfinden. Ein vom Staat durchgeführter Religionen-Unterricht ist zusammen mit einem Unterricht in ziviler Ethik daher die sinnvolle Alternative zum jetzigen konfessionell gebundenen Unterricht. Das entspricht unserer multikulturell, multireligiös und multiideologisch gewordenen Lebenswirklichkeit.
Es ist aber wie beim Zölibat: Bewegung und unaufgeregte Diskussion sind nicht in Sicht!
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