27. Juni 2025

Was macht der Terror mit der Gesellschaft?

2025-06-26T15:07:06+02:0027.06.25, 8:05 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , , |

Der Horror an der Grazer Schule in der Dreischützengasse hat durchaus zu sehr besonnenen und Mut machenden Reaktionen geführt, aber wenig überraschend auch die Hetzer von Rechtsaußen auf den Plan gerufen. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Umgang mit dem Terror“ hier zum Nachlesen:

„In unserem Staat funktioniert nichts mehr, alles geht den Bach runter“ – dieser Aussage habe ich in einer sehr „angeregten“ Diskussion letzte Woche vehement widersprochen. Was funktioniert nicht? Die Bahn? Die Justiz? Gibt es Schlaglöcher auf den Autobahnen? Bei allem Reformbedarf: Fast überall auf der Welt wären die Menschen froh, in einem Staat wie dem unseren zu leben.

Zudem hat der gesellschaftliche und auch der politische Umgang mit dem furchtbaren Verbrechen in Graz auch Mut gemacht. Nach sechs Minuten waren erste Einsatzkräfte da, eine Minute später die Spezialeinheit Cobra. Die Polizei hat ebenso hervorragende Arbeit geleistet wie die Rettungskräfte und die Aufteilung der Verletzten auf einzelne Krankenhäuser. Die rasche psychologische Betreuung der Überlebenden hätte kaum besser sein können. Das Verhalten von Lehrkräften, Schulleitung und Eltern war vorbildlich. Bei uns soll nichts funktionieren?

„Funktioniert“ haben auch große Teile der Politik. Die kommunistische Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr hat keine simple Betroffenheitsrhetorik oder gestelzten Sätzen von sich gegeben, sondern unserer Sprachlosigkeit eine Sprache gegeben. Ihre Erschütterung war spürbar und gleichzeitig hat sie ihre Funktion beim Einsatz beispielhaft wahrgenommen.

Zum Vergleich: In den USA gab es allein im letzten Jahr über 300 Angriffe mit Schusswaffen an Schulen. Dort gibt es immer wieder Diskussionen, weil es bis zum Einsatz der Exekutive oft zu lange dauert. In Texas beispielsweise gab es 21 Tote, weil die Polizei sich erst nach 75 Minuten zum Eingreifen entschlossen hatte.
Da hat Graz deutlich besser abgeschnitten – übrigens auch beim Umgang mit dem Terror: Bei der Trauerfeier haben zwei Jugendliche mit migrantischem Hintergrund bemerkenswerte Reden gehalten: „Hass hat hier keinen Platz, nicht an dieser Schule, nicht in Österreich, nicht in dieser Welt!“

Zur Wahrheit zählt allerdings auch, dass die Horror-Tat für Hetze benutzt worden ist. Der FPÖ-Klubobmann im oberösterreichischen Landtag hat auf Facebook gleich auf das „Ausländerproblem“ verwiesen: „Ein Land ohne Abschiebungen ist ein Land ohne Schutz.“ Als bekannt wurde, dass es sich beim Täter um einen Österreicher handelt, hat er das Posting stillschweigend auf „Furchtbar“ geändert, die Flut an hetzerischen Antworten auf seine ursprüngliche Interpretation aber stehen lassen.
Zudem hat er behauptet, die Plattform „Stoppt die Rechten“ habe sein Posting manipuliert. Als man ihm nachwies, dass das eine Lüge ist, hat er die Schuld auf einen Mitarbeiter geschoben, dessen Fehler er nicht mehr „rückgängig machen“ könne. Ähnlich agierten andere FPÖler und Rechtsextreme. Haben wir mit diesen Herrschaften vielleicht ein „Inländerproblem“?

Der Umgang mit dem Verbrechen in Graz hat in Gesellschaft und Politik größtenteils das Positive zum Vorschein gebracht. Das Negative blieb in der Minderheit.

13. Juni 2025

Vergoldete Feuerwehrhelme?

2025-06-13T15:42:20+02:0013.06.25, 15:42 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , , |

Die Sparmaßnahmen von Bundes- und Landesregierungen sind zwar notwendig, nicht selten aber wird am falschen Ort gespart und noch weniger selten sind es reine Ankündigungen. Über einen (!) strukturellen Aspekt wird gar nicht diskutiert, obwohl er nachhaltig wäre und die Verwaltung sogar deutlich verbessern würde: Gemeindefusionen. In den Vorarlberger Nachrichten habe ich dazu unter dem Titel „Vergoldete Feuerwehrhelme?“ einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Wir hören und lesen es tagtäglich: Es muss gespart werden. Tiefe Einschnitte soll es im Sozialbereich geben, bei Menschen mit Behinderung, bei Kindern, beim Klimaschutz, beim Ausbau der Bahn usw. Klimaschädliche Ausgaben hingegen werden – wie der „Pendlereuro“ –teilweise sogar verdreifacht, Straßenbauprojekte unbeirrt weitergeführt.

Immerhin haben die politisch Verantwortlichen letzte Woche auch angekündigt, den sündteuren Verwaltungswirrwarr zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu beseitigen und für vernünftige Strukturen zu sorgen. Der Bildungsbereich bietet sich dafür ebenso an wie das Gesundheitswesen. Konkret wurde man aber leider nicht. Wir wurden damit getröstet, dass man einen Arbeitskreis einrichten werden. Die Erwartungen sollten wohl nicht allzu hoch gehängt werden.

Neben den erwähnten „großen Brocken“ gibt es aber Einsparungspotenziale, die sich mittel- und langfristig rechnen und gleichzeitig die Qualität der öffentlichen Verwaltung verbessern würden. Das hat man in der Schweiz schon vor über 20 Jahren erkannt und ist in praktisch allen Kantonen das Thema Gemeindefusionen angegangen. Heute gibt es beim Nachbarn fast 800 Gemeinden weniger als noch im Jahr 2000. Diese Entwicklung geht weiter – bis hin zu Zwangsfusionen.

Meist aber sind die gar nicht nötig. Im Kanton Glarus gab es vor 20 Jahren noch 26 Gemeinden. Auf Antrag einer Einzelperson stimmte die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung – gegen den Willen vieler politisch Verantwortlicher – für eine Zusammenlegung auf gerade mal drei Gemeinden.

Wären Gemeindezusammenlegungen auch in Vorarlberg sinnvoll? Im Vorderland beispielsweise, im Walgau, dem Bregenzerwald, den Gemeinden rund um den Kummenberg? Oder im Großen Walsertal, wo es sechs Gemeinden gibt mit zusammen nur etwa 3.700 Einwohnern? Die Probleme in all diesen Gemeinden sind ähnlich, die Verwaltung teuer und kaum mehr finanzierbar. Natürlich gibt es gemeindeübergreifende Projekte und Strukturen. Das ist gut und sinnvoll, aber nur ein erster Schritt.

Ein Blick in die Geschichte lohnt sich: In der Montfortstadt feiert man heuer 100 Jahre „Groß-Feldkirch“. 1925 stimmten fast 90 Prozent der Wahlberechtigten für den Zusammenschluss der ehemaligen Stadtgemeinde Feldkirch mit den Gemeinden Tosters, Tisis und Altenstadt inklusive der Ortsteile Gisingen, Nofels, Bangs und Levis.

In einem kenntnisreichen Vortrag erläuterte kürzlich Stadtarchivar Christoph Volaucnik die daraus erwachsenen Vorteile vom Hochwasserschutz bis zur Wasserversorgung. Ulrich Nachbaur, der Direktor des Landesarchivs, bezeichnete Vorarlberg angesichts üppig finanzierter Feuerwehren als Land der „vergoldeten Feuerwehrhelme“. Muss man also auch bei den Feuerwehren sparen? Müssen sie gar fusionieren? Große Angst davor wäre unbegründet: In Feldkirch gibt es heute immerhin sechs Feuerwehren. Die Fusion zur Stadtgemeinde vor 100 Jahren ist übrigens dank der Vorteile noch immer unumstritten.

29. Mai 2025

Radikalisierte Konservative!

2025-05-29T07:46:56+02:0029.05.25, 7:46 |Kategorien: Gesellschaft|

Konservative Parteien galten einst als das, was man „staatstragend“ nennt. Heute driften sie stark nach rechts. Immerhin gibt es erste, allerdings nur ganz schüchterne Anzeichen dafür, dass sich Widerstand dagegen formiert. Unter dem Titel „Radikalisierte Konservative“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar geschrieben:

Die Welt ändert sich in atemberaubender Geschwindigkeit. In Ländern wie den USA, Ungarn und vielen anderen ist eine radikale gesellschaftliche und politische Wende im Gang – weg von einer offenen demokratischen Gesellschaft hin zu einem autoritären Untertanenstaat. Auch bei uns ist der der Wunsch nach einem heilbringenden „Führer“ zunehmend spürbar. Hat unsere Gesellschaft nichts gelernt aus den Katastrophen im vorigen Jahrhundert? Dem Holocaust? Den Kriegen?

Viktor Orbán und Donald Trump zeigen exemplarisch vor, wie „neue Führer“ recht erfolgreich ihre Allmachtsphantasien umsetzen. Zuerst kapert man die eigene Partei und unterwirft sie, organisiert eine fast schon religiöse Verehrung der eigenen Person, erzeugt Feindbilder, missachtet unabhängige Gerichte und die Verfassung. Bestehende demokratische Strukturen werden übergangen, eine willige Komplizenschaft mit nicht legitimierter Macht ausgestattet. Man denke an die Clique von Milliardären, die Trump um sich gesammelt hat.

Wissenschaftsfeindlichkeit („Die Professoren sind der Feind“) führt zur Streichung von Fördermitteln, Arbeitsverboten und bislang zumindest zur Androhung von Uni-Abweisungen für ausländische Studierende. Der Angriff auf die Freiheit der Wissenschaft rüttelt massiv an den Grundfesten der US-Demokratie und richtet nachhaltigen Schaden an.
In Ungarn passiert Ähnliches. Viktor Orbán ärgert sich zunehmend darüber, dass die sündteuren Yachten und Privatjets seiner Gefolgsleute medial thematisiert werden. Oder darüber, wie EU-Gelder im korrupten Dickicht seines Netzwerkes versickern. Deshalb plant er ein Gesetz, das kritische Medien und Organisationen in den Ruin treiben würde. Diese sollen künftig allein schon dann ausgeschaltet werden können, wenn sie beispielsweise finanzielle Unterstützung durch Spenden, Crowdfunding oder aus dem Ausland – etwa von der EU (!) – beziehen.

Nicht wenige begrüßen diese Entwicklung – auch bei uns und in anderen Staaten der westlichen Welt. Die Akzeptanz für das etablierte politische System schwindet. Schuld daran sind viele Krisen, etwa die teils herbeifantasierte, teils wirkliche Krise des Sozialstaats: Das seit dem Zweiten Weltkrieg von Generation zu Generation weitergegebene Gefühl, es gebe mehr Wohlstand für alle, ist nämlich so nicht mehr einlösbar.

Immerhin: Dank der EU werden Entwicklungen wie in Ungarn, der Slowakei oder zeitweise auch in Polen zumindest behindert. In ganz Europa erwachen zudem die Gewerkschaften und leisten im Krieg gegen die Schwachen zunehmend Widerstand, die Kirchen melden sich mahnend zu Wort. Das alles ist ebenso hilfreich wie notwendig. Ohne eine mobilisierte demokratische Öffentlichkeit wird die Entwicklung aber nicht zu stoppen sein: Und dafür braucht es uns alle!

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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