Was macht der Terror mit der Gesellschaft?
Der Horror an der Grazer Schule in der Dreischützengasse hat durchaus zu sehr besonnenen und Mut machenden Reaktionen geführt, aber wenig überraschend auch die Hetzer von Rechtsaußen auf den Plan gerufen. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Umgang mit dem Terror“ hier zum Nachlesen:
„In unserem Staat funktioniert nichts mehr, alles geht den Bach runter“ – dieser Aussage habe ich in einer sehr „angeregten“ Diskussion letzte Woche vehement widersprochen. Was funktioniert nicht? Die Bahn? Die Justiz? Gibt es Schlaglöcher auf den Autobahnen? Bei allem Reformbedarf: Fast überall auf der Welt wären die Menschen froh, in einem Staat wie dem unseren zu leben.
Zudem hat der gesellschaftliche und auch der politische Umgang mit dem furchtbaren Verbrechen in Graz auch Mut gemacht. Nach sechs Minuten waren erste Einsatzkräfte da, eine Minute später die Spezialeinheit Cobra. Die Polizei hat ebenso hervorragende Arbeit geleistet wie die Rettungskräfte und die Aufteilung der Verletzten auf einzelne Krankenhäuser. Die rasche psychologische Betreuung der Überlebenden hätte kaum besser sein können. Das Verhalten von Lehrkräften, Schulleitung und Eltern war vorbildlich. Bei uns soll nichts funktionieren?
„Funktioniert“ haben auch große Teile der Politik. Die kommunistische Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr hat keine simple Betroffenheitsrhetorik oder gestelzten Sätzen von sich gegeben, sondern unserer Sprachlosigkeit eine Sprache gegeben. Ihre Erschütterung war spürbar und gleichzeitig hat sie ihre Funktion beim Einsatz beispielhaft wahrgenommen.
Zum Vergleich: In den USA gab es allein im letzten Jahr über 300 Angriffe mit Schusswaffen an Schulen. Dort gibt es immer wieder Diskussionen, weil es bis zum Einsatz der Exekutive oft zu lange dauert. In Texas beispielsweise gab es 21 Tote, weil die Polizei sich erst nach 75 Minuten zum Eingreifen entschlossen hatte.
Da hat Graz deutlich besser abgeschnitten – übrigens auch beim Umgang mit dem Terror: Bei der Trauerfeier haben zwei Jugendliche mit migrantischem Hintergrund bemerkenswerte Reden gehalten: „Hass hat hier keinen Platz, nicht an dieser Schule, nicht in Österreich, nicht in dieser Welt!“Zur Wahrheit zählt allerdings auch, dass die Horror-Tat für Hetze benutzt worden ist. Der FPÖ-Klubobmann im oberösterreichischen Landtag hat auf Facebook gleich auf das „Ausländerproblem“ verwiesen: „Ein Land ohne Abschiebungen ist ein Land ohne Schutz.“ Als bekannt wurde, dass es sich beim Täter um einen Österreicher handelt, hat er das Posting stillschweigend auf „Furchtbar“ geändert, die Flut an hetzerischen Antworten auf seine ursprüngliche Interpretation aber stehen lassen.
Zudem hat er behauptet, die Plattform „Stoppt die Rechten“ habe sein Posting manipuliert. Als man ihm nachwies, dass das eine Lüge ist, hat er die Schuld auf einen Mitarbeiter geschoben, dessen Fehler er nicht mehr „rückgängig machen“ könne. Ähnlich agierten andere FPÖler und Rechtsextreme. Haben wir mit diesen Herrschaften vielleicht ein „Inländerproblem“?Der Umgang mit dem Verbrechen in Graz hat in Gesellschaft und Politik größtenteils das Positive zum Vorschein gebracht. Das Negative blieb in der Minderheit.