Tja, das sind nun wirklich schwere Sorgen: Ist die ÖVP gar zu liberal?

Wer auf diese Idee gekommen ist? Ursula Stenzel, ihres Zeichens schwarze Bezirksvorsteherin in Wien Innere Stadt: Durch den von ihr (und wohl nur von ihr) diagnostizierten liberalen Kurs würden „viele Wähler verschreckt“. Und wo zeigt sich die Liberalität bei den Schwarzen? „Etwa damals durch die Zustimmung zur Eingetragenen Partnerschaft für Homosexuelle“. Auch in der Familien- und Integrationspolitik. Und besonders empörend findet die heimische Ausgabe einer Eisernen Lady, dass die ÖVP einen Kandidaten mit Wurzeln im Ausland für die Nationalratswahl aufstellt: „Ich kenne zumindest einige, die sagen, dass sie die ÖVP genau deshalb nicht wählen.“

Immerhin fand Sebastian Kurz klare Worte: „Plumpe Ausländerfeindlichkeit war noch nie bürgerlich. Fremdenfeindlichkeit ist weder konservativ noch liberal, sondern einfach von gestern.“ Genau, Herr Staatssekretär. Deshalb war die Koalition der ÖVP mit der FPÖ ab dem Jahr 2000 auch nicht zu akzeptieren. Und deshalb ist heute nicht zu akzeptieren, dass Ihre ÖVP eine Koalition mit dieser FPÖ nach wie vor nicht ausschließt. Vielleicht gibt es dazu demnächst von Ihnen auch noch ein klares Wort? Ihrer Glaubwürdigkeit würde es gut tun!

Übrigens: Gar so große Angst vor zu viel Liberalität in der ÖVP muss Stenzel nun auch wieder nicht haben. Asdin El Habbassi ist nämlich geradezu der Prototyp für einen Jung-Konservativen am Land. Er stammt aus einer streng konservativen Familie, ist tief religiös und hat keine allzu kritischen Gedanken: Er ist praktizierender Moslem, seine religiöse Mutter ist vom Katholizismus zum Islam übergetreten, er selbst konsumiert weder Alkohol noch Schweinefleisch, betet exakt fünf Mal am Tag zu Allah und hat – wie ihn die Migrantenzeitung „Biber“ zitiert – „einen Heidenrespekt“ (!!!) vor Frauen, die das Kopftuch tragen. Was will man (also „frau“) in der ÖVP mehr? Religiöser geht´s kaum.

Blöd nur, dass der schwarze Jungspund halt die für Stenzel „falsche“ Religion ausübt. Aber vielleicht wiegt ja für die Wiener Bezirksvorsteherin sein gestriges Bekenntnis in der „ZiB 24“ diesen Nachteil wieder auf: Eine Koalition mit der radikal antiislamischen FPÖ schließt El Habbassi nämlich nicht aus. Im Zweifel scheint der Herr dann doch zum Pragmatiker zu werden.