9. Dezember 2018

„Meilensteine“ der ÖVP-Bildungspolitik!

2018-12-10T10:19:10+01:0009.12.18, 21:54 |Kategorien: Bildung|Tags: , , |

„Na seawas!“ Ich muss gestehen, das hat mich fassungslos gemacht. ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner erlĂ€utert in einem Videospot auf Facebook, welche bildungspolitischen „Meilensteine“ seine Partei mit der FPÖ beschlossen habe. Einige Anmerkungen zu diesem 53 Sekunden dauernden bildungspolitischen Offenbarungseid.

  • Verzeihen wir großzĂŒgig die gravierenden Rechtschreibfehler, obwohl man Verben halt doch klein schreibt („… gut lesen, schreiben und rechnen …“).
  • Verzeihen wir großzĂŒgig die gravierenden MĂ€ngel im Satzbau, obwohl man diesbezĂŒglich halt doch etwas Vorsicht walten lassen sollte
    („… sich fĂŒr eine BHS oder eine AHS gehen zu können.“?!?).
  • Problematisch ist, dass Herr Taschner offensichtlich das 9. Pflichtschuljahr abschaffen und die Lehre ab der vollendeten 4. Klasse Mittelschule und somit der 8. Schulstufe einfĂŒhren möchte. Aber nehmen wir mal an, er geht vom 9. Schuljahr aus: Eine Lehre konnte man nach absolvierter Schulpflicht schon immer (!) beginnen.
  • Problematisch ist, dass Herr Taschner jahrzehntealte Gesetzeslage auch sonst als „neue Reform“ verkaufen möchte. Eine Berufsbildende Höhere Schule oder Allgemeinbildende Höhere Schule (richtig: Man schreibt das mit großen Anfangsbuchstaben) konnte man nach absolvierter Schulpflicht schon immer (!) beginnen.
  • Problematisch ist, dass Herr Taschner offensichtlich glaubt, in den Voklsschulen sei bisher keine Leistung verlangt worden.
  • Problematisch ist, dass Herr Taschner offensichtlich die WiedereinfĂŒhrung der Ziffernnote in Volksschulen als großen Reformschritt feiert.

„Na seawas“ bedeutet bei uns bekanntlich missbilligendes Erstaunen. Ich muss gestehen, die bildungspolitische Auseinandersetzung mit diesem Herrn und den anderen Abgeordneten der Koalitionsparteien hĂ€tte ich im Unterrichtsausschuss gerne gefĂŒhrt. Ich wĂ€re aus dem „Na seawas“ wohl kaum mehr herausgekommen.

7. Mai 2018

Deutsch Getto-Klassen

2018-05-21T10:27:52+02:0007.05.18, 11:04 |Kategorien: Bildung, Gesellschaft, Integration|Tags: , , |

Schon in wenigen Jahren werden wir die Zeche dafĂŒr zahlen, was jetzt an unseren Schulen verbockt wird. Schuld sind nicht LehrkrĂ€fte oder Eltern, sondern die Regierung. Sie will das Rad der Zeit zurĂŒckdrehen, stoppt den Ausbau dringend benötigter ganztĂ€giger Volksschulen und KindergĂ€rten, setzt den Sparstift an bei Fördermaßnahmen usw. Letztes Beispiel: die
Kinder lernen von Kindern am besten, deshalb sollten sie von Anfang an und möglichst lange gemeinsam unterrichtet werden. Durch Getto-Klassen verbaut der Staat vor allem benachteiligten Kindern die Chance auf eine erfolgreiche Bildungskarriere. Frustrierte Jugendliche ohne Aussicht auf einen qualifizierten Job werden ebenso die Folge sein wie Arbeitslosigkeit und verstĂ€rkte KriminalitĂ€t. An dieser Stelle habe ich kĂŒrzlich inhaltlich dazu Stellung bezogen: „Deutschklassen der Regierung nicht am Forschungsstand“

Nun ist die Geschichte um eine Facette reicher. Bei wichtigen Themen beschließen die Parteien im Nationalrat oft, im Parlament ein Hearing mit Expertinnen und Experten durchzufĂŒhren. Die Abgeordneten können sich dabei selbst ein Bild machen. Sinnvollerweise kann eine interessierte Öffentlichkeit – meist sind es Journalistinnen und Journalisten – daran teilnehmen. Als Abgeordneter habe ich immer darauf gedrĂ€ngt, dass das möglich ist.

Beim Plan der Bundesregierung, eigene Deutschklassen fĂŒr Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen einzurichten, liegen viele schriftliche Stellungnahmen im Parlament – die Palette reicht von großen Bedenken bis zu völliger Ablehnung. Es ist daher zu begrĂŒĂŸen, dass sich die Parteien auf ein Hearing zu diesem Thema geeinigt haben.

Nicht verstĂ€ndlich ist, dass ÖVP und FPÖ gegen den Willen der anderen Parteien beschlossen haben, dass dieses Hearing nicht öffentlich zugĂ€nglich sein darf und somit eine sachliche Berichterstattung in den Medien verhindert wird.

Dabei kann jede Partei – und somit auch FPÖ und ÖVP – eine wissenschaftlich oder durch die Praxis qualifizierte Person fĂŒr das Hearing nominieren. Zudem steht je nach Abmachung unter den Fraktionen im Parlament auch dem – schwarz, pardon tĂŒrkis, gefĂŒhrten – Bildungsministerium eine Nominierung offen. FĂŒr Vielfalt ist somit gesorgt.

Warum also darf das Hearing in diesem Fall nicht öffentlich sein? Offensichtlich dĂ€mmert es ÖVP und FPÖ, dass sie nur schwer in der Lage sein werden, Fachleute zu finden, die ihre Position wĂ€hrend des Hearings in ĂŒberzeugender Weise vertreten. Und wenn der „eigene“ Experte gegen, die von der Opposition nominierten „untergeht“, könnte die Stimmung kippen.

Zumindest ein Regierungspartner verheimlicht das auch gar nicht. FPÖ-Bildungssprecher Wendelin Mölzer vermutet, Experten wĂŒrden die „langjĂ€hrige freiheitliche Forderung nach Deutschförderklassen“ im Hearing „schlechtreden“. DĂŒmmer und gleichzeitig entlarvender kann man wohl kaum argumentieren.

26. April 2018

„Deutschklassen der Regierung nicht am Forschungsstand“

2018-05-21T10:27:53+02:0026.04.18, 17:45 |Kategorien: Bildung, Gesellschaft, Integration|Tags: , |

In der Diskussion um seperate Deutsch-Klassen fĂŒr Kinder mit Sprachdefiziten melden sich nun auch Expertinnen und Experten zu Wort. Und zwar eindeutig: „Experten: Deutschklassen der Regierung nicht am Forschungsstand“.

Was wird inhaltlich kritisiert? Wie könnte man es besser machen?

Die deutsche Erziehungswissenschafterin Anja Wildemann bringt es auf den Punkt, wenn sie betont, dass „integrierende Sprachförderung zielfĂŒhrender ist als segregierende“. Neu ist das nicht. Die Professorin fĂŒr GrundschulpĂ€dagogik und Erziehungswissenschafts-Dekanin der UniversitĂ€t Koblenz kann fĂŒr den Kindergartenbereich auch auf empirische Forschungen verweisen. Vom Fassmann-Kurz-Modell ist sie entsetzt: „Am meisten erschĂŒttert hĂ€tten sie die geplanten gesetzlichen AusfĂŒhrungen zur Sprachdiagnostik.“

Schon der gerade von Konservativen gerne beschworene „gesunde Menschenverstand“ sagt, dass Kinder von Kindern am besten lernen. Wenn wir nun alle Kinder mit mangelhaften Deutsch-Kenntnissen in einer Klasse sammeln, werden sie untereinander wohl kaum Deutsch-Kompetenz erwerben, LehrkrĂ€fte werden bei vorgesehenen Klassen mit bis zu 25 Kindern bei der angesprochenen individuellen Sprachdiagnostik ĂŒberfordert sein.

Gerade mit Österreich vergleichbare deutsche BundeslĂ€nder waren mit integrativer Sprachförderungen auch in der Schule erfolgreich. Warum sollten wir erfolgreiche Modelle nicht ĂŒbernehmen? Ich habe als Bildungssprecher der GrĂŒnen im Unterrichtsausschuss mehrfach entsprechende AntrĂ€ge gestellt. Sie basierten auf dem in Hamburg entwickelten Modell „FörMig“. Es sieht eine durchgĂ€ngige, additive Sprachförderung von der Vorschule bis zum Ende der Pflichtschulzeit vor und setzt auf die Einbindung der Eltern sowie auf regelmĂ€ĂŸige Sprachstandserhebungen.

Warum setzten wir das in Österreich nicht auch um? Ach ja, es geht ums Geld: Eine gezielte, individualisierte Förderung der Bildungssprache setzt angemessene Arbeitsbedingungen in den Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen sowie beginnend mit dem Kindergarten eine deutlich bessere Ausbildung der PĂ€dagoginnen und PĂ€dagogen voraus. In Österreich zahlt man offensichtlich lieber spĂ€ter ein Vielfaches der jetzt notwendigen Summen fĂŒr ArbeitslosenunterstĂŒtzung, Sozialhilfe usw.

Bundeskanzler Sebastian Kurz war als Integrationsminister jahrelang zustĂ€ndig fĂŒr die Sprachförderung im Kindergarten, ebenso hat er sich jahrelang meiner Forderung nach einer Evaluierung der Fördermaßnahmen verweigert und das Geld lieber ohne jedes Konzept verteilt. Ausreichend Fachpersonal in KindergĂ€rten und Schulen? Fehlanzeige!

Wenn es den Verantwortlichen wirklich um die Kinder geht, wenn es ihnen um gelingende Integration geht, dann ist es allerhöchste Zeit, aktiv zu werden. Wir brauchen Maßnahmen, die eine gute Ausbildung der Lehrenden garantieren und die Implementierung von bundeseinheitlichen QualitĂ€tsstandards, um eine kompetente Förderung der Kinder sicherzustellen. Was wir nicht brauchen, sind Getto-Klassen fĂŒr Kinder.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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