
Türschild ÖVP neu
Daher fasse ich kurz den Ablauf der letzten Woche zusammen:
Am Donnerstag zu Mittag traf sich unsere Verhandlungsrunde im Bildungsministerium – übrigens erstmals unter Anwesenheit von Minister Mahrer. Nach Diskussionen und Fragen rund um die in Vorarlberg durchgeführte Studie zur Modellregion Gemeinsame Schule, zogen sich Minister Mahrer und Ministerin Hammerschmied zurück, und der Wissenschaftsminister unterbreitete uns zur Modellregion einen Kompromissvorschlag als „neues Denkmodell“.
Demnach sollte es möglich sein, in der Sekundarstufe I (NMS, AHS-Unterstufe und Sonderschulen) Gebiete mit bundesweit maximal 15 Prozent aller betroffenen Schülerinnen und Schüler in Modellregionen zur Gemeinsamen Schule umzuwandeln, „sodass ganz Vorarlberg Platz hat“ – wie Minister Mahrer wörtlich erwähnte. Bedingung sei die Zustimmung der betroffenen Schulen durch die Schulpartner mit einfacher Mehrheit. Angekündigt wurde die Einbringung des Gesetzespakets in den Nationalrat mittels eines Initiativantrags am 7. Juni. Wir gingen mit dem Vorhaben auseinander, Einzelheiten zum Gesetzestext am Abend zu besprechen. Alle Beteiligten haben sich verpflichtet, Stillschweigen über die Einigung zu bewahren.

Pressestatement nach Verhandlungen zur Bildungsreform
Am Freitagvormittag kam der versprochene Gesetzestext nicht, dafür aber die erste Verschiebung des Termins auf 13:00 Uhr und dann ein Anruf von Minister Mahrer, der nochmals zu dritt „die Details“ besprechen wollte. Dies wurde von uns mit dem Hinweis auf den versprochenen Gesetzestext abgelehnt. Darauf sagte Minister Mahrer den Verhandlungstermin ab und begründete dies gegenüber den Medien damit, der Abschluss der Reform dauere lange, weil der Opposition so „viel zu erklären“ sei. Gleichzeitig kündigte er die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit FPÖ an.
Am Dienstag nach Pfingsten erhielten wir die Information aus dem Bildungsministerium, die ÖVP mache ihre Zustimmung zur Bildungsreform von der Studienplatzfinanzierung abhängig. Erneut richtet Mahrer über die APA aus, dass wieder mit FPÖ verhandelt werden soll.
Während der Nationalratssitzung am Mittwoch bestritten Minister Mahrer und Bildungssprecherin Brigitte Jank (die ebenfalls Mitglied des VP-Verhandlungsteams war), dass jemals eine Einigung erzielt worden sei. Damit kehrte die ÖVP endgültig wieder auf den Stand von vor dem letzten Donnerstag zurück.
Es ist wohl unbestritten, dass die beiden Regierungsparteien nicht mehr gewillt und in der Lage sind, in einem sachlichen Miteinander die noch anstehenden Pakete aus dem Regierungsprogramm abzuarbeiten. Es ist jedoch völlig unverständlich und verantwortungslos, nach mehr als zwei Jahren intensiver Arbeit ein fertig ausverhandeltes und für eine Zweidrittel-Mehrheit akkordiertes Paket aus wahltaktischen Überlegungen ins Nirwana zu schicken. Es ist unverantwortlich, so viele bereits investierte Ressourcen zu verschleudern, und es ist unverzeihlich, das österreichische Bildungssystem aus dem 19. Jahrhundert nicht wenigstens einmal ins 20. zu holen. Diese Bildungsreform wäre ein erster richtiger Schritt gewesen. Zweifellos hätten weitere folgen müssen. Es geht um nicht weniger als die Zukunft unserer Kinder. Aber das scheint der ÖVP neu unter Sebastian Kurz völlig egal zu sein. Aus der ÖVP alt scheint eine ÖVP uralt geworden zu sein.
Aber auch in dieser Frage gilt: Vielleicht geschieht ja noch ein Wunder. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
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