8. August 2025

Der PerĆĄmanhof und die guten Sitten

2025-08-08T12:15:35+02:0008.08.25, 12:12 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|

Der Leiter des Landesamts fĂŒr Staatsschutz (!) und ExtremismusbekĂ€mpfung hat den unsĂ€glichen Polizeieinsatz vor gut einer Woche am PerĆĄmanhof in der Gemeinde Bad Eisenkappel/Ćœelezna Kapla unter anderem damit begrĂŒndet, das dortige Bildungscamp stelle einen „sittenwidrigen Umgang“ mit der GedenkstĂ€tte dar. Die Museumsleitung unterstĂŒtzt das Camp und der Staatsschutz beurteilt die Veranstaltung als „sittenwidrig“? Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Sittenwidriger Einsatz!“

Der unsĂ€gliche Polizei-Einsatz gegen ein vom „Klub Slowenischer Studierender“ organisiertes Camp auf der NS-GedenkstĂ€tte PerĆĄmanhof in der Gemeinde Bad Eisenkappel/Ćœelezna Kapla hat international Aufsehen erregt. Die von der Exekutive tagelang vorbereitete Aktion mit Hubschrauber, Drohne, Polizeihund und einer Spezialeinheit hat zu diplomatischen Spannungen mit Slowenien und Berichterstattung in vielen auslĂ€ndischen Medien gefĂŒhrt: Österreichs braune Vergangenheit war wieder einmal Thema. Ende April 1945 wurden hier im SĂŒden von KĂ€rnten/KoroĆĄka nur wenige Tage vor Kriegsende elf unschuldige Menschen – darunter sieben Kinder, das jĂŒngste gerade einmal ein Jahr alt – von einer SS-Polizeieinheit erschossen. Die Opfer gehörten der von den Nazis verfolgten slowenischen Minderheit an. Ihre Nachfahren zeigten sich entsetzt: Nach fast genau 80 Jahren wĂŒrden nun wieder „alte Wunden“ aufgerissen. Ganz abgesehen von der indiskutablen Aktion an sich: Auch das im Staatsvertrag verbriefte Recht der Teilnehmer auf Kommunikation in slowenischer Sprache wurde von den Beamten missachtet. Bis heute ist angeblich unklar, wer den Einsatz am vorletzten Sonntag befohlen hat. Angeblicher Grund: Campingverordnung und Naturschutzrecht seien missachtet worden. Dabei hatte die GedenkstĂ€tte das Zelten erlaubt. Den Vogel abgeschossen hat der Leiter des Landesamts fĂŒr Staatsschutz (!) und ExtremismusbekĂ€mpfung: Das Bildungscamp stelle einen „sittenwidrigen Umgang“ mit der GedenkstĂ€tte dar. Die Museumsleitung unterstĂŒtzt das Camp und der Staatsschutz beurteilt die Veranstaltung als „sittenwidrig“? Fast gleichzeitig fand in Wien eine Demonstration mit internationalen Rechtsextremisten statt, mit dabei an vorderster Front parlamentarische Mitarbeiter der FPÖ. Festnahmen gab es nur unter den Gegendemonstranten, obwohl eine 50-köpfige Neonazi-Gruppe „AuslĂ€nder raus, Deutschland den Deutschen“ skandierend nach der Demo in der U-Bahn zwei junge MĂ€nner verprĂŒgelte und anschließend auf die Straße jagte. Solche Ausschreitungen gibt es in Wien nach rechtsextremen Demonstrationen regelmĂ€ĂŸig. Wo bleibt da die Polizei? Von den Regierenden in KĂ€rnten und der Republik gab es nur hauchzarte Kritik an der versuchten EinschĂŒchterung antifaschistischer Jugendlicher am PerĆĄmanhof. Immerhin aber hat sich die Zivilgesellschaft deutlich zu Wort gemeldet – von der Katholischen Aktion bis zur Wissenschaft. Das bis heute andauernde dröhnende Schweigen des politisch verantwortlichen Innenministers ist inakzeptabel. Österreich wurde 1945 auf antifaschistischer Grundlage wiedererrichtet. Um das zu betonen, wurden unserem Staatswappen, dem Symbol der Republik, als Hinweis auf die Befreiung vom Nationalsozialismus die gesprengten Ketten hinzugefĂŒgt. Das zu ignorieren ist rechts- und sittenwidrig – und nicht ein friedliches antifaschistisches Bildungscamp!
25. Juli 2025

Die Gefahr ist die Mitte

2025-07-25T16:17:04+02:0025.07.25, 16:17 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , , |

Die Gefahr fĂŒr unsere Gesellschaft, fĂŒr unser politisches System kommt nicht von den politischen RĂ€ndern, sie kommt aus der politisch und gesellschaftlich radikalisierten Mitte. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Das Problem ist die Mitte“:

Mehr politische Mitte als in den USA gibt es nicht – hat man lange geglaubt. Inzwischen hat Donald Trump die Republikaner mit Hilfe seiner in sozialen Medien verbreiteten Hetze und glatten LĂŒgen gekapert und aus ihr eine unterwĂŒrfige FĂŒhrerpartei mit neoliberalen und rechtsextremen Positionen gemacht. Seither erlebt das Land eine Polarisierung, wie sie zuvor undenkbar schien.

Ähnliche PhĂ€nomene gibt es auch in Europa. In Italien stellt die Nachfolgepartei von Benito Mussolinis Faschisten die MinisterprĂ€sidentin, in Ungarn hat eine ehemals bĂŒrgerlich liberale Partei den Staat im autoritĂ€ren Sinn umgebaut. In Polen und anderen LĂ€ndern schaut es nicht viel besser aus.

Die von den Rechtsparteien angebotene und von einigen konservativen Parteien teilweise ĂŒbernommene ideologische Mixtur mit Elementen von Rassismus, AuslĂ€nderfeindlichkeit, Antisemitismus und Antifeminismus erinnert an die Dreißigerjahre. Wohin das gefĂŒhrt hat, wissen wir.

Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer spricht schon lange von einem „entsicherten BĂŒrgertum“ und einer „rohen BĂŒrgerlichkeit“. Das Problem sind demnach nicht die gesellschaftlichen und politischen RĂ€nder, sondern die Mitte, die in einer unsicher gewordenen Welt Halt sucht. Dort gibt es eine VerklĂ€rung der Vergangenheit und eine Sehnsucht nach Sicherheit – fernab von Wirtschaftskrisen, Pandemien, einem Krieg vor der HaustĂŒr, der immer deutlicher spĂŒrbaren Klimakrise usw.

Liberale, Linke und gemĂ€ĂŸigte Konservative stehen vor diesem PhĂ€nomen wie das Kaninchen vor der Schlange. In Deutschland und Österreich versuchen die konservativen Parteien, den Aufstieg der extremen Rechten durch die Adaptierung ihrer Parolen zu stoppen. Doch die Übernahme rechter Rhetorik wirkt eher als Brandbeschleuniger denn als Feuerlöscher.

Dass die ÖVP die in Teilen rechtsextreme FPÖ zur Kanzlerpartei machen wollte und das an Kickl und nicht an einem Aufschrei in der ÖVP scheiterte, sei hier nur am Rande erwĂ€hnt. Die FPÖ regiert inzwischen in fĂŒnf Landesregierungen mit der ÖVP und stellt in der Steiermark sogar den Landeshauptmann. In Deutschland nĂ€hert sich die CDU/CSU inhaltlich immer mehr der AfD und lehnte zuletzt eine Verfassungsrichterin ab, weil diese fĂŒr ein liberales Abtreibungsgesetz eintritt.

Staaten sind immer dann stabil, wenn sie Sicherheit, Bildungsgerechtigkeit und soziale Integration anstreben. Wenn auch bei schwierigen Themen wie Zuwanderung, dem Kampf gegen die Klimakrise oder fĂŒr soziale Gerechtigkeit ein offener Dialog gefĂŒhrt wird. Dieser Dialog ist aber nur dann möglich, wenn es Regulierungsmaßnahmen fĂŒr jene „asozialen Medien“ gibt, die unsere Gesellschaft mit Falschmeldungen und Hetze vergiften. Die sich selbst in der „Mitte“ verortenden Parteien sind diesbezĂŒglich in der Pflicht!

11. Juli 2025

Regierung handelt fahrlÀssig

2025-07-11T10:56:07+02:0011.07.25, 10:56 |Kategorien: Allgemein, Klima und Umwelt|Tags: |

In Sachen Klimaschutz handelt Österreichs Regierung fahrlĂ€ssig und verantwortungslos vor allem nachfolgenden Generationen gegenĂŒber. Der „Zweite Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel“ zeigt erneut auf, dass unser Land von der Klimakrise viel stĂ€rker betroffen ist, als andere Gegenden. Unter dem Titel „Zukunftsvergessen“ mein Kommentar dazu in den Vorarlberger Nachrichten:

Wer vor kurzem noch die menschengemachte Klimakrise geleugnet hat, ĂŒbt sich heute meist in deren Verharmlosung. In Österreich haben wir sogar einen Verharmlosungsminister. Norbert Totschnig will so weitermachen, wie seine ÖVP das seit Jahren praktiziert hat: Von Klimaschutz-Maßnahmen zwar reden, aber das Gegenteil tun.

In der Wirtschaft hingegen erkennen immer mehr die Notwenigkeit zum Handeln. Sie verlangen fĂŒr ihre Planungen stabile Rahmenbedingungen. Gleichzeitig aber predigen immer noch einige Theoretiker ein „Weiter so wie bisher“. Klimaschutz sei zwar notwendig, beginnen damit aber sollen „die anderen“. So sieht das auch ein Volkswirt in der Zeitung der Vorarlberger Wirtschaftskammer. Besonders dreist ist seine Behauptung, die „Einsicht“ wachse, „dass es sich auch mit ein, zwei oder drei Grad ErwĂ€rmung durchaus gut leben lĂ€sst“.

Nach der Leugnung der Klimakrise statt wirklicher „Einsicht“ also Verharmlosung und Beschönigung – trotz BergstĂŒrzen, zunehmenden Flutkatastrophen, unertrĂ€glicher Hitze, riesigen WaldbrĂ€nden usw. Und noch ein Hinweis an den Herrn Volkswirt: Österreich und der Alpenraum sind im Vergleich zur ĂŒbrigen Welt doppelt so stark betroffen von der ErderwĂ€rmung. Und damit sollen wir „durchaus gut leben“ können?

Uns stehen zudem wegen der Verfehlung der Klimaziele Milliardenstrafen ins Haus. Auch die volkswirtschaftlichen Chancen sollten beachtet werden: Klimaschutz als Konjunkturmotor! Das haben zuletzt nicht nur fĂŒhrende WirtschaftsverbĂ€nde in Deutschland herausgestrichen, sondern auch eine Metastudie der UniversitĂ€t Graz. Wer allerdings jetzt den notwendigen Strukturwandel verschlĂ€ft, gehört wie zuletzt bei der E-MobilitĂ€t die europĂ€ische Autoindustrie kĂŒnftig zu den Verlierern.

Fazit: Wo man die – unĂŒbersehbaren – Zeichen der Zeit erkennt, entstehen hunderttausende neue ArbeitsplĂ€tze, technologische Innovationen erhöhen die WettbewerbsfĂ€higkeit, reduzieren gleichzeitig die Energiekosten und verringern die oft beklagte AbhĂ€ngigkeit vom Ausland bei fossilen Brennstoffen.

Was geschieht in Österreich? Hier wird der Klimabonus gestrichen, die Mehrwertsteuerbefreiung fĂŒr PV-Anlagen, der Reparaturbonus, die Förderung fĂŒr private E-Autos sowie das kostenlose Klimaticket fĂŒr 18-JĂ€hrige, das Klimaticket wird generell teurer gemacht usw. Was bleibt sind klimaschĂ€dliche Förderungen wie das Dieselprivileg oder das Dienstwagenprivileg, der Pendlereuro wird sogar verdreifacht! DafĂŒr gibt der Staat also viel Geld aus und wird kĂŒnftig wegen der verfehlten Klimaziele sehenden Auges sogar noch Strafe zahlen mĂŒssen.

Es ist absurd: Statt die fĂŒnf Milliarden Euro fĂŒr klimaschĂ€dliche Förderungen zu streichen und die Win-win-situation beim Klimaschutz zu nutzen, werden erstere ausgebaut und jene fĂŒr den Klimaschutz gestrichen. Zukunftsvergessener geht es kaum.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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