Mercosur und das Bauernsterben
Unter dem Titel âBauernsterben vorprogrammiertâ habe ich in den âVorarlberger Nachrichtenâ einen Kommentar verfasst. Ein Vorarlberger NEOS-Politiker hat ihn öffentlich als âfaktenbefreitâ bezeichnet. Wer – ich betone – weiterfĂŒhrende Fakten und Links möchte, findet sie unter anderem hier bei viacampesina.at, von wo auch die Karikatur von Much (Michael Unterleitner) stammt. Hier mein Kommentar zum kritischen Nachlesen:
Gehtâs den Bauern in Vorarlberg an den Kragen? Vor allem fĂŒr die an sich schon bedrĂ€ngten Viehhalter dĂŒrfte die Situation in naher Zukunft jedenfalls noch kritischer werden, als sie eh schon ist. Ursache ist das geplante âEU-Mercosur-Handelsabkommenâ zwischen der EU auf der einen, Argentinien, Brasilien, Paraguay sowie Uruguay auf der anderen Seite.
Ziel des Abkommens ist es, die Zollschranken fĂŒr Agrarexporte aus SĂŒdamerika nach Europa zu beseitigen. Im Gegenzug soll der Export europĂ€ischer Industrieprodukte â vor allem Autos, Stahl und Pharmaprodukte â erleichtert werden.
Massive Kritik
Die negativen Auswirkungen auf das Weltklima und die Umwelt hĂ€tten es in sich. Kritiker des Abkommens verweisen darauf, dass die EU schon jetzt der gröĂte Abnehmer von landwirtschaftlichen Produkten aus SĂŒdamerika ist. HauptsĂ€chlich importiert werden â schon steuerbefreit â Sojabohnen und Sojaschrot. Laut Global 2000 sind hundert Prozent dieser Produkte aus Argentinien und 96 Prozent aus Brasilien genmanipuliert.
Nun sollen auch groĂindustriell produzierte Fleischprodukte steuerbefreit importiert werden können. SĂŒdamerika braucht das, denn allein in Brasilien ist die Fleischproduktion in den letzten 14 Jahren um 700 Prozent gewachsen. In Argentinien ist die Entwicklung Ă€hnlich. Neue AbsatzmĂ€rkte werden daher dringend benötigt.
Doch die Folgen dieser Entwicklung sind fatal. Verbindliche Standards fĂŒr die Produktion, den Umgang mit der Natur oder Begriffe wie âgentechnikfreiâ fehlen in diesem Abkommen. Nicht nur Bischof Erwin KrĂ€utler beklagt, dass fĂŒr diese Art der Rindfleisch-Produktion riesige FlĂ€chen des verbliebenen Regenwaldes in Amazonien abgeholzt werden mĂŒssen. Mit katastrophalen Auswirkungen auf die indigene Bevölkerung und das Weltklima, denn dieser Wald fehlt als Lebensraum und als CO2-Speicher.
Folgen fĂŒr Europa
Der Import von Billigfleisch wird die an sich schon schwierige Situation fĂŒr unsere Bauern im LĂ€ndle noch kritischer werden lassen. Eine bĂ€uerliche und nachhaltige Landwirtschaft ist chancenlos gegen die riesigen Tierfabriken in SĂŒdamerika, das weitere Sterben von kleinen Bauernhöfen wĂ€re vorprogrammiert.
Klar fĂŒr das Abkommen sprechen sich Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, ĂVP-Wirtschaftsbund und die Neos aus. Wer aber auf gesunde Lebensmittel erpicht ist und das Tierwohl im Auge hat, wird ebenso gegen dieses Abkommen auftreten mĂŒssen wie jene, die auch fĂŒr ihre Enkel eine lebenswerte Umwelt wollen.
Es wird sich weisen, ob fĂŒr die Verantwortlichen in der EU und ihren Mitgliedsstaaten die Interessen der bĂ€uerlichen Landwirtschaft, der Konsumenten und des Weltklimas im Zentrum stehen oder die Profitinteressen der europĂ€ischen GroĂkonzerne und der sĂŒdamerikanischen Landwirtschaftsindustrie.