Schreit alles nach Neuwahlen?
Das meint zumindest Johannes Huber in einem Kommentar. Der in diese Richtung interpretierte VorstoĂ des Vorarlberger Landeshauptmannes zuletzt war jedenfalls entbehrlich.
Hier mein Kommentar zum Thema in den âVorarlberger Nachrichtenâ:
Demokratische Zumutung
Auf Angela Merkel ist in schwierigen Zeiten Verlass. Die deutsche Bundeskanzlerin findet meist nicht nur die richtigen Worte, sondern lĂ€sst auch Taten folgen. Die derzeitige Situation beschreibt sie als âdemokratische Zumutungâ, die vorsichtig, aber stetig in Richtung NormalitĂ€t zu verĂ€ndern sei.
Und Ăsterreich? âRĂŒckkehr zur NormalitĂ€t: Regierungssprengung ab 15. Mai wieder möglich!â Das hat am vergangenen Mittwoch das Satireportal âDie Tagespresseâ geschrieben. Landeshauptmann Markus Wallner hat am nĂ€chsten Tag in einem âVNâ-Interview die tĂŒrkis-grĂŒnen RegierungsĂŒbereinkommen in Land und Bund infrage gestellt. Wallner sprach von einer âneuen Agendaâ und kĂŒndigte Einsparungen im Sozialbereich und beim Klimaschutz an.
Wallners Vorpreschen hat österreichweit Aufsehen erreget, Neuwahlspekulationen waren in vielen Medien die logische Folge. Johannes Huber (âAll das schreit nach Neuwahlenâ) schrieb in einem Gastkommentar sogar schon von einem möglichen âSuperwahltag 11. Oktoberâ mit Nationalrats- und Wiener Gemeinderatswahlen. Keine Satire also, wie âDie Tagespresseâ gemeint hat?
Keine neue NormalitÀt!
Doch nicht nur Wallners VorstoĂ verunsichert viele. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz wandelt politisch auf gefĂ€hrlichen Pfaden. In einer seiner zahllosen Pressekonferenzen hat er zu verstehen gegeben, dass es âkein ZurĂŒck in die NormalitĂ€tâ geben werde, sondern eine âneue NormalitĂ€tâ. Umgehend sprach Christian Rainer im âprofilâ zurecht von einer âgefĂ€hrlichen Drohungâ.
Demokratie und Rechtsstaat funktionieren auf der Grundlage von Verfassung und Gesetzen. Man mag es dem Zeitdruck zuschreiben, dass die Regierung in den letzten Wochen einige ErlĂ€sse veröffentlicht hat, die einer rechtlichen ĂberprĂŒfung nicht standgehalten haben. Das wurde von Opposition und Medien zurecht kritisiert.
Sebastian Kurz hingegen hat diese notwendige Kritik lapidar als âjuristische Spitzfindigkeitâ abgetan. Das hat Verfassungsrechtler und sowohl den amtierenden als auch den Alt-BundesprĂ€sidenten auf den Plan gerufen. In wohltuend unaufgeregter Weise hat Heinz Fischer in einem ZiB2-Interview ein verfassungs- und gesetzeskonformes Handeln eingemahnt. Und Alexander van der Bellen stellte unmissverstĂ€ndlich klar, dass die jetzigen EinschrĂ€nkungen der Grundrechte âmit einem Ablaufdatum versehen seinâ mĂŒssen. Nix da mit âneuer NormalitĂ€tâ!
Ungarische VerhÀltnisse?
Man muss die âneue NormalitĂ€tâ zwar nicht gleich mit âAusnahmezustandâ ĂŒbersetzen, wie das FPĂ-Klubobmann Herbert Kickl getan hat. GefĂ€hrlich aber ist das Spiel mit solchen Begriffen allemal, wie das Beispiel Ungarn zeigt. âUngarische VerhĂ€ltnisseâ wollen bei uns wohl die wenigsten.
Der âCorona-Schockâ hat in den letzten Wochen viele vom eigenstĂ€ndigen Denken abgehalten. Dazu beigetragen haben auch einige Medien, die statt kritischer Berichterstattung auf Huldigung umgestellt haben. Es ist zu hoffen, dass beides kein Dauerzustand wird.