Rote Geschichte und schwarze Zukunft â Es lebe der Proporz!
Halleluja! Die Regierungsparteien scheinen sich im ewigen Streit um ein Haus der Geschichte endlich auf ihr bevorzugtes Modell geeinigt zu haben, nĂ€mlich auf Geschichtsbewusstsein im Proporz. Die Roten kriegen ihr Haus der Geschichte in der kaiserlichen Hofburg, kuratiert vom Parteihistoriker Oliver Rathkolb, und im Gegenzug erhalten die Schwarzen ihr Haus der Zukunft auf der Hundewiese am Heldenplatz. Wer das inhaltlich planen soll, wissen wir noch nicht. Aber es wird sich dafĂŒr ein schwarz getönter Experte* finden lassen, dessen bin ich mir sicher.
Somit erhalten wir auch ein Abbild von Entscheidungsprozessen und Machtaufteilung, wie es ĂŒber weite Strecken in der Zweiten Republik Realverfassung war und noch immer ist. Der gewĂ€hlte Kompromiss entspricht also ganz und gar der Proporz-Logik â koste es, was es wolle. Und das ist nicht wenig, falls den bekanntgegebenen Zahlen zu vertrauen ist. Falls! Minister Ostermayer sprach im vorigen Jahr noch von 11 Millionen Euro fĂŒr das Haus der Geschichte, nun sind bereits fast 20 Millionen daraus geworden. Und weitere fast neun Millionen kommen fĂŒr die Umsiedlung der Sammlung alter Musikinstrumente hinzu. Mit den fĂŒr BrandschutzmaĂnahmen und andere UmbaumaĂnahmen notwendigen Millionen sind wir dann bei Gesamtkosten von ĂŒber 50 (!) Millionen Euro.
Und weil wir ja im 21. Jahrhundert sind und so schön demokratisch, dĂŒrfen sich in einem Container auf dem Heldenplatz temporĂ€r auch die BĂŒrgerInnen beteiligen. Dazwischen wuseln dann in weiteren Containern PolitikerInnen, die ja ab 2017 wĂ€hrend des Umbaus des Parlaments auch in die Hofburg und auf den Heldenplatz ziehen werden. Gelebte VolksnĂ€he bahnt sich da also an.
Ich habe nun schon oft auf Alternativen hingewiesen: Ein Haus der Geschichte als Haus der Republik, das zuallererst von parteiunabhĂ€ngigen ExpertInnen geplant wird, in einem Neubau in Wien mit Exposituren in ganz Ăsterreich und heutzutage wohl auch in virtueller und grenzĂŒberschreitender Form. Also letztlich HĂ€user der Geschichte (Haus der Geschichte(n)), die die vielfĂ€ltige republikanische Geschichte Ăsterreichs in einer Gesamtschau thematisieren und zur Diskussion stellen.
Ich habe aus pragmatischen GrĂŒnden ebenfalls die vollstĂ€ndige Auflösung des Heeresgeschichtlichen Museums und die ĂberfĂŒhrung der Sammlung in ein Haus der Republik angeregt. Basis könnten die RĂ€umlichkeiten des HGM sein mit einem Neubau, der auf dem GelĂ€nde Platz hĂ€tte.
Bis 2018 soll das Haus der Geschichte fertig sein. Aber da, zur geplanten Eröffnung, könnte die rot-schwarze Regierung bereits der Geschichte angehören und die Zukunft das Ende des traditionellen Proporzes bedeuten. Ob wir dann in ein autoritÀres Modell, das wir aus der Geschichte kennen, schlittern, wird die Zukunft zeigen. Die Regierung bastelt krÀftig daran. Das könnte dann ihre letzte Proporzleistung gewesen sein. Eine zweifelhafte.
*mÀnnliche Form aufgrund von Erfahrungswerten bewusst gewÀhlt
Bild: Heeresgeschichtliches Museum mit DollfuĂ-Devotionalien