Futtertrog Politjobs: Sie lernen es nicht!
Vor Jahrzehnten kursierte ein Witz: Was passiert in Ăsterreich, wenn ein Posten frei wird? Es werden drei Neue angestellt. Ein Roter, ein Schwarzer und einer, der arbeitet.
Der Witz war kein Witz, sondern entsprach weitgehend der RealitĂ€t. Ich erinnere mich noch gut an die Sensationsmeldung, als in der Steiermark in den 1980er-Jahren erstmals an einem Gymnasium in Graz eine parteifreie Lehrerin zur Direktorin ernannt wurde â das aber nur nach massivem Druck durch Eltern und LehrerInnen.
Wir wissen, dass auch noch heute relevante Jobs nach dem Prinzip der Parteizugehörigkeit vergeben werden, nicht mehr durchgĂ€ngig, aber dennoch oft genug. Die BĂŒrgerInnen haben schon lĂ€ngst die Nase voll, der Aufstieg der FPĂ unter Jörg Haider war auch davon die Folge. Nun wissen wir, dass FPĂ/BZĂ, als sie im Bund und in KĂ€rnten an der Regierung waren, das Prinzip, Jobs an fachfremde und unfĂ€hige Parteimitglieder zu vergeben, zur Vollendung gebracht haben.
Immer wieder beteuern RegierungsvertreterInnen, nunmehr Posten in objektivierten Vergabeverfahren zu besetzen. Wie viel diese Sonntagsreden wert sind, mussten wir einmal mehr gestern zur Kenntnis nehmen. Im Innenausschuss wurde gegen die Stimmen der GrĂŒnen und Neos das GedenkstĂ€ttengesetz, das die Auslagerung der KZ-GedenkstĂ€tte Mauthausen und seiner Nebenlager in eine Bundesanstalt regelt, angenommen. Im wichtigsten Organ, dem Kuratorium, sind zehn VertreterInnen aus schwarzen und roten Ministerien vorgesehen, zudem je ein Sitz fĂŒr das der SPĂ nahestehende österreichische und internationale Mauthausenkomitee, fĂŒr den Betriebsrat und auch fĂŒr die schwarze Gewerkschaft des öffentlichen Diensts (GĂD). Die Vorsitzenden des wissenschaftlichen und des internationalen Beirats dĂŒrfen dabei sein, aber nicht mitstimmen. Dass etwa im internationalen Beirat alle Sozialpartner samt Industriellenvereinigung vertreten sind, die niederösterreichische (!) Landesregierung und jemand aus dem Wiener Stadtsenat, ist nur mehr als groĂkoalitionĂ€re Draufgabe zu bewerten. Das sind zwar noch keine Jobs, sondern diese Besetzung bedeutet ânurâ die Absicherung der EinflusssphĂ€ren, aber die Bestellung der GeschĂ€ftsfĂŒhrung und deren Vertretung steht noch aus. Wie die wohl ausgehen wird, ist absehbar.
Auf meine Kritik an dieser Besetzungspraxis kam von Werner Amon (ĂVP) denn doch eine erstaunliche Antwort. Er bestritt die Proporzbesetzung nicht einmal, sondern begrĂŒndete diese, indem er meinte, man wolle dadurch dem Geist der âLagerstraĂeâ Rechnung tragen. Gemeint ist hier die gemeinsame Hafterfahrung von sozialistischen und christlichsozialen Parteiangehörigen in Konzentrationslagern, die nach den Auseinandersetzungen im Austrofaschismus zu einer Versöhnung der beiden Lager und dem Willen der Zusammenarbeit beim Wiederaufbau des Landes beigetragen hĂ€tte.
Nur, den Mythos der âLagerstraĂeâ zu bemĂŒhen, um sich wieder einmal die groĂkoalitionĂ€re Einflussnahme zu sichern, ist 71 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus nicht nur retro, sondern einfach frech. Es ĂŒberrascht auch mich immer wieder, wie hingebungsvoll Rot und Schwarz weiter an ihrem Selbstmord basteln, indem sie aus der Geschichte nichts lernen. Eine Tragödie!
Foto BM.I: Johanna Mikl-Leitner 2012 bei der EnthĂŒllung des Figl-Denkmals in Mauthausen. (http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_oeffentlichesicherheit/2012/11_12/files/mauthausen_figl.pdf)