30. Juni 2016

Futtertrog Politjobs: Sie lernen es nicht!

2016-06-30T10:08:31+02:0030.06.16, 9:20 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Parteien|Tags: , , |

mikl-leitner_mauthausen_figlVor Jahrzehnten kursierte ein Witz: Was passiert in Österreich, wenn ein Posten frei wird? Es werden drei Neue angestellt. Ein Roter, ein Schwarzer und einer, der arbeitet.

Der Witz war kein Witz, sondern entsprach weitgehend der RealitĂ€t. Ich erinnere mich noch gut an die Sensationsmeldung, als in der Steiermark in den 1980er-Jahren erstmals an einem Gymnasium in Graz eine parteifreie Lehrerin zur Direktorin ernannt wurde – das aber nur nach massivem Druck durch Eltern und LehrerInnen.

Wir wissen, dass auch noch heute relevante Jobs nach dem Prinzip der Parteizugehörigkeit vergeben werden, nicht mehr durchgĂ€ngig, aber dennoch oft genug. Die BĂŒrgerInnen haben schon lĂ€ngst die Nase voll, der Aufstieg der FPÖ unter Jörg Haider war auch davon die Folge. Nun wissen wir, dass FPÖ/BZÖ, als sie im Bund und in KĂ€rnten an der Regierung waren, das Prinzip, Jobs an fachfremde und unfĂ€hige Parteimitglieder zu vergeben, zur Vollendung gebracht haben.

Immer wieder beteuern RegierungsvertreterInnen, nunmehr Posten in objektivierten Vergabeverfahren zu besetzen. Wie viel diese Sonntagsreden wert sind, mussten wir einmal mehr gestern zur Kenntnis nehmen. Im Innenausschuss wurde gegen die Stimmen der GrĂŒnen und Neos das GedenkstĂ€ttengesetz, das die Auslagerung der KZ-GedenkstĂ€tte Mauthausen und seiner Nebenlager in eine Bundesanstalt regelt, angenommen. Im wichtigsten Organ, dem Kuratorium, sind zehn VertreterInnen aus schwarzen und roten Ministerien vorgesehen, zudem je ein Sitz fĂŒr das der SPÖ nahestehende österreichische und internationale Mauthausenkomitee, fĂŒr den Betriebsrat und auch fĂŒr die schwarze Gewerkschaft des öffentlichen Diensts (GÖD). Die Vorsitzenden des wissenschaftlichen und des internationalen Beirats dĂŒrfen dabei sein, aber nicht mitstimmen. Dass etwa im internationalen Beirat alle Sozialpartner samt Industriellenvereinigung vertreten sind, die niederösterreichische (!) Landesregierung und jemand aus dem Wiener Stadtsenat, ist nur mehr als großkoalitionĂ€re Draufgabe zu bewerten. Das sind zwar noch keine Jobs, sondern diese Besetzung bedeutet „nur“ die Absicherung der EinflusssphĂ€ren, aber die Bestellung der GeschĂ€ftsfĂŒhrung und deren Vertretung steht noch aus. Wie die wohl ausgehen wird, ist absehbar.

Auf meine Kritik an dieser Besetzungspraxis kam von Werner Amon (ÖVP) denn doch eine erstaunliche Antwort. Er bestritt die Proporzbesetzung nicht einmal, sondern begrĂŒndete diese, indem er meinte, man wolle dadurch dem Geist der „Lagerstraße“ Rechnung tragen. Gemeint ist hier die gemeinsame Hafterfahrung von sozialistischen und christlichsozialen Parteiangehörigen in Konzentrationslagern, die nach den Auseinandersetzungen im Austrofaschismus zu einer Versöhnung der beiden Lager und dem Willen der Zusammenarbeit beim Wiederaufbau des Landes beigetragen hĂ€tte.

Nur, den Mythos der „Lagerstraße“ zu bemĂŒhen, um sich wieder einmal die großkoalitionĂ€re Einflussnahme zu sichern, ist 71 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus nicht nur retro, sondern einfach frech. Es ĂŒberrascht auch mich immer wieder, wie hingebungsvoll Rot und Schwarz weiter an ihrem Selbstmord basteln, indem sie aus der Geschichte nichts lernen. Eine Tragödie!

Foto BM.I: Johanna Mikl-Leitner 2012 bei der EnthĂŒllung des Figl-Denkmals in Mauthausen. (http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_oeffentlichesicherheit/2012/11_12/files/mauthausen_figl.pdf)

31. MĂ€rz 2016

GedenkstĂ€tte Mauthausen – ein „Proporz-Memorial“?

2016-04-01T10:47:27+02:0031.03.16, 10:04 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

Mauthausen UmfassungsmauerEs ist eine der unendlichen Geschichten in der österreichischen Innenpolitik – die Umgestaltung der GedenkstĂ€tte Mauthausen und deren Neuorganisation, was die Verwaltung betrifft. Auf die derzeitige unbefriedigende Situation habe ich in den Medien und auf diesem Blog schon mehrfach Bezug genommen (siehe etwa „Mauthausen: Das Betreten erfolgt auf eigene Gefahr!“).

Nun hat die Regierung einen Gesetzesentwurf zu einem „GedenkstĂ€ttengesetz“ (GStG) vorgelegt und in Begutachtung geschickt (Bundesgesetz ĂŒber die Errichtung der Bundesanstalt „KZ-GedenkstĂ€tte Mauthausen/Mauthausen Memorial“).

Prinzipiell begrĂŒĂŸe ich die administrative Auslagerung der GedenkstĂ€tte aus der Verwaltung des Innenministeriums. Die nun vorgeschlagene Form ist jedoch ungeeignet. Heute habe ich in einem Gastkommentar fĂŒr „Die Presse“ zu den PlĂ€nen der Regierung Stellung bezogen: „KZ-GedenkstĂ€tte als großkoalitionĂ€re WirkungsstĂ€tte“.

Meine Hauptkritikpunkte sind:

  • Der (partei)politische Einfluss ist viel zu stark (ein vom BM.I kontrolliertes Kuratorium, eine vom Innenministerium eingesetzte rot-schwarze Doppel-GeschĂ€ftsfĂŒhrung und zwei BeirĂ€te, die nur als Dekoration taugen)
  • Die Finanzierung ist nicht gesichert, die Valorisierung des jĂ€hrlichen staatlichen Beitrags wurde im Gegensatz zu einem frĂŒheren Entwurf gestrichen, die versprochene Anschubfinanzierung fĂŒr die Umgestaltung ist nicht mehr vorgesehen.

Alle sind aufgefordert, die UnabhÀngigkeit und den finanziell abgesicherten Betrieb der GedenkstÀtte zu garantieren. Wer sich selbst vertiefen oder auch eine Stellungnahme (bis 19. April möglich) abgeben möchte, muss nur dem oben angegebenen Link folgen.

Hoffen wir, es tritt nicht das ein, was Wolfgang Schmutz, der ehemalige stellvertretende Leiter der pĂ€dagogischen Abteilung der GedenkstĂ€tte, auf „twitter“ angekĂŒndigt hat – ein „Proporz-Memorial“.

29. Februar 2016

Schallende Ohrfeigen fĂŒr Parteiproporz in der Schule

2016-02-29T11:53:50+01:0029.02.16, 11:53 |Kategorien: Bildung|Tags: |

DenkerEine schallende Ohrfeige verpasste das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) sowohl dem BundesprĂ€sidenten fĂŒr eine sachlich nicht gerechtfertigte Personalentscheidung als auch der Unterrichtsministerin, weil sie das murrend aber doch zur Kenntnis genommen hatte.

Die jahrelange DemĂŒtigung einer besser qualifizierten Frau fĂŒr eine Leitungsfunktion könnte nun ein Ende haben. Doch der Reihe nach.

Anfang 2010 hat sich Mag.a Ingrid Köck um die Leitung des Gymnasiums MĂŒrzzuschlag beworben. Ihr Mitbewerber war der Sport- und Geografielehrer Heimo Hirschmann. Nach einem Assessment-Verfahren und Hearing entschied sich der damalige Landesschulinspektor fĂŒr Frau Köck.

Im parteipolitisch besetzten Kollegium des Landesschulrats war man auf Vorschlag des damaligen PrĂ€sidenten Wolfgang Erlitz (SPÖ) anderer Meinung und setzte den ÖAAB-Mann Hirschmann an die erste Stelle. Der „rote“ PrĂ€sident hat gute GrĂŒnde: Das Gymnasium MĂŒrzzuschlag „gehört“ nach der schwarz-roten Proporzlogik der ÖVP, Köck aber ist parteilos.

Das folgende Verfahren war bemerkenswert, denn der Akt war schon nach einiger Zeit unvollstĂ€ndig. Beispielsweise wurde das fĂŒr Köck positive Gutachten des Landesschulinspektors  – von wem auch immer – entnommen und war nicht mehr auffindbar.

Ingrid Köck ist eine mutige Frau. Sie wollte das alles nicht hinnehmen und wandte sich an die Gleichbehandlungskommission des Bundes. Dort war man entsetzt und stellte im September 2012 eine klare Diskriminierung fest. Die Bewertung der Qualifikationen sei „grob unsachlich“, Ingrid Köck sei zu bestellen. Ministerin Heinisch-Hosek ließ sich (vorerst) ĂŒberzeugen, dem BundesprĂ€sidenten aber war das egal. Hirschman sei der bestqualifizierte Kandidat, im Ministerium gab man nach und sprach von „zwei vertretbaren Rechtsmeinungen“. Mit Wirkung vom 1. Februar 2015 wurde Hirschmann zum Direktor ernannt.

Letzte Woche hat das Bundesverwaltungsgericht anders entschieden (Köck_MĂŒrzzuschlag_VwGH_25.2.2016): „Der Beschwerde wird stattgegeben … und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurĂŒckverwiesen.“ Das Gericht spricht von einem eindeutigen „Eignungsvorsprung der BeschwerdefĂŒhrerin“.

Zusammengefasst begrĂŒndet das BVwG seinen Beschluss damit, dass die Behörde das ihr zustehende Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeĂŒbt hat. Besonders hat das BVwG dabei die zahlreichen einschlĂ€gigen Kompetenzen von Mag.a Köck hervorgehoben, insbesondere ihre TĂ€tigkeit als Administratorin. Gleichzeitig hat das Gericht die Mag. Hirschmann zugesprochenen Kompetenzen, insbesondere im Hinblick auf dessen außerschulische TĂ€tigkeiten sowie in der Interessenvertretung, relativiert.

Die Behörde muss der Rechtsanschauung des BVwG folgen bzw. ist an die rechtliche Beurteilung gebunden. Im Ergebnis mĂŒsste die Behörde dann Mag.a Köck in einem neuerlichen Ernennungsvorschlag an die erste Stelle reihen.

Köck hatte GlĂŒck, weil sie mit dem bekannten Verfassungsrechtler Heinz Mayer einen in solchen FĂ€llen erprobten juristischen Beistand hatte. Doch dieses GlĂŒck hat nicht jeder. Der Kampf gegen den Parteiproporz muss auf politischer Ebene gewonnen werde. Der Fall wird uns noch einige Zeit beschĂ€ftigen!

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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