„Aufrechte Nazis“?

2023-02-13T09:09:53+01:0013.02.23, 9:09 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

Wie weit lĂ€sst sich das politische Spektrum in Österreich noch nach rechts verschieben, bis wir einen demokratiepolitischen Kipppunkt erreichen? Moralische Kipppunkte jedenfalls haben wir dank der FPÖ schon erreicht. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Barbarische Aussagen“. Hier zum Nachlesen:

Der niederösterreichische FPÖ-Chef Udo Landbauer bezeichnete letzte Woche die humanitĂ€re Hilfe fĂŒr die Erdbebenopfer in der TĂŒrkei und in Syrien als „Unverfrorenheit“ und als „Verschenken“ von „Steuergeld an das Ausland“. Er schloss dabei in einem Aufwaschen auch gleich die Hilfe fĂŒr die Kriegsopfer in der Ukraine mit ein. Das Geld soll im Inland verwendet werden.

Landbauer war schon frĂŒher mehrfach verhaltensauffĂ€llig. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat er als „Moslem-Mama-Mikl“ verspottet und behauptet, sie betreibe „Zwangsislamisierung“. Dass er selbst eine iranische Mutter hat, tut seiner Hetze offenkundig keinen Abbruch.

„Aufrechte Nazis“?

in Sachen Menschenverachtung steht Landbauer nicht allein da in seiner Partei. FPÖ-Landesrat Gottfried WaldhĂ€usl hat in einer Fernsehsendung Jugendliche mit Migrationshintergrund vor laufender Kamera herabgewĂŒrdigt und gemeint, ohne sie „wĂ€re Wien noch Wien“. FĂŒr die rechtsextremen „IdentitĂ€ren“ – laut Herbert Kickl ein „interessantes und unterstĂŒtzenswertes Projekt“ – eine politische Steilauflage: Sie demonstrierten mit einem Transparent und FlugblĂ€ttern vor der Schule der bestens integrierten Gymnasiastinnen und verbreiteten weitere Hetzbotschaften.

Kleiner Lichtblick: SĂ€mtliche andere Parteien reagierten mit Entsetzen auf die Aussagen der beiden FPÖ-Politiker. Die Palette der Reaktionen reichte von „Katastrophe“ bis zu „barbarische Aussagen“. Der Hotelier und ehemalige Neos-Politiker Sepp Schellhorn meinte zum Integrationslandesrat (!): „WaldhĂ€usl ist kein Kellernazi, sondern ein aufrechter Nazi.“

WĂ€hrend sich alle anderen Parteien abgrenzten, war aus der Bundes-FPÖ kein Wort zu hören. Eine sanfte Distanzierung erfolgte nur aus der Salzburger und Tiroler Landespartei. Auch aus der Vorarlberger FPÖ vermissen wir klare Worte.

Braune Schmuddelecke

Österreich ist wieder auf dem besten Weg, politisch in die braune Schmuddelecke gestellt zu werden. Immerhin steht die FPÖ derzeit in allen Umfragen der letzten Monate auf Platz 1, Parteichef Kickl will daher auch Kanzler werden. Jemand, der in einer militĂ€rischen Fantasie-Uniform den Bau einer „Festung Österreich“ ankĂŒndigt und ein Entwurmungsmittel fĂŒr Pferde allen Ernstes als Vorbeugemittel gegen Corona empfiehlt?


Wie kann so eine Partei dennoch Wahlsiege einfahren und Umfragen dominieren? Eine Partei, die in Teilen rechtsextrem und im anderen Teil rechtspopulistisch ist, die in allen bislang drei Regierungsbeteiligungen desaströs gescheitert ist, die ein Korruptionsproblem hat und die fĂŒr alle Probleme nur eine Ursache sieht: die AuslĂ€nder?

Das politische Spektrum hat sich in Österreich insgesamt deutlich nach rechts verschoben. Auf BundesprĂ€sident Alexander Van der Bellen kommen wohl bei der nĂ€chsten Regierungsbildung schwierige Entscheidungen zu. Er hat angekĂŒndigt, er wolle „nicht als feiger Politiker in die Geschichte eingehen“. Dieser Mut ist ihm und uns zu wĂŒnschen!