âAufrechte Nazisâ?
Wie weit lĂ€sst sich das politische Spektrum in Ăsterreich noch nach rechts verschieben, bis wir einen demokratiepolitischen Kipppunkt erreichen? Moralische Kipppunkte jedenfalls haben wir dank der FPĂ schon erreicht. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel âBarbarische Aussagenâ. Hier zum Nachlesen:
Der niederösterreichische FPĂ-Chef Udo Landbauer bezeichnete letzte Woche die humanitĂ€re Hilfe fĂŒr die Erdbebenopfer in der TĂŒrkei und in Syrien als âUnverfrorenheitâ und als âVerschenkenâ von âSteuergeld an das Auslandâ. Er schloss dabei in einem Aufwaschen auch gleich die Hilfe fĂŒr die Kriegsopfer in der Ukraine mit ein. Das Geld soll im Inland verwendet werden.
Landbauer war schon frĂŒher mehrfach verhaltensauffĂ€llig. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat er als âMoslem-Mama-Miklâ verspottet und behauptet, sie betreibe âZwangsislamisierungâ. Dass er selbst eine iranische Mutter hat, tut seiner Hetze offenkundig keinen Abbruch.
âAufrechte Nazisâ?
in Sachen Menschenverachtung steht Landbauer nicht allein da in seiner Partei. FPĂ-Landesrat Gottfried WaldhĂ€usl hat in einer Fernsehsendung Jugendliche mit Migrationshintergrund vor laufender Kamera herabgewĂŒrdigt und gemeint, ohne sie âwĂ€re Wien noch Wienâ. FĂŒr die rechtsextremen âIdentitĂ€renâ â laut Herbert Kickl ein âinteressantes und unterstĂŒtzenswertes Projektâ â eine politische Steilauflage: Sie demonstrierten mit einem Transparent und FlugblĂ€ttern vor der Schule der bestens integrierten Gymnasiastinnen und verbreiteten weitere Hetzbotschaften.
Kleiner Lichtblick: SĂ€mtliche andere Parteien reagierten mit Entsetzen auf die Aussagen der beiden FPĂ-Politiker. Die Palette der Reaktionen reichte von âKatastropheâ bis zu âbarbarische Aussagenâ. Der Hotelier und ehemalige Neos-Politiker Sepp Schellhorn meinte zum Integrationslandesrat (!): âWaldhĂ€usl ist kein Kellernazi, sondern ein aufrechter Nazi.â
WÀhrend sich alle anderen Parteien abgrenzten, war aus der Bundes-FPà kein Wort zu hören. Eine sanfte Distanzierung erfolgte nur aus der Salzburger und Tiroler Landespartei. Auch aus der Vorarlberger FPà vermissen wir klare Worte.
Braune Schmuddelecke
Ăsterreich ist wieder auf dem besten Weg, politisch in die braune Schmuddelecke gestellt zu werden. Immerhin steht die FPĂ derzeit in allen Umfragen der letzten Monate auf Platz 1, Parteichef Kickl will daher auch Kanzler werden. Jemand, der in einer militĂ€rischen Fantasie-Uniform den Bau einer âFestung Ăsterreichâ ankĂŒndigt und ein Entwurmungsmittel fĂŒr Pferde allen Ernstes als Vorbeugemittel gegen Corona empfiehlt?
Wie kann so eine Partei dennoch Wahlsiege einfahren und Umfragen dominieren? Eine Partei, die in Teilen rechtsextrem und im anderen Teil rechtspopulistisch ist, die in allen bislang drei Regierungsbeteiligungen desaströs gescheitert ist, die ein Korruptionsproblem hat und die fĂŒr alle Probleme nur eine Ursache sieht: die AuslĂ€nder?Das politische Spektrum hat sich in Ăsterreich insgesamt deutlich nach rechts verschoben. Auf BundesprĂ€sident Alexander Van der Bellen kommen wohl bei der nĂ€chsten Regierungsbildung schwierige Entscheidungen zu. Er hat angekĂŒndigt, er wolle ânicht als feiger Politiker in die Geschichte eingehenâ. Dieser Mut ist ihm und uns zu wĂŒnschen!