Das Neujahrskonzert und so manch unhaltbare Legende
Kurz vor Neujahr kommen in Sachen Neujahrskonzert die Beschwichtiger, Verniedlicher und historischen Ignoranten so sicher wie das Amen im Gebet und behaupten allen Fakten zum Trotz, das Konzert habe seinen Ursprung zwar in der NS-Zeit, sei damals aber eine Art Widerstandshandlung der âunterdrĂźckten Ostmärkerâ gegen die âpreuĂischen Nazisâ gewesen. Die historische Realität ist eine andere. Dazu habe ich in der âPresseâ einen Gastkommentar verfasst: âDas Neujahrskonzert und so manch unhaltbare Legendeâ
Der Anlass dazu waren unverfrorene Behauptungen des âPresseâ-Kulturredakteurs Wilhelm Sinkowicz (âVon Krauss bis Mehtaâ): âWer ein wenig Ăźber den Zeitgeschichtlerhorizont hinausdenkt, kann sich vorstellen, was es fĂźr Ăsterreicher, die gerade zu ,Ostmärkernâ degradiert worden sind, bedeutet haben mag, wenn die Philharmoniker Musik der StrauĂ-Dynastie unter Leitung des geborenen Wieners Clemens Krauss musiziert haben.â
Es ist wirklich ärgerlich, denn seit Jahren ist das Gegenteil bekannt, auch wenn Historiker wie Oliver Rathkolb oder Clemens Hellsberg, der ehemalige Vorstand der Philharmoniker, hartnäckig das Gegenteil behauptet haben. SeriĂśse und unabhängige Forscherinnen und Forscher haben die Fakten sauber recherchiert: âGerĂźcht oder Tatsache? Das Neujahrskonzert und die Nazis!â
Auch der deutsche Musikhistoriker Ralph Braun hat die jetzige Situation und die Geschichtsklitterungen in einem Beitrag auf der Seite des Operetta Research Center Amsterdam umfassend analysiert (âDas Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker: Angst vor der Nazi-Vergangenheit?â).
Auf den Punkt gebracht hat es der Schweizer Musikhistoriker Fritz TrĂźmpi. Er schrieb, dass das Neujahrskonzert âErgebnis einer nationalsozialistischen Kulturpolitikâ war.