Modellregion Gemeinsame Schule?
Seit Jahrzehnten kĂ€mpfen Bildungsbewegte in ganz Ăsterreich fĂŒr eine Gemeinsame Schule, in der Kinder mit Freude – und daher auch viel – lernen können. Besonders intensiv war und ist die Auseinandersetzung in Vorarlberg. Doch der ĂVP gelingt es immer wieder, die ReformansĂ€tze im Keim zu ersticken. Waren wir zu optimistisch (siehe Bild)? Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel âUngleiche Bildungschancenâ. Hier zum Nachlesen:
Bildung wird in Ăsterreich vererbt. Wenn man von den ideologiegetriebenen Vertretern des jetzigen Schulsystems absieht, ist das angesichts der Jahr fĂŒr Jahr erhobenen Zahlen allen klar: Fast 60 Prozent der Kinder aus Akademikerhaushalten kommen zu einem Hochschulabschluss, aber nur 6,6 Prozent jener Kinder, deren Eltern höchstens einen Pflichtschulabschluss haben.
Auch die OECD warnt seit Jahren, dass in Ăsterreich die Bildungschancen im internationalen Vergleich besonders ungleich verteilt sind. Da ist eigentlich klar: Eine Reform ist ĂŒberfĂ€llig!
ReformbemĂŒhungen
âVorarlberg kurbelt Schulreform an!â Ăber eine Ăberschrift wie diese in der âWiener Zeitungâ freut man sich natĂŒrlich. Das Ziel war und ist klar â eine leistungsstarke Schule, in der Kinder mit Freude und daher viel lernen. Das Problem: Die Schlagzeile ist weit ĂŒber zehn Jahre alt. Damals hat das Land schulpolitisch auf faktenbasierte Politik gesetzt.
Vom Land wurde eine Projektgruppe mit Fachleuten aus der Wissenschaft und erfahrenen Praktikerinnen und Praktikern zusammengestellt. Die kam nach intensiver Arbeit zum Ergebnis, dass dieses Ziel nur mit einer modernen Gemeinsamen Schule bis zumindest zum 14. Lebensjahr zu verwirklichen ist. Schullandesrat Siegi Stemer hat sich daraufhin vom entschiedenen Gegner einer grundlegenden Reform zu einem vorsichtigen BefĂŒrworter gewandelt.
Der Vorarlberger Landtag hat dann mit nur einer einzigen Gegenstimme einer Neos-Abgeordneten die flĂ€chendeckende Umsetzung der Gesamtschule gefordert. Und noch 2017 lautete eine Ăberschrift in den Vorarlberger Nachrichten: âLand besteht auf Modellregion!â
Die Idee war ansteckend: Plötzlich trat mit Tirols Landeshauptmann GĂŒnter Platter ein weiterer Verfechter der Gemeinsamen Schule auf. Er forderte seine eigenen Parteifreunde in Wien auf, âĂŒberholte Positionenâ aufzugeben und die Gemeinsame Schule anzugehen.
Reformblockaden
Doch die GegenkrĂ€fte waren zu stark. Der aufsteigende und inzwischen schon wieder verblasste ĂVP-Stern Sebastian Kurz und Landeshauptmann Markus Wallner haben realistische Rahmenbedingungen fĂŒr eine Umsetzung des Modellversuchs massiv behindert und das Fortbestehen der 150 Jahre alten Strukturen unseres Schulsystems zementiert. Die Retrorede von ĂVP-Obmann Karl Nehammer vom vergangenen Freitag lĂ€sst auch kĂŒnftig fĂŒr die Schule keine Fortschritte erwarten.
Zudem verschĂ€rft derzeit ausgerechnet die katholische Kirche das Problem zusĂ€tzlich. Sie betreibt in Bregenz eine private Volksschule. Das fĂŒhrt zu noch frĂŒherer Selektion als mit zehn Jahren. Mit einem âdurchgehenden Konzeptâ von âsechs bis 18 Jahrenâ soll in Bregenz zudem ein weiteres â das dritte katholisch gefĂŒhrte â Gymnasium eröffnet werden und somit die frĂŒhe Selektion ebenfalls verstĂ€rken.
Der Begriff katholisch kommt aus dem Griechischen und bedeutet âallumfassendâ. Diese schulischen Initiativen der Kirche bewirken das genaue Gegenteil!