27. Februar 2017

Inklusion ist keine Goodwill-Sache für Behinderte!

2017-02-27T10:59:16+01:0027.02.17, 10:41 |Kategorien: Bildung, Gesellschaft|Tags: |

Inklusion ist ein Menschenrecht. Jedes Kind hat in der Schule daher ein Anrecht darauf, gemeinsam mit anderen Kindern lernen zu können. Egal, ob es eine Behinderung hat oder nicht. So einfach ist das. Leider aber nicht bei uns, weshalb ich auf diesem Blog schon mehrfach dazu Stellung bezogen habe (Inklusion jetzt!).

Im „Standard“ gibt es heute dazu ein spannendes Interview von Lisa Nimmervoll mit Georg Feuser. Er war Lehrer an der ersten – wie es damals hieß – „Schule für geistig Behinderte“ in Deutschland in Frankfurt am Main und später auch Sonderschuldirektor („Erziehungswissenschafter: „Inklusion ist keine Goodwill-Sache für Behinderte““).

Seine Botschaft ist klar: Sonderschulen müssen abgeschaffte werden. Für schulische Inklusion behinderter Kinder gibt es keine Grenze. Grenzen setzen nicht die Möglichkeiten, Grenzen setzt bei uns das Schulsystem. Dabei profitieren vom gemeinsamen Lernen alle Kinder, auch Hochbegabte.

Georg Feuser verweist übrigens auch darauf, dass Berechnungen für das Inklusionsprojekt in Bremen gezeigt haben, dass die von den Gegnern der Inklusion immer wieder ins Spiel gebrachte Kostenexplosion nicht stimmt: „Wenn das System auf Inklusion umgestellt ist, wird es nicht teurer als das jetzt laufende.“

Und auch auf die Ängste von Eltern behinderter Kinder geht er ein und beruhigt: „Weltweit ist kein schulisches Reformvorhaben besser untersucht als die Frage der Inklusion. Man könnte sagen, wenn’s ganz schlecht ausgeht, weil etwa Ausbildungsvoraussetzungen fehlen, dann lernen die Kinder immer noch mehr durch die Sozialdynamik, die entsteht, wenn sie in solchen Räumen miteinander lernen oder wenn man sich endlich bemüht, jahrgangsübergreifend in Mehrstufenklassen zu unterrichten.“

Das zeigen übrigens auch meine Besuche und Erfahrungen in inklusiven Schulsystemen, die ich in Finnland, Schweden und Südtirol gemacht habe.

17. Februar 2017

Erfolgsgeschichte: als Alireza in Traiskirchen, als Julian im Gymnasium (Gastbeitrag)

2017-02-17T15:39:32+01:0017.02.17, 15:36 |Kategorien: Bildung, Integration|Tags: |

Alireza, ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus Afghanistan, ist seit 16 Monaten in Österreich. Seit zwölf Monaten lernt er Deutsch. In seinem allerersten österreichischen Schulzeugnis sind nur Einser, Zweier und Dreier.

 Es waren die unhaltbaren Zustände im Flüchtlingslager, die im vorletzten Sommer Freunde von mir dazu veranlassten, in Privatinitiative Medikamente, Kleidung, Nahrungs- und Hygienemittel nach Traiskirchen zu bringen. Dabei lernte Cathy Alireza kennen. Sie nahm ihn mit in ihre StudentInnenwohnung nach Wien und kümmerte sich nach einem Facebook-Aufruf mit Bekannten und FreundInnen um ihn.

Genauso schlecht wie sich die Bundesregierung um die Versorgung der Flüchtenden kümmerte, kümmerte sie sich um deren Beschulung. Alireza bekam vom Samariterbund einen Deutschkurs finanziert. Cathy ersuchte mich darum, sie auf der Suche nach einem geeigneten Platz für das jetzt laufende Schuljahr zu unterstützen. Ich bat meinen Direktor, Julian bei uns an der Anton-Krieger-Gasse aufzunehmen, und wenige Tage später saß er vor mir in einer Vorbereitungsklasse zur Oberstufe.

Aus Alireza wurde Julian

Alireza wollte dann nur noch Julian genannt werden. Er hatte gesehen, was die Ideologisierung des Islams anrichtet, und wollte mit seinem Namen nicht damit in Verbindung gebracht werden.

Es war für mich eine große Erleichterung, seine schulischen Erfolge mitverfolgen zu können. Julians technisches Talent ist bestechend und seine Fortschritte im Spracherwerb – eingebettet in einem wohlwollenden pädagogischen Umfeld – sind beispielhaft. Nicht nur, dass er in allen Fächern zu Semesterende beurteilt werden konnte, in seinem Zeugnis finden sich weder Vierer noch Fünfer.

Ich darf ihn noch ein Semester als Lehrer begleiten, denn sein nächstes Ziel ist der Besuch einer HTL. Julians schulische Erfolge erfüllen mich mit Freude und auch mit Stolz für ihn, den ich so in meiner bisherigen professionellen Laufbahn noch nie kennenlernt hatte.

Ja, und ich bin mir sicher, dass es sehr viele Alirezas/Julians gibt. Ihre Geschichten sind noch zu erzählen.

Johannes Stöckler

Johannes Stöckler unterrichtet an einer Wiener AHS, ist Klubobmann der Grünen Hietzing und Fraktionsführer der Grünen im Wiener Stadtschulrat.

14. Februar 2017

Karmasin probiert es mit Zynismus pur!

2017-02-15T21:56:43+01:0014.02.17, 13:08 |Kategorien: Bildung, Gesellschaft|Tags: , , |

Der Auftritt von Sophie Karmasin im heutigen Ö1-Morgenjournal (Karmasin: „Flexible Arbeitszeit Chance für Familien“) kann nur als Zynismus pur bezeichnet werden. Die Aussage der Familienministerin, die Arbeitszeitflexibilisierung mit Blockarbeitszeiten bis zu zwölf Stunden bringe viele Chancen für Familien, ist empörend:

Statt aktiv zu werden, empfiehlt die Ministerin allen Ernstes, bei Paaren sollen die Partner jeweils zwei bis drei Tage bis zu zwölf Stunden am Tag Blockarbeitszeit nehmen, während der/die jeweils andere in dieser Zeit die Kinderbetreuung übernimmt. Man kann nur den Kopf schütteln über eine derartige Ahnungslosigkeit von den realen Lebensbedingungen von Eltern in Österreich.

Tatsache ist, dass es viele Alleinerziehende gibt und auch junge Paare von zwei Vollzeiteinkommen abhängig sind. Sie brauchen dringend qualitativ hochwertige Einrichtungen für ihre Kinder. Derzeit hat nicht einmal ein Drittel aller Kinder in Österreich einen Krippenplatz zur Verfügung und noch immer gibt es keinen konkreten Stufenplan, wie wir dieses Ziel erreichen können.

Statt endlich für bundeseinheitliche Rahmenbedingungen im Kindergarten zu sorgen, die Schließtage zu minimieren und die Öffnungszeiten den Bedürfnissen der Familien und Alleinerziehenden anzupassen, versucht es die Ministerin mit Beruhigungspillen.

Ich verweise darauf, dass ein bundesweiter Qualitätsrahmen für elementarpädagogische Einrichtungen schon im Regierungsprogramm aus dem Jahr 2013 (!) vorgesehen ist und seit 2016 umgesetzt sein müsste, nachzulesen ab Seite 24. Karmasin war bislang untätig, und die Familien müssen dafür bezahlen. Das betrifft Öffnungszeiten und möglichst wenig Schließtage genauso wie die Festlegung von Gruppengrößen und die Anzahl der PädagogInnen. Diesbezüglich sind keine Aktivitäten der Ministerin erkennbar, obwohl die Probleme groß sind und die Qualitätskriterien zwischen den Bundesländern oft sehr weit auseinander liegen.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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