26. Juni 2017

Die Last-Minute-Bildungsreform

2017-06-26T10:32:41+02:0026.06.17, 10:32 |Kategorien: Bildung|Tags: |

Wir haben einiges erreicht in den Verhandlungen mit der Regierung: In meiner Rede im Nationalrat habe ich versucht, das Paket – es wird in dieser Woche beschlossen – differenziert darzustellen.

19. Juni 2017

Die Gemeinsame Schule ist möglich – Quantensprung in Österreichs Bildungspolitik

2017-06-19T17:43:04+02:0019.06.17, 17:41 |Kategorien: Bildung|Tags: , , |

Heute sind wir ins Ziel gekommen: Wir haben uns nach harten aber letztlich konstruktiven GesprÀchen mit der Regierung auf eine Bildungsreform geeinigt. In zÀhen Verhandlungen haben wir Erfolge in wichtigen Punkten erzielt, allem voran in der Frage, ob es möglich sein soll, Modellregionen mit einer Gemeinsamen Schule einzurichten. Warum war und ist uns das so wichtig?

Ich habe es als ehemaliger Gymnasialdirektor unzĂ€hlige Male miterlebt und mitgelitten: Eltern, die mich verzweifelt aber vergeblich um einen Schulplatz fĂŒr ihr Kind gebeten haben, weinende Kinder oft daneben. Wir wissen es, was die bereits in der Volksschule zu treffende Entscheidung – NMS oder Gymnasium – vielfach bedeutet: Kinder, die wegen des Drucks in der Volksschule Psychopharmaka nehmen, Kinder, die in der Volksschule Nachhilfe benötigen, Kinder und Eltern, die unter Stress stehen.

Nun wird es erstmals nach fast 100 Jahren Blockade möglich, mit der viel zu frĂŒhen Trennung von Kindern Schluss zu machen. Vorarlberg ist vorbereitet und will die Modellregion im ganzen Bundesland einrichten. Freilich, es liegt noch ein weiter Weg vor uns, auf dem wir die Strukturen vorbereiten mĂŒssen, auf dem wir LehrerInnen aus- und fortbilden mĂŒssen, damit sie auf den neuen Unterricht bestmöglich vorbereitet werden. Und wir mĂŒssen viel Überzeugungsarbeit leisten, damit Eltern und Lehrende dieser Umwandlung zustimmen.

Die Ermöglichung von Modellregionen ist jedoch bei weitem nicht der einzige Verhandlungserfolg, der uns GrĂŒnen gelungen ist:

  • In der Bestellung von SchuleiterInnen werden anstatt der Gewerkschaftszentrale in Wien die Personalvertretungen vor Ort mitreden können. Es wird Hearings an den betroffenen Schulen geben und eine Einsicht fĂŒr die Schulpartner in die Bewerbungsunterlagen der KandidatInnen.
  • Mehr Transparenz und Einfluss der Schulpartner auf Entscheidungen der Bildungsdirektionen
  • Mischcluster von Bundesschulen mit Pflichtschulen inkl. Berufsschulen werden möglich
  • Beim „Chancenindex“, der Geld dorthin bringen soll, wo es am dringendsten gebraucht wird, ist die Finanzierung ĂŒber diverse Sondertöpfe (Sprachförderung, Integrationstopf II, 
) sicher gestellt.
  • SonderpĂ€dagogischer Förderbedarf: Antragsrecht der Eltern auf Feststellung eines sonderpĂ€dagogischen Förderbedarfs, Ausweitung auf andere Fördermaßnahmen, Ausweitung auf SchĂŒlerInnen statt Kinder (ermöglicht Maßnahmen bis zum 12. Schuljahr)
  • Im MĂ€rz 2014 haben wir die Einrichtung einer Schulombudsstelle beantragt. Die kommt nun nach Vorbild Behindertenanwaltschaft.
  • Die Dauer von Schulversuchen wird nicht unnötig beschrĂ€nkt, wir haben die VerlĂ€ngerung um zwei Jahre durchgesetzt.
  • Die Mittelzuteilung fĂŒr die KlassenschĂŒlerhöchstzahl wird erstmals im Budget und somit dauerhaft gesetzlich normiert. Die Höchstzahl 25 bleibt, außer Schulen wollen das autonom Ă€ndern und Ressourcen anders einsetzen.
  • Und es wird ein zehntes Schuljahr fĂŒr außerordentliche SchĂŒlerInnen geben.

Unterzeichnung des 200-seitigen Reformpakets im Nationalrat

Klar, es gibt viele Punkte, die noch viel weiter hÀtten gehen können. Aber was nun mit dem Reformpaket kommt, ist in vielen Belangen besser als das bisherige System. Dennoch werden wir am Ball bleiben, damit die notwendigen Weiterentwicklungen nicht bei dieser Reform stecken bleiben.

8. Juni 2017

Die Bildungsreform: Chronik eines unangekĂŒndigten Todes?

2017-06-08T23:27:41+02:0008.06.17, 17:30 |Kategorien: Bildung|Tags: , , , , |

TĂŒrschild ÖVP neu

Gestern habe ich den Tiefpunkt meiner bisherigen politischen Karriere erlebt: Wissenschaftsminister Harald Mahrer und dann auf eine unverfrorene Art und Weise Sebastian Kurz im ZiB 2-Interview haben behauptet, es hĂ€tte keine Einigung mit den GrĂŒnen zur Bildungsreform gegeben. Diese Unwahrheit stellt nicht nur einen massiven Vertrauensbruch dar, sondern zeigt, dass der ÖVP „neu“ selbst das abhandengekommen, was bislang doch gegolten hat: die HandschlagqualitĂ€t, wenn politische Einigungen erzielt wurden.

Daher fasse ich kurz den Ablauf der letzten Woche zusammen:
Am Donnerstag zu Mittag traf sich unsere Verhandlungsrunde im Bildungsministerium – ĂŒbrigens erstmals unter Anwesenheit von Minister Mahrer. Nach Diskussionen und Fragen rund um die in Vorarlberg durchgefĂŒhrte Studie zur Modellregion Gemeinsame Schule, zogen sich Minister Mahrer und Ministerin Hammerschmied zurĂŒck, und der Wissenschaftsminister unterbreitete uns zur Modellregion einen Kompromissvorschlag als „neues Denkmodell“.

Demnach sollte es möglich sein, in der Sekundarstufe I (NMS, AHS-Unterstufe und Sonderschulen) Gebiete mit bundesweit maximal 15 Prozent aller betroffenen SchĂŒlerinnen und SchĂŒler in Modellregionen zur Gemeinsamen Schule umzuwandeln, „sodass ganz Vorarlberg Platz hat“ – wie Minister Mahrer wörtlich erwĂ€hnte. Bedingung sei die Zustimmung der betroffenen Schulen durch die Schulpartner mit einfacher Mehrheit. AngekĂŒndigt wurde die Einbringung des Gesetzespakets in den Nationalrat mittels eines Initiativantrags am 7. Juni. Wir gingen mit dem Vorhaben auseinander, Einzelheiten zum Gesetzestext am Abend zu besprechen. Alle Beteiligten haben sich verpflichtet, Stillschweigen ĂŒber die Einigung zu bewahren.

Pressestatement nach Verhandlungen zur Bildungsreform

Der ursprĂŒnglich fĂŒr 18:00 Uhr anberaumte Termin wurde mit der BegrĂŒndung, Minister Mahrer mĂŒsse im Bundesrat prĂ€sent sein, auf 19:00 Uhr verschoben. Danach folgten weitere Verschiebungen durch die ÖVP. Grund war, dass Meldungen ĂŒber den erzielten Kompromiss an die Medien gelangt waren und Minister Mahrer nach zahlreichen internen Telefonaten – wie es uns kommuniziert wurde – erst gegen 21:00 Uhr zur Verhandlungsrunde stieß. Bis 22:00 Uhr wurde das Prozedere fĂŒr den Freitag festgelegt: Übermittlung des Gesetzestextes möglichst bis 11:00 Uhr, 12:00 Uhr Treffen der Verhandlungsgruppe, um den Text zu finalisieren, danach Pressekonferenz mit Ministerin Hammerschmid, Minister Mahrer und mir. Aus dem von uns angefertigten Protokoll: „Hammerschmid: ‚Die heute vorgeschlagenen Eckpfeiler gelten.’ Mahrer: ‚Wir erfinden keine anderen Eckpfeiler.’“

Am Freitagvormittag kam der versprochene Gesetzestext nicht, dafĂŒr aber die erste Verschiebung des Termins auf 13:00 Uhr und dann ein Anruf von Minister Mahrer, der nochmals zu dritt „die Details“ besprechen wollte. Dies wurde von uns mit dem Hinweis auf den versprochenen Gesetzestext abgelehnt. Darauf sagte Minister Mahrer den Verhandlungstermin ab und begrĂŒndete dies gegenĂŒber den Medien damit, der Abschluss der Reform dauere lange, weil der Opposition so „viel zu erklĂ€ren“ sei. Gleichzeitig kĂŒndigte er die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit FPÖ an.

Am Dienstag nach Pfingsten erhielten wir die Information aus dem Bildungsministerium, die ÖVP mache ihre Zustimmung zur Bildungsreform von der Studienplatzfinanzierung abhĂ€ngig. Erneut richtet Mahrer ĂŒber die APA aus, dass wieder mit FPÖ verhandelt werden soll.

WĂ€hrend der Nationalratssitzung am Mittwoch bestritten Minister Mahrer und Bildungssprecherin Brigitte Jank (die ebenfalls Mitglied des VP-Verhandlungsteams war), dass jemals eine Einigung erzielt worden sei. Damit kehrte die ÖVP endgĂŒltig wieder auf den Stand von vor dem letzten Donnerstag zurĂŒck.

Es ist wohl unbestritten, dass die beiden Regierungsparteien nicht mehr gewillt und in der Lage sind, in einem sachlichen Miteinander die noch anstehenden Pakete aus dem Regierungsprogramm abzuarbeiten. Es ist jedoch völlig unverstĂ€ndlich und verantwortungslos, nach mehr als zwei Jahren intensiver Arbeit ein fertig ausverhandeltes und fĂŒr eine Zweidrittel-Mehrheit akkordiertes Paket aus wahltaktischen Überlegungen ins Nirwana zu schicken. Es ist unverantwortlich, so viele bereits investierte Ressourcen zu verschleudern, und es ist unverzeihlich, das österreichische Bildungssystem aus dem 19. Jahrhundert nicht wenigstens einmal ins 20. zu holen. Diese Bildungsreform wĂ€re ein erster richtiger Schritt gewesen. Zweifellos hĂ€tten weitere folgen mĂŒssen. Es geht um nicht weniger als die Zukunft unserer Kinder. Aber das scheint der ÖVP neu unter Sebastian Kurz völlig egal zu sein. Aus der ÖVP alt scheint eine ÖVP uralt geworden zu sein.

Aber auch in dieser Frage gilt: Vielleicht geschieht ja noch ein Wunder. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

 

 

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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