20. Oktober 2016

Doskozil plant Remilitarisierung des öffentlichen Raumes

2016-10-20T19:16:52+02:0020.10.16, 8:23 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , , |

bundesheerdenkmal_anfrageDer Plan hat’s in sich! Das Verteidigungsministerium schwimmt derzeit bekanntlich im Geld, und da können dem Minister schon auch absonderliche Ideen kommen: WĂ€hrend rundherum der GĂŒrtel in den diversen Ressorts enger geschnallt wird, die Mindestsicherung gekĂŒrzt werden soll, im Bildungsbereich gespart werden muss (Teamteaching, KlassenschĂŒlerzahlen), gibt es beim Bundesheer locker mal 1,06 Millionen Euro fĂŒr die Remilitarisierung des öffentlichen Raums. Am Heldenplatz soll wohl als GegenstĂŒck zum „Deserteursdenkmal“ am Ballhausplatz ein Bundesheer-Denkmal am Äußeren Burgtor errichtet werden. Vorgesehen ist es fĂŒr Gefallene des Bundesheers in der Zweiten Republik und gleich auch vorsorglich fĂŒr jene in der Zukunft.

Über die zweifelhafte Erinnerungskultur der Republik im Allgemeinen und des Bundesheeres im Besonderen habe ich im Parlament und auf diesem Blog schon mehrfach hingewiesen („Krypta am Heldenplatz: Republik pfeift auf historische Chance!“). Jetzt muss ich es mit einer Parlamentarischen Anfrage erneut machen.

Geld spielt keine Rolle, wie dem Protokoll einer Generalstabsbesprechung zu entnehmen ist, denn dort wird beim Finanzbedarf angemerkt, die Budgetierung mit ĂŒber einer Million Euro sei „exklusive Reserve“. Unsereins sieht das und wundert sich, „was alles möglich ist“, wenn der Herr Bundesminister eine Weisung gibt, um die Militarisierung wieder voll im Gange zu bringen.

  1. Sowohl Inhalt als auch Standort des von Doskozil per Weisung gewĂŒnschten Denkmals sind bemerkenswert: „Der militĂ€rische Charakter des Denkmals, in dessen konkreter oder abstrakter AusfĂŒhrung, soll fĂŒr den auch nicht kunstaffinen Betrachter die eindeutige VerknĂŒpfung zum MilitĂ€r schaffen“ – das ist nicht nachvollziehbar. Sind wir wieder so weit, um martialische Symbole in öffentlichen RĂ€umen zu errichten?
  2. Ich kann auch nicht nachvollziehen, was mit der oben schon angedeuteten Formulierung „sondern es muss auch fĂŒr kĂŒnftig Gefallene ‚offen‘ stehen“ bezweckt wird. Wie bekannt, bezieht sich der Begriff „Gefallener“ auf den Todesfall im (kriegerischen) Kampf. Hat Österreich respektive Doskozil diesbezĂŒgliche PlĂ€ne?

Doskozil will – wie Peter Pilz aufgedeckt hat – als „zweiter Innenminister“ das Bundesheer fĂŒr kĂŒnftige „robuste EinsĂ€tze“ im Inneren (!) aufrĂŒsten und eine Art „Schwere Polizei“ schaffen. Bemerkenswert fĂŒr einen Sozialdemokraten, dem das Jahr 1934 offensichtlich nicht mehr im GedĂ€chtnis ist. Das Denkmal fĂŒr allfĂ€llige „Gefallene“ stĂŒnde dann ja schon mal am „Heldenplatz“ – ĂŒbrigens ganz in der Tradition des gesamten Komplexes: Das Äußere Burgtor wurde In Erinnerung an die blutige Völkerschlacht zu Leipzig errichtet und erhielt wĂ€hrend des Ersten Weltkriegs die Bedeutung eines Heldendenkmals. Im Austrofaschismus wurde der Heldenmythos dann mit der Einrichtung von GedenkstĂ€tten im Inneren des Tors verstĂ€rkt. Eigentlich sollte mit der unter Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos angeordneten Umgestaltung des Heldendenkmals ein Kontrapunkt zur kritiklosen Heldenverehrung in der Form eines Lernraumes entstehen. Davon ist nun nicht mehr die Rede, dafĂŒr aber von einer Remilitarisierung des öffentlichen Raums.

Fazit: Wenn es plötzlich Geld regnet im Wiederbewaffnungsministerium, scheint dessen Chef omnipotente Phantasien zu kriegen. Dem sollte vehement Einhalt geboten werden.

29. Dezember 2014

Krypta am Heldenplatz: Republik pfeift auf historische Chance!

2015-05-01T08:02:42+02:0029.12.14, 12:00 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

Krypta_2014Die Chuzpe muss man einmal haben: Nachdem Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos die Krypta im Wiener Heldentor nach heftigen Protesten der GrĂŒnen schließen ließ und großspurig eine Umgestaltung ankĂŒndigte, setzt sein Nachfolger im Amt, Gerald Klug, nun wohl auf Stillhalten und Aussitzen. Der (schlechte) Witz dabei: Da wird noch großartig ein internationaler wissenschaftlicher Beirat einberufen, der im Sommer und Herbst diesen Jahres ein Konzept fĂŒr eine völlige Neugestaltung des Heldentors erarbeitet hatte. Seither tut sich nichts mehr, obwohl fĂŒr den Herbst die Projektausschreibung und der Beginn der Umbauarbeiten angekĂŒndigt wurden. Die Eröffnung des neuen historischen Lernortes sollte am 26. Oktober 2015 sein und damit einen sichtbaren Wendepunkt im traditionellen Gedenken der Staatsspitzen bringen.
Ich habe auch in diesem Jahr mehrere parlamentarische Anfragen dazu eingebracht, meine letzte wurde nun beantwortet. Lapidare Antwort von Klug auf sechs (!) detaillierte Fragen: „Die Ausschreibung des Projekts Neugestaltung des Österreichischen Heldendenkmals liegt in der ZustĂ€ndigkeit der Burghauptmannschaft Österreich. Der Prozess der Finanzierung hinsichtlich der Neugestaltung ist im Laufen.“
Im kommenden Jahr wird weltweit des 70-jÀhrigen Endes des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Barbarei gedacht werden. Die Gelegenheit, mit dem Umbau und der Neudefinition des Heldendenkmales genau in diesem Jahr ein Zeichen zu setzen, wird jÀmmerlich verspielt. Das kritisiert inzwischen auch der Leiter der militÀrhistorischen Denkmalkommission und Mitglied des internationalen Beirats Dieter A. Binder.
Nun ist eine weitere Komponente hinzugekommen. Nach jahrelangen Verzögerungen macht die Neugestaltung des Österreich-Pavillons im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau endlich konkrete Fortschritte. Das Ausstellungsteam sieht als zentrales Element eines Raumes eine Art von Verbindung zwischen Auschwitz-Birkenau und Österreich vor: „Es sei nun die Anregung aufgenommen worden, dass BesucherInnen in Auschwitz etwas hinterlassen könnten – EindrĂŒcke, Gedanken etc. (…) Das Team habe die ursprĂŒngliche Idee einer RĂŒckkoppelung nach Österreich wieder aufgegriffen und wĂŒrde im leeren Raum ein ‚White Board’ aufstellen, auf das geschrieben werden könne. Das Geschriebene wĂŒrde aber kurze Zeit danach von dieser Tafel verschwinden und woanders als Projektion wieder auftauchen, nĂ€mlich in Österreich z.B. in der Krypta am Heldenplatz. Es gebe bereits ein Projekt zur Neukonzeption des Gedenkortes Heldenplatz, und daher sei dieses ‚Vorprojekt’ zur Ausstellung möglicherweise bereits 2015 möglich, lange vor der Eröffnung der Ausstellung.“ Jedoch: Derzeit ist die Krypta außer bei Kranzablegungen ein weitgehend verlassener Ort. Das Konzept wĂŒrde daher ohne Umgestaltung der Krypta mangels „Publikum“ scheitern. Ein „Vorprojekt“ 2015 wird demzufolge nicht realisierbar sein. Ein alternativer Ort fĂŒr die Projektionen wurde meines Wissens nach bislang nicht angedacht. Derartig zentrale und leicht zugĂ€ngliche Orte, die mit den historischen Ereignissen im Nationalsozialismus in einen direkten Zusammenhang zu bringen sind, wie es die Krypta wĂ€re, wird es ĂŒberdies in Wien kaum geben. LĂ€sst man also diese Chance ungenutzt, weil die Umgestaltung des Heldendenkmals scheitert oder auf die lange Bank geschoben wird, wĂ€re die ĂŒberaus sinnvolle Verbindung mit der GedenkstĂ€tte Auschwitz-Birkenau nicht mehr möglich. Und das ist zum SchĂ€men!

1. November 2014

Krypta: tĂ€glich grĂŒĂŸt das Murmeltier statt Erinnerungskultur!

2014-11-01T10:24:00+01:0001.11.14, 10:24 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , |

Jahr fĂŒr Jahr das gleiche Ritual am Nationalfeiertag: Hintereinander legen BundesprĂ€sident und Regierung einen Kranz in der Krypta im Äußeren Burgtor ab. Es ist ein Totengedenken – welcher Toten da (auch) gedacht wird, scheint nicht so wichtig zu sein.

Als ich 2012 aufgedeckt habe, dass unter anderem auch NS-Massenmördern wie Josef Vallaster gedacht wird (Heldenplatz: „ehrendes Gedenken“ fĂŒr einen Massenmörder!), schien kurzfristig eine Wendepunkt erreicht. Wenig spĂ€ter wurde die Statue des liegenden Soldaten gehoben, unter der der Bildhauer und Nazi-Sympathisant Wilhelm Frass 1934 eine Schrift deponiert hatte, in der er den Anschluss an Deutschland herbeisehnte. Der damalige Verteidigungsminister Darabos rief eine „ZĂ€sur in der GedĂ€chtniskultur der 2. Republik“ aus: „Die KrĂ€nze werden bewusst nicht mehr bei der Skulptur des Nazi-Sympathisanten Frass niedergelegt, … sondern bei der in der Krypta angebrachten Gedenktafel fĂŒr die im Einsatz verstorbenen Bundesheer-Soldaten“. Außerdem versprach Darabos eine Umgestaltung des gesamten Heldendenkmals, die sich seit MĂ€rz diesen Jahres in der Realisierungsphase befinden sollte. Davon sind wir weit entfernt.

Im September tagte zum zweiten Mal der hochkarĂ€tig besetzte Internationale wissenschaftliche Beirat, der Empfehlungen fĂŒr die Umgestaltung des gesamten Komplexes (Krypta, Weiheraum, Heldentreppe und Exekutivdenkmal) formulierte. Zugleich verlautbarte das Verteidigungsministerium einen neuen Zeitplan, wonach eine Ausschreibung im Herbst 2014 und die Umgestaltung bis zum Nationalfeiertag 2015 erfolgen sollte. Meiner Forderung nach einer Zwischenlösung, die den vorlĂ€ufigen Zustand der Krypta erklĂ€ren und kontextualisieren sollte, wurde mit dem Aufstellen eines minimalistisch gehaltenen Rollups nachgekommen.

Der Herbst ist da – die Ausschreibung nicht. Auch die Finanzierungsfrage ist noch nicht geklĂ€rt. Ein neuer Nationalfeiertag wurde begangen, mit Messe, Kranzniederlegungen und einem Eintrag ins Goldene Buch der Krypta. Ein Kranz liegt wieder bei der Statue des Nazi-Sympathisanten Frass, das Rollup wurde in eine hintere Ecke verrĂ€umt (siehe Foto – Rollup ist mit Pfeil markiert), denn das wĂ€re im wohl eine Störung gewesen. Die Krypta funktioniert wieder als Kranzabwurfstelle: Wem hier gedacht wird, in welchem Umfeld, scheint nebensĂ€chlich zu sein.

Ich habe dazu wieder eine Parlamentarische Anfrage (< file name="Anfrage-Krypta_2014" >) gemacht. Vielleicht gelingt ja diesmal eine wirkliche ZÀsur in der GedÀchtniskultur!

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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