12. August 2016

Rechtsextreme „Aula“ erhĂ€lt Einstweilige VerfĂŒgung!

2016-08-12T10:11:22+02:0012.08.16, 9:45 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , |

Aula_EinstweiligeIst es ein juristischer Befreiungsschlag? Das Landesgericht fĂŒr Zivilrechtssachen in Graz hat eine „Einstweilige VerfĂŒgung“ erlassen: Die Zeitschrift „Aula“ und ihr Autor Manfred Duswald dĂŒrfen nicht mehr schreiben, im Jahre 1945 befreite ehemalige KZ-HĂ€ftlinge seien „Massenmörder“ und von der Bevölkerung als „Landplage“ empfunden worden. Auch Ă€hnliche Aussagen sind verboten. Zur Vorgeschichte: Mauthausen-Überlebende klagen „Aula“: „Es reicht“

Es ist eine bemerkenswerte BegrĂŒndung der Richterin. „Zur Sicherung des mit Klage vom 30.6.2016 zu 39 Cg 79/16s beim Landesgericht fĂŒr Zivilrechtssachen Graz erhobenen Unterlassungsanspruches wird den beklagten Parteien, bis zur rechtskrĂ€ftigen Entscheidung im Hauptverfahren verboten, die wörtliche und/oder sinngleiche Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, die ehemaligen HĂ€ftlinge/Befreiten des KZ Mauthausen, dessen Neben-/ Außenlager oder anderer Konzentrationslager seien Massenmörder und/oder fĂŒr die Bevölkerung eine Landplage gewesen und/oder haben das Land raubend und plĂŒndernd, mordend und schĂ€ndend geplagt und schwerste Verbrechen begangen.“

Einige bedeutsame SĂ€tze aus der BegrĂŒndung durch das Gericht:

  • „Der Aufbau und die Formulierung dieses Absatzes lassen keinen Zweifel daran offen, dass die im dritten Satz aufgelisteten Straftaten allen befreiten Mauthausen-HĂ€ftlingen zugerechnet werden.“
  • „Das kann nur so gelesen und vom durchschnittlichen Leser verstanden werden, dass er [Duswald] die Straftaten, die KriminalitĂ€t und das Plagen den im Mai 1945 befreiten KZ-HĂ€ftlingen im Allgemeinen zuschreibt.“
  • „VerstĂ€rkt wird die Unterstellung, die Mauthausen-HĂ€ftlinge seien sozusagen aus gutem Grund wegen Straftaten inhaftiert gewesen, noch dadurch, dass der Zweitbeklagte „Befreiung“ und „Befreiern“ unter AnfĂŒhrungszeichen setzt.“
  • „Damit lĂ€sst er keinen Zweifel daran, dass die Freilassung der in Mauthausen gefangen Gehaltenen fĂŒr die Bevölkerung negativ gewesen sei, was, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang wiederum ergibt, darauf zurĂŒckzufĂŒhren sei, dass es sich bei den Mauthausen-HĂ€ftlingen um Kriminelle gehandelt habe, die das Land mit Straftaten heimgesucht hĂ€tten.“
  • „Mit den inkriminierten Äußerungen werden der Gruppe der ehemaligen KZ-HĂ€ftlinge, die 1945 befreit wurden, Straftaten wie Mord, Raub, PlĂŒnderung und SchĂ€ndung unterstellt und sie werden als Landplage und (schon vor der Inhaftierung) Kriminelle bezeichnet. Damit wird diese Gruppe von Menschen im Sinne des § 1330 Abs 1 und Abs 2 ABGB beleidigt und in ihrem Ruf beeintrĂ€chtigt. Der Umstand, dass es unter den Befreiten möglicherweise auch StraftĂ€ter gab, berechtigt nicht dazu, die gesamte Gruppe derartiger Verbrechen zu bezichtigen.“

Damit gibt das Gericht uns in allen Punkten recht: Der Artikel von Duswald ist als Pauschaldiffamierung ehemaliger KZ-HĂ€ftlinge zu werten. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Aula bzw. Duswald, der Grazer StaatsanwĂ€ltin mit ihrer skandalösen EinstellungsbegrĂŒndung im Strafverfahren gegen Duswald und jener Kreise, die der Aula nahe stehen.

Ein Strafverfahren nach dem NS-Verbotsgesetz hat die Staatsanwaltschaft Graz noch eingestellt – mit der umstrittenen BegrĂŒndung: Es sei „nachvollziehbar“, dass die 1945 aus dem KZ Mauthausen befreiten HĂ€ftlinge eine „BelĂ€stigung fĂŒr die Bevölkerung“ dargestellt hĂ€tten. Dabei wollten die juristisch von uns GrĂŒnen unterstĂŒtzten KZ-Opfer nicht belassen.

Die jetzige Entscheidung kann man gut und gerne als juristischen Durchbruch bezeichnen und als klare Ansage der österreichischen Justiz in Richtung der Ewiggestrigen.

Innerhalb von 14 Tagen können „Aula“ und ihr Autor Duswald Einspruch erheben, das Verbot durch das Landesgericht gilt aber ab sofort. WĂŒrden sie sich darĂŒber hinwegsetzen, dann könnte eine Beugestrafe beantragt werden.

5. August 2016

Ein „JĂ€gerhochsitz“ als „antifaschistischer Elchtest“!

2016-08-05T16:36:36+02:0005.08.16, 16:30 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , |

Loibl_Schießstand„Mitten am GelĂ€nde des ehemaligen KZ-Loibl Nord in KĂ€rnten/KoroĆĄka steht ein Jagdhochsitz, die Schießluke ist direkt auf die ehemaligen HĂ€ftlingsbaracken gerichtet.“ Das berichtet die Initiative „Autonome Antifa KĂ€rnten/KoroĆĄka“, die vor dem Hochstand jĂŒngst eine Protestaktion unternommen und damit eine breitere Öffentlichkeit geschaffen hat. Ich habe das zum Anlass fĂŒr eine parlamentarische Anfrage genommen (Anfrage_KZ-GedenkstĂ€tte Loibl).

Das Lager am Loiblpass war ein berĂŒchtigtes Außenkommando des Konzentrationslagers Mauthausen. In den Jahren von 1943 bis 1945 wurden dort Menschen verschiedener nationaler Herkunft und Weltanschauung Opfer der NS-Politik: Belgier, Deutsche, Franzosen, Griechen, HollĂ€nder, Jugoslawen, Luxemburger, Norweger, Polen, Russen, Schweizer, Spanier, Tschechen und Ungarn jĂŒdischer Herkunft.

FĂŒr ĂŒber 30 HĂ€ftlinge der insgesamt mehr als 1.000 Deportierten bedeutete das „Vernichtung durch Arbeit“. Die HĂ€ftlinge mussten am Loiblpass den Tunnel graben. Daneben wurden KZ-HĂ€ftlinge vom Lagerarzt getötet und Opfer der sogenannten „Euthanasie“. Die Leichen der Ermordeten wurden auf einem Scheiterhaufen unter freiem Himmel verbrannt. Es sollten keine Spuren von den ermordeten Menschen ĂŒbrig bleiben.

Der Hochsitz befindet sich in einer Entfernung von etwa 30 Meter vom ehemaligen KZ-Wachturm. Mehrere Medien berichten darĂŒber: „JĂ€gerhochsitz bei KZ-GedenkstĂ€tte“.

Peter Gstettner vom Mauthausen Komitee KĂ€rnten/KoroĆĄka und vom Verein „erinnern.at“ und  ist seit lĂ€ngerer Zeit an diesem Thema dran und hat vor knapp einem Jahr die verantwortlichen Stellen in Wien und Klagenfurt darĂŒber informiert. Geschehen ist nichts.

Man ist gezwungen, es eigens zu betonen: Dieser Hochsitz muss umgehend abgebrochen werden. Sowohl Sobotka als auch Mikl-Leitner haben in den letzten Jahren immer wieder in Sonntagsreden einen wĂŒrdigen Umgang mit Zeugnissen der NS-Vergangenheit eingefordert. Jetzt muss der Innenminister den antifaschistischen Elchtest bestehen.

Die bisherigen Erfahrungen aber zeigen leider: Das Innenministerium bietet keine GewĂ€hr fĂŒr den erforderlichen sensiblen Umgang mit Erinnerungsorten in Österreich. Das habe ich zuletzt schon bei der Beschlussfassung des GedenkstĂ€ttengesetzes im Juli im Nationalrat betont und zuvor auf diesem Blog erlĂ€utert (GedenkstĂ€tte Mauthausen – ein „Proporz-Memorial“?). Herr Innenminister, Sie sind gefordert!

7. Juli 2016

Mauthausen-Überlebende klagen „Aula“: „Es reicht“

2016-07-08T09:27:34+02:0007.07.16, 16:14 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , , |

harald_justizpalastWir haben den Artikel „Mauthausen-Befreite als Massenmörder“ in der Aula, dem aus meiner Sicht klar neonazistischen Zentralorgan der blauen Burschenschafter, in Erinnerung. Ich habe damals Anzeige erstattet. Die Grazer Staatsanwaltschaft hat das Verfahren im Dezember 2015 eingestellt, dies mit einer Skandal-BegrĂŒndung, die ihresgleichen sucht. Es ist ungeheuerlich: Vom Justizminister abwĂ€rts haben sich PolitikerInnen vom Artikel distanziert und die EinstellungsbegrĂŒndung der Grazer Staatsanwaltschaft als „menschenverachtend“ massiv kritisiert. Trotzdem waren meine juridischen Möglichkeiten, gegen die Impertinenz der Aula und des Autors Fred Duswald vorzugehen, ausgeschöpft.

Nun haben jedoch acht ehemalige HĂ€ftlinge des Lagerkomplexes Mauthausen Klage gegen die Aula eingereicht. Dem haben sich Rudolf Gelbard (ehemaliger HĂ€ftling Theresienstadt) und Caroline Shklarek-Zelman, die Tochter des Mauthausen-Überlebenden Leon Zelmann, angeschlossen. Möglich war dies, weil auch in Folgenummern der Aula und in Briefen an ihre Abonnenten die braune Diffamierungskampagne fortgesetzt wurde.

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Brief der Aula an Abonnenten (Febr. 2016, Ausschnitt)

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Jan Topolewski 1946

Da ist unter den KlĂ€gern beispielsweis Jan Topolewski: Verhaftet 1944 wĂ€hrend des Warschauer Aufstandes, fĂŒhrte sein Martyrium von Auschwitz ĂŒber Mauthausen nach Gusen, wo er am 5. Mai 1945 befreit wurde. Seine Mutter wurde in Auschwitz ermordet, sein Vater in Mauthausen. Er konnte nach einem lĂ€ngeren Krankenhausaufenthalt erst Ende 1946 nach Polen zurĂŒckkehren. „Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung bin ich entrĂŒstet ĂŒber den Inhalt des Artikels ‚Mauthausen-Befreite als Massenmörder‘ von Fred Duswald. (…) Ich fĂŒhle mich persönlich durch die Verallgemeinerungen im Artikel betroffen. In meinem Empfinden ist das eine historische Verdrehung der Geschichte und verletzt die WĂŒrde der unschuldig Ermordeten.“

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Jan Topolewski (re) in poln. Botschaft Wien

Oder Pavel Branko, dessen „KriminalitĂ€t“ darin bestand, in der Slowakei politischen Widerstand gegen das NS-Regime geleistet zu haben. Er verbrachte „nur“ die letzten drei Monate in der Hölle von Mauthausen und kehrte zehn Tage nach seiner Befreiung von 65 auf 39 Kilo abgemagert nach Bratislava zurĂŒck: „Meine Empörung gilt der unzumutbaren Aufbauschung und Verallgemeinerung, die der Autor des Beitrags ‚Mauthausen-Befreite als Massenmörder‘ Fred Duswald der Öffentlichkeit bietet. (…) Massenmord war die gezielte Vernichtungspolitik, die das KZ-System des Dritten Reiches gegen die Millionen von HĂ€ftlingen betrieb, wodurch sie Massenhaß erzeugte. Und noch grĂ¶ĂŸere Empörung erweckt in mir die Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwalt in Graz, die hiermit der Neonaziszene Vorschub leistet.“

Wir GrĂŒne unterstĂŒtzen zusammen mit unserer RechtsanwĂ€ltin Maria Windhager diese Klage mit allen uns zur VerfĂŒgung stehenden Mitteln: Wenn Justitia – so wie in Graz – versagt, sehen wir es als unsere Verpflichtung an, dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen – fĂŒr die Überlebenden und im Gedenken an die Ermordeten.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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