Kann nur die EU helfen?
Sie wird in vielen ihrer MitgliedslĂ€nder viel gescholten – oft zu Unrecht. Von ihr kommen nĂ€mlich nicht selten innovative und vorwĂ€rtsweisende Initiativen. Sie hat auch die Kraft und die StĂ€rke, diese gegen andere Wirtschaftsregionen und mĂ€chtige Konzerne durchzusetzen.
Und bei uns? Braucht es wirklich die EU, damit in Ăsterreich sinnvolle Reformen durchgefĂŒhrt werden? In einigen FĂ€llen schon. Unter dem Titel âTeure UntĂ€tigkeit!â habe ich dazu in meiner Kolumne in den âVorarlberger Nachrichtenâ Stellung bezogen. Hier zum Nachlesen:
Seit Jahresbeginn zahlt Ăsterreich eine âPlastikabgabeâ an die EU. Sie zahlen. Ich zahle. Wir alle zahlen sie mit unserem Steuergeld. Pro Jahr kostet uns das etwa 160 Millionen Euro. Geld, das wir in Corona-Zeiten gut gebrauchen könnten.
Doch damit nicht genug. Ăsterreich hat bislang auch die EU-Richtlinie zur getrennten Sammlung von Einweg-Plastikflaschen nicht umgesetzt. Die Europarechtsexpertin Teresa Weber von der UniversitĂ€t Salzburg schĂ€tzt, dass uns das weitere bis zu 45 Millionen Strafzahlungen kosten wird. Die Frist endet Anfang Juli.
Plastikförderung
Vorgesehen wĂ€re die Plastikabgabe von 80 Cent pro Kilogramm eigentlich fĂŒr die Verursacher, also die Produzenten. Sie machen ja auch enorme Profite mit Plastikflaschen, Verpackungen usw. Die Profite bleiben in den Unternehmen. Uns bleiben die Kosten â und der MĂŒll. Die EinfĂŒhrung der ĂŒberfĂ€lligen Plastiksteuer ist an der ĂVP gescheitert. Wie war das noch mit dem Verursacherprinzip?
Wer Plastik nicht besteuert, fördert seinen Einsatz: Pro Kopf verbrauchen wir in Ăsterreich denn auch 24 Prozent mehr Plastik als der europĂ€ische Schnitt. Im EU-LĂ€nder-Vergleich hat sich Ăsterreich damit â so berichtet Greenpeace â innerhalb von zehn Jahren um 13 PlĂ€tze verschlechtert. Zudem wird bei uns nur ein Drittel des PlastikmĂŒlls recycelt. Malaysia hat uns gerade eine illegal dort entsorgte Schiffsladung mit PlastikmĂŒll retourniert.
Konzerne besteuern
Und noch eine weitere Meldung mit EU-Bezug lieĂ aufhorchen: Die EU-Kommission will, dass groĂe Konzerne jedem Land die Höhe des Umsatzes und die Zahl der BeschĂ€ftigten melden. Das ist dann die Grundlage fĂŒr die Steuerleistung.
Bislang gibt es die groteske Situation, dass Besitzer eines WĂŒrstelstands teilweise mehr Steuern zahlen als der eine oder andere GroĂkonzern. Der Vorschlag der EU ist vier Jahre am Widerstand von Wirtschaftslobbys und konservativen Regierungen gescheitert. Man ahnt es: darunter auch Ăsterreich. Erst in der gar nicht so schrecklichen Zeit unserer âExpertenregierungâ und dem freien Spiel der KrĂ€fte im Nationalrat war es 2019 möglich, die Regierung zur Zustimmung zu dieser Initiative der EU-Kommission zu verpflichten.
Die EU ist alles andere als perfekt. Das gilt aber auch fĂŒr Ăsterreich. Die zwei erwĂ€hnten Vorgaben aus BrĂŒssel sind sinnvoll. Nur eine wurde bislang umgesetzt. In Sachen Plastiksteuer warten wir noch darauf.
Nicht wenige erwarten angesichts der Differenzen zwischen GrĂŒnen und ĂVP schon die nĂ€chste Regierungskrise und baldige Neuwahlen. Dazwischen könnte es wieder eine Expertenregierung und ein freies Spiel der KrĂ€fte im Nationalrat geben: Ein Armutszeugnis fĂŒr die heimische Politik, wenn das wirklich die einzige Chance ist, diesen ĂŒberfĂ€lligen Beschluss zu fassen.