Verkehrspolitik mit Tunnelblick

2022-09-05T08:51:05+02:0005.09.22, 8:51 |Kategorien: Klima und Umwelt|Tags: , , , , |

Bild aus umweltnetz-schweiz.ch

Manager berufen sich ja gerne auf ihren angeblichen Weitblick – zuletzt in Vorarlberg der Chef der Industriellenvereinigung. In Sachen Verkehrspolitik oder beim Thema Klimakrise erweist sich der aber bei nĂ€herem Hinsehen nicht selten als Tunnelblick. Zu diesem Thema habe ich in den „Vorarlberger Nachrichten“ unter dem Titel „Tunnelblick“ einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Wir haben langsam genug von schlechten Nachrichten: Energiekrise, Ukraine-Krieg, Inflation, Klimakrise usw. Doch den Kopf in den Sand stecken hilft nicht, wir mĂŒssen uns den Problemen stellen.

Letzte Woche ließ erneut eine Meldung erschauern: Die US-Klimabehörde meldete die höchste CO2-Konzentration in der AtmosphĂ€re seit einer Million Jahren! Gleichzeitig leugnet ein Herbert Kickl im ORF-SommergesprĂ€ch die Klimakrise, und der ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager – Klimasprecher! – verkĂŒndet, ein Klimaschutzgesetz habe „nicht oberste PrioritĂ€t“.

Ohne VerantwortungsgefĂŒhl

Solche Positionen sind unverantwortlich, solche Politiker untragbar. Nicht nur die subjektive Erfahrung eines und einer jeden von uns, sondern alle ernstzunehmenden Studien bestĂ€tigen, wohin die Klimareise geht: Der Planet heizt sich auf. Der Ausstoß von Treibhausgasen erreicht von Jahr zu Jahr Rekordniveau, der Meeresspiegel steigt, Gletscher schmelzen wie Butter in der Sonne.

Eine dĂ€nische Forschergruppe hat errechnet, dass allein auf Grönland die Eisdecke in den letzten zwanzig Jahren um rund 4700 Milliarden Tonnen zurĂŒckgegangen ist. 4.700.000.000.000 Tonnen! Das ist genug, um die gesamten USA einen halben Meter unter Wasser zu setzen.

LĂ€ngst ist klar, dass sich die Situation in den nĂ€chsten Jahren weiter dramatisch verschlechtern wird. Wir können nur noch versuchen, das AllerĂ€rgste zu verhindern. Und das nur dann, wenn umgehend gegengesteuert wird. Da nutzt es wenig, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Wir alle sind in der Pflicht. Unseren Kindern gegenĂŒber. Unseren Enkeln gegenĂŒber. Seit ĂŒber 600 Tagen und somit seit 2020 hat Österreich kein Klimaschutzgesetz mehr. Dieses Gesetz sollte regeln, wieviel CO2 jĂ€hrlich eingespart werden muss. Und das soll – so der ÖVP-Klimasprecher – „nicht oberste PrioritĂ€t“ haben?

Derzeit steigert Österreich abgesehen vom ersten „Corona-Jahr“ seine CO2-Emissionen sogar, statt den Ausstoß radikal zu senken. Und international ist die Klimakrise lĂ€ngst der Hauptgrund fĂŒr die weltweite Fluchtbewegung: Wie sollen Menschen in den DĂŒrregebieten ĂŒberleben, wenn ĂŒber Jahre ĂŒberhaupt kein Regen mehr fĂ€llt? Auch kriegerische Konflikte um das Wasser werden weltweit zunehmen.

Bock und GĂ€rtner

Mehr Straßen bringen noch mehr Verkehr. Auch in Vorarlberg muss umgedacht und die völlig ungehemmte Versiegelung von Grund und Boden wie beim Steinzeit-Projekt S18 gestoppt werden, das gilt auch fĂŒr die völlig ĂŒberdimensionierte Feldkircher Tunnelspinne. Wenn der Chef eines Auto-Zulieferers „mehr Weitblick“ und ein „Weiter-so-wie-bisher“ im Straßenbau fordert, hat er kurzfristige Profitinteressen und einen Tunnelblick. „Weitblick“ hat er keinen.

Da vertraue ich mehr jenem HĂ€uptling der Cree, dem eine bekannte Weissagung zugeschrieben wird: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“