mikl-leitner_mauthausen_figlVor Jahrzehnten kursierte ein Witz: Was passiert in Österreich, wenn ein Posten frei wird? Es werden drei Neue angestellt. Ein Roter, ein Schwarzer und einer, der arbeitet.

Der Witz war kein Witz, sondern entsprach weitgehend der Realität. Ich erinnere mich noch gut an die Sensationsmeldung, als in der Steiermark in den 1980er-Jahren erstmals an einem Gymnasium in Graz eine parteifreie Lehrerin zur Direktorin ernannt wurde – das aber nur nach massivem Druck durch Eltern und LehrerInnen.

Wir wissen, dass auch noch heute relevante Jobs nach dem Prinzip der Parteizugehörigkeit vergeben werden, nicht mehr durchgängig, aber dennoch oft genug. Die BürgerInnen haben schon längst die Nase voll, der Aufstieg der FPÖ unter Jörg Haider war auch davon die Folge. Nun wissen wir, dass FPÖ/BZÖ, als sie im Bund und in Kärnten an der Regierung waren, das Prinzip, Jobs an fachfremde und unfähige Parteimitglieder zu vergeben, zur Vollendung gebracht haben.

Immer wieder beteuern RegierungsvertreterInnen, nunmehr Posten in objektivierten Vergabeverfahren zu besetzen. Wie viel diese Sonntagsreden wert sind, mussten wir einmal mehr gestern zur Kenntnis nehmen. Im Innenausschuss wurde gegen die Stimmen der Grünen und Neos das Gedenkstättengesetz, das die Auslagerung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und seiner Nebenlager in eine Bundesanstalt regelt, angenommen. Im wichtigsten Organ, dem Kuratorium, sind zehn VertreterInnen aus schwarzen und roten Ministerien vorgesehen, zudem je ein Sitz für das der SPÖ nahestehende österreichische und internationale Mauthausenkomitee, für den Betriebsrat und auch für die schwarze Gewerkschaft des öffentlichen Diensts (GÖD). Die Vorsitzenden des wissenschaftlichen und des internationalen Beirats dürfen dabei sein, aber nicht mitstimmen. Dass etwa im internationalen Beirat alle Sozialpartner samt Industriellenvereinigung vertreten sind, die niederösterreichische (!) Landesregierung und jemand aus dem Wiener Stadtsenat, ist nur mehr als großkoalitionäre Draufgabe zu bewerten. Das sind zwar noch keine Jobs, sondern diese Besetzung bedeutet „nur“ die Absicherung der Einflusssphären, aber die Bestellung der Geschäftsführung und deren Vertretung steht noch aus. Wie die wohl ausgehen wird, ist absehbar.

Auf meine Kritik an dieser Besetzungspraxis kam von Werner Amon (ÖVP) denn doch eine erstaunliche Antwort. Er bestritt die Proporzbesetzung nicht einmal, sondern begründete diese, indem er meinte, man wolle dadurch dem Geist der „Lagerstraße“ Rechnung tragen. Gemeint ist hier die gemeinsame Hafterfahrung von sozialistischen und christlichsozialen Parteiangehörigen in Konzentrationslagern, die nach den Auseinandersetzungen im Austrofaschismus zu einer Versöhnung der beiden Lager und dem Willen der Zusammenarbeit beim Wiederaufbau des Landes beigetragen hätte.

Nur, den Mythos der „Lagerstraße“ zu bemühen, um sich wieder einmal die großkoalitionäre Einflussnahme zu sichern, ist 71 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus nicht nur retro, sondern einfach frech. Es überrascht auch mich immer wieder, wie hingebungsvoll Rot und Schwarz weiter an ihrem Selbstmord basteln, indem sie aus der Geschichte nichts lernen. Eine Tragödie!

Foto BM.I: Johanna Mikl-Leitner 2012 bei der Enthüllung des Figl-Denkmals in Mauthausen. (http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_oeffentlichesicherheit/2012/11_12/files/mauthausen_figl.pdf)