Die Zivilgesellschaft ist gefordert!
Man erschrickt ĂŒber die Vielzahl antisemitischer, rassistischer und neonazistischer VorfĂ€lle in Ăsterreich. Die Medien sind voll davon. âAuf der Plattform âStoppt die Rechtenâ kann man das fast im Tagesrhythmus nachlesen.
In den âVorarlberger Nachrichtenâ habe ich unter dem Titel âAuf dem Weg nach rechts?â dazu Stellung bezogen. Hier zum Nachlesen ohne Bezahlschranke:
Die antisemitischen, neonazistischen und rassistischen VorfÀlle der letzten Tage erschrecken.
In Graz attackierte ein syrischer FlĂŒchtling den PrĂ€sidenten der jĂŒdischen Gemeinde mit einem HolzknĂŒppel. In KĂ€rnten wurde bekannt, dass bei einem FPĂ-Gemeinderat Hakenkreuzfahnen, NS-Orden und Puppen in Nazi-Uniform gefunden wurden. Und in Telfs forderte eine ĂVP-Mandatarin die Entlassung eines Gemeinde-Mitarbeiters, weil er nicht aus dem Ort stamme. Titel des Antrags: âTelfer Blutâ.
Wie reagieren Gesellschaft und Politik? In Telfs haben sich immerhin mehrere ĂVP-Vertreter âauf das AllerschĂ€rfste von solch einer Diktionâ distanziert. In Graz wurde noch in der Nacht des Anschlags vom zustĂ€ndigen Bezirksvorsteher eine Mahnwache vor der Synagoge organisiert, an der auch Vertreter des islamischen Kulturzentrums teilnahmen.
Judenhass nur importiert?
Hinterfragbar sind Stellungnahmen aus der âhohen Politikâ. FPĂ-GeneralsekretĂ€r Herbert Kickl forderte, dass man âinsbesondere dem aus muslimischen LĂ€ndern importierten Judenhass mit aller HĂ€rteâ begegnen mĂŒsse. Muss man! Aber auch dem âhauseigenenâ. Von einer Forderung nach âHĂ€rteâ gegen seinen KĂ€rntner Parteifreund war nichts zu hören.
Das verwundert nicht. Immerhin hat Kickl als Innenminister jemanden zu seinem Kommunikationschef gemacht, der zuvor Chefredakteur einer Plattform war, die laut Verfassungsschutz âantisemitische Tendenzenâ und Fremdenfeindlichkeit aufwies. Zudem vergisst Kickl, dass laut Antisemitismus-Bericht 83 Prozent der erfassten antisemitischen VorfĂ€lle rechtsextremen Hintergrund hatten.
Die islamische Judenfeindlichkeit nimmt zu. Wir haben aber auch ein Problem mit Islamfeindlichkeit, mit Empathielosigkeit gegenĂŒber FlĂŒchtlingen, mit christlichem Antisemitismus und dem rassistischen deutschnationaler Provenienz.
Der Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer bezeichnet das als Entwicklung zu einer ârohen BĂŒrgerlichkeitâ, die zunehmend auch die âbesseren Kreiseâ erfasse.
Funktioniert der Staat?
Umso wichtiger ist in so einer Situation, dass staatliche Einrichtungen funktionieren. Dass in KĂ€rnten das Verfahren gegen den FPĂ-Gemeinderat bereits eingestellt wurde, fördert das Vertrauen nicht. Die KĂ€rntner Staatsanwaltschaft meinte, es sei nicht sicher, dass die âNazi-Ausstellungâ auch anderen Personen zugĂ€nglich war.
Gegen Tristan Ammerer hingegen, den Organisator der Mahnwache in Graz, wurde vom Wachzimmer KarlauerstraĂe ein Verfahren eingeleitet. Ăbrigens stehen zwei Grazer Beamte nĂ€chste Woche wegen Verdachts auf WiederbetĂ€tigung vor Gericht, weil sie in den letzten Jahren unzĂ€hlige neonazistische und antisemitische Hassbotschaften verschickt hĂ€tten. In der ersten Verhandlung meinte einer, solche Botschaften seien âĂŒblich im Polizeidienstâ. Sein Arbeitsplatz: KarlauerstraĂe.