âGstopfteâ schröpfen?
Unser Steuersystem ist ungerecht, weil es die finanziell Privilegierten bevorzugt. Vor allem rechte Parteien lehnen VerĂ€nderungen ab – in Ăsterreich gerne mit Verweis auf die hohe Steuerquote. Die Frage ist aber, wer die Last dieser Steuerquote zu tragen hat: die da oben oder die da unten? Unter dem Titel âGstopfte schröpfen?â habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:
Eine sachliche Diskussion ĂŒber das Thema Steuergerechtigkeit fehlt weitgehend. Leider! Sie wĂ€re dringend nötig, werden doch die Superreichen immer reicher, wĂ€hrend Arme immer Ă€rmer werden. Eine Politik, die da nicht gegensteuert, agiert als âHure der Reichenâ, wie das Thomas Schmid, ehemaliger Vertrauter von Sebastian Kurz, einmal in anderem Zusammenhang prĂ€zise auf den Punkt gebracht hat.
Das Wirtschaftsmagazin âForbesâ hat das Vermögen von Dietrich Mateschitz auf 35,97 Milliarden Euro geschĂ€tzt. Sein einziger Sohn Mark hat keinen Cent Erbschaftssteuer bezahlen mĂŒssen. Ist es gerecht, fĂŒr eine Milliarden-Erbschaft keine Steuern zu zahlen? WĂ€hrend Geringverdiener schon ab monatlich unter 1.200 Euro steuerpflichtig sind?
In anderen LĂ€ndern schĂŒttelt man darĂŒber den Kopf. In SĂŒdkorea beispielsweise â ein alles andere als kapitalismusfeindlicher Staat â mussten die Erbinnen und Erben des Technologie-Imperiums Samsung gleich 50 Prozent ihres Erbanteils an den Staat abtreten â umgerechnet rund zehn Milliarden Euro. Ăffentlich bekannten sie sich dazu: Das Bezahlen der Steuer sei âihre Pflicht und Verantwortung als BĂŒrgerâ. Die Entwicklung in den westlichen Staaten geht allerdings seit Jahrzehnten in die Gegenrichtung.
In den USA hat PrĂ€sidenten Ronald Reagan vor etwa 40 Jahren damit begonnen, Reiche und Superreiche steuerlich zu entlasten. Viele in Europa fanden das toll. In Ăsterreich liegt heute der Anteil vermögensbezogener Steuern bei nicht einmal 1,4 Prozent, frĂŒher waren es rund 4 Prozent. Die politischen Auswirkungen dieser Entwicklungen sind weltweit vergleichbar: Von der Wut der AbgehĂ€ngten profitieren ausgerechnet jene, die die Kluft zwischen Arm und Reich noch vergröĂern wollen â egal ob sie Marine Le Pen, Donald Trump, Björn Höcke oder Herbert Kickl heiĂen.
Es gibt auch vernĂŒnftige Superreiche, die wissen, dass ihnen ein gerechtes Steuersystem schlussendliche zugutekommt. Der MilliardĂ€r Hans Peter Haselsteiner beispielsweise kann sich neue Steuern fĂŒr Reiche vorstellen: âGerade den Gstopften sollte der soziale Friede etwas wert sein.â Auch Andreas Treichl, langjĂ€hriger Vorstandschef der Erste Bank, Ă€uĂerte sich Ă€hnlich.
Meist allerdings wird in populistischer Manier so getan, als ob eine Erbschaftssteuer fĂŒr Reiche auch den Mittelstand treffen wĂŒrde und das Einfamilienhaus oder der ersparte Notgroschen in Gefahr wĂ€ren. Rechte Parteien fordern sogar Steuersenkungen â allerdings ohne konkreten Hinweis, wo gespart werden soll â bei Bildung oder im Gesundheitssystem, an der Sicherheit oder âŠ
Wer ein intaktes Schul- und funktionierendes Gesundheitssystem, Ă€uĂere und innere Sicherheit sowie verlĂ€ssliche Pensionszahlungen will, der muss fĂŒr ein gerechteres Steuersystem eintreten. Oder, um es mit Haselsteiner zu sagen: Die âGstopftenâ mĂŒssen mehr als bisher zum Steueraufkommen beitragen!