26. September 2024

„Gstopfte“ schröpfen?

2024-09-26T12:45:22+02:0026.09.24, 10:50 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|Tags: , |

Unser Steuersystem ist ungerecht, weil es die finanziell Privilegierten bevorzugt. Vor allem rechte Parteien lehnen VerĂ€nderungen ab – in Österreich gerne mit Verweis auf die hohe Steuerquote. Die Frage ist aber, wer die Last dieser Steuerquote zu tragen hat: die da oben oder die da unten? Unter dem Titel „Gstopfte schröpfen?“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Eine sachliche Diskussion ĂŒber das Thema Steuergerechtigkeit fehlt weitgehend. Leider! Sie wĂ€re dringend nötig, werden doch die Superreichen immer reicher, wĂ€hrend Arme immer Ă€rmer werden. Eine Politik, die da nicht gegensteuert, agiert als „Hure der Reichen“, wie das Thomas Schmid, ehemaliger Vertrauter von Sebastian Kurz, einmal in anderem Zusammenhang prĂ€zise auf den Punkt gebracht hat.

Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ hat das Vermögen von Dietrich Mateschitz auf 35,97 Milliarden Euro geschĂ€tzt. Sein einziger Sohn Mark hat keinen Cent Erbschaftssteuer bezahlen mĂŒssen. Ist es gerecht, fĂŒr eine Milliarden-Erbschaft keine Steuern zu zahlen? WĂ€hrend Geringverdiener schon ab monatlich unter 1.200 Euro steuerpflichtig sind?

In anderen LĂ€ndern schĂŒttelt man darĂŒber den Kopf. In SĂŒdkorea beispielsweise – ein alles andere als kapitalismusfeindlicher Staat – mussten die Erbinnen und Erben des Technologie-Imperiums Samsung gleich 50 Prozent ihres Erbanteils an den Staat abtreten – umgerechnet rund zehn Milliarden Euro. Öffentlich bekannten sie sich dazu: Das Bezahlen der Steuer sei „ihre Pflicht und Verantwortung als BĂŒrger“. Die Entwicklung in den westlichen Staaten geht allerdings seit Jahrzehnten in die Gegenrichtung.

In den USA hat PrĂ€sidenten Ronald Reagan vor etwa 40 Jahren damit begonnen, Reiche und Superreiche steuerlich zu entlasten. Viele in Europa fanden das toll. In Österreich liegt heute der Anteil vermögensbezogener Steuern bei nicht einmal 1,4 Prozent, frĂŒher waren es rund 4 Prozent. Die politischen Auswirkungen dieser Entwicklungen sind weltweit vergleichbar: Von der Wut der AbgehĂ€ngten profitieren ausgerechnet jene, die die Kluft zwischen Arm und Reich noch vergrĂ¶ĂŸern wollen – egal ob sie Marine Le Pen, Donald Trump, Björn Höcke oder Herbert Kickl heißen.

Es gibt auch vernĂŒnftige Superreiche, die wissen, dass ihnen ein gerechtes Steuersystem schlussendliche zugutekommt. Der MilliardĂ€r Hans Peter Haselsteiner beispielsweise kann sich neue Steuern fĂŒr Reiche vorstellen: „Gerade den Gstopften sollte der soziale Friede etwas wert sein.“ Auch Andreas Treichl, langjĂ€hriger Vorstandschef der Erste Bank, Ă€ußerte sich Ă€hnlich.

Meist allerdings wird in populistischer Manier so getan, als ob eine Erbschaftssteuer fĂŒr Reiche auch den Mittelstand treffen wĂŒrde und das Einfamilienhaus oder der ersparte Notgroschen in Gefahr wĂ€ren. Rechte Parteien fordern sogar Steuersenkungen – allerdings ohne konkreten Hinweis, wo gespart werden soll – bei Bildung oder im Gesundheitssystem, an der Sicherheit oder 


Wer ein intaktes Schul- und funktionierendes Gesundheitssystem, Ă€ußere und innere Sicherheit sowie verlĂ€ssliche Pensionszahlungen will, der muss fĂŒr ein gerechteres Steuersystem eintreten. Oder, um es mit Haselsteiner zu sagen: Die „Gstopften“ mĂŒssen mehr als bisher zum Steueraufkommen beitragen!

12. September 2024

„GlĂŒcksfall EU!“

2024-09-12T10:58:56+02:0012.09.24, 9:44 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|Tags: , , |

Was wĂ€re, wenn wir die vielgescholtene EU nicht hĂ€tten? Europa wĂ€re nicht nur (wie schon jetzt) ein politischer Zwerg, sondern zusĂ€tzlich auch noch ein wirtschaftlicher. In diesem Bereich aber zeigt die Kommission – unterstĂŒtzt von der unabhĂ€ngigen Justiz im EuGH – zunehmend ZĂ€hne und weist auch scheinbar allmĂ€chtige Großkonzerne in die Schranken. Und zwar mit Erfolg. Neben anderen Vorteilen ist auch dasein wichtiger Pluspunkt, den unser Land ohne die EU nicht fĂŒr sich verbuchen könnte.

Unter dem Titel „GlĂŒcksfall EU!“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar geschrieben. Hier zum Nachlesen:

Am Dienstag hat der EuropÀische Gerichtshof eine von der EU-Kommission verhÀngte Geldstrafe in Höhe von 2,4 Milliarden Euro gegen den amerikanischen Google-Konzern bestÀtigt. Damit nicht genug: Auch der Apple-Konzern verlor seinen Kampf um SteuernachlÀsse in Irland und muss insgesamt 13 Milliarden nachzahlen.
Das sind keine EinzelfĂ€lle. Allein wegen WettbewerbsverstĂ¶ĂŸen hat die EU in den letzten Jahren eine ganze Reihe an Milliardenstrafen gegen Banken, Auto- und Chemiekonzerne etc. ausgesprochen. Die Einzelstaaten der EU hĂ€tten dazu wohl kaum genĂŒgend Kraft. Das sollte all jenen zu denken geben, die „BrĂŒssel“ stets fĂŒr alle möglichen MissstĂ€nde verantwortlich machen.

Der Richterspruch in Luxemburg ist auch eine schallende Ohrfeige fĂŒr das EU-Mitglied Irland. Das Steuerparadies hatte Apple eine Steuerquote von 0,005 Prozent (!) eingerĂ€umt und dadurch die EU-Beihilferichtlinien verletzt. Damit ist es vorbei. Der iPhone-Hersteller muss die saftige Steuernachzahlung leisten.

Wo wĂ€re Österreich ohne die EU? Ein kleines Land inmitten des weltweit aggressiver werdenden Raubtierkapitalismus? Ein Land wie die reiche Schweiz, die sich in zunehmend komplizierterer AbhĂ€ngigkeit von der EU befindet, unzĂ€hlige Abkommen schließen muss, um am Binnenmarkt teilnehmen zu können, aber nicht mitbestimmen darf und dennoch mitzahlen muss? Kleine LĂ€nder können von global agierenden Konzernen leicht gegeneinander ausgespielt werden – zumal wenn deren BIP deutlich niedriger ist als der Jahresumsatz der Unternehmen.

Freilich ist es fĂŒr hiesige Politiker einfach, die Verantwortung fĂŒr unliebsame Entscheidungen oder gar eigenes Versagen nach Europa abzuschieben. Dass diese populistischen Angriffe auf „BrĂŒssel“ bei vielen Menschen auf fruchtbaren Boden fallen liegt auch in der Verantwortung der Medien. Sie greifen allzu oft europapolitische Debatten mit der „wir gegen die“-MentalitĂ€t auf. Die zur Zeit stattfindende Diskussion um die Schließung nationalstaatlicher Grenzen ist ein gutes Beispiel dafĂŒr.

Dass ein „Öxit“ wie der Brexit ein Spiel mit dem Feuer ist und auch jenen Unternehmen großen Schaden zufĂŒgen wĂŒrde, die populistische Parteien mit ihren Attacken gegen die EU finanziell teilweise krĂ€ftig unterstĂŒtzen, haben die Briten – mit ihrer deutlich grĂ¶ĂŸeren Wirtschaftskraft als Österreich – leidvoll erfahren.

Aber zurĂŒck zum Optimismus: Der politische Zwerg Europa zeigt zumindest wirtschaftlich ZĂ€hne. Unser Kontinent ist diesbezĂŒglich nĂ€mlich eine Großmacht und obsiegt gegen scheinbar allmĂ€chtige Riesenkonzerne. Die Regeln der EU werden daher weltweit grĂ¶ĂŸtenteils umgesetzt. Das sollte Ansporn sein, statt nach weniger nach mehr Europa zu rufen und eine politische Union Wirklichkeit werden zu lassen. Kleinstaaterei ist nicht der Weg aus der, sondern in die Krise. SolidaritĂ€t dagegen wirkt – auch gegen scheinbar ĂŒbermĂ€chtige Gegner wie Google oder Apple.

25. April 2024

Tax the rich!

2024-04-25T11:37:43+02:0025.04.24, 11:37 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|Tags: , , , |

unter anderem Es ist ein altbekanntes Lied: Die Reichen zahlen in Österreich zu wenig in den Steuertopf ein! Die letzte Woche vom Momentum-Institut prĂ€sentierte Studie belegt das erneut. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Fehlende Steuergerechtigkeit“. Hier zum Nachlesen:

Die Superreichen zahlen zu wenig Steuern. Das ist nicht nur in Österreich so, sondern gilt beispielsweise auch in Deutschland. Belegt wird die Behauptung durch eine letzte Woche prĂ€sentierte internationale Studie mehrerer unabhĂ€ngiger Organisationen. Aus Österreich war das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut mit dabei. Die Fragestellung war einfach: Wie hoch ist die effektive steuerliche Belastung der Superreichen, wie hoch jene des Mittelstandes. Die Resultate sind erstaunlich.

Die Ergebnisse fĂŒr Österreich: Die Steuerbelastung einer durchschnittlichen Mittelstandsfamilie liegt bei etwa 42 Prozent. MultimillionĂ€re zahlen im Schnitt nur circa 30 Prozent. Je höher das Einkommen, desto geringer wird die prozentuelle Belastung: So liegt laut Studie der effektive Steuersatz des mit 32 Milliarden reichsten Österreichers, dem Red-Bull-Erben Mark Mateschitz, bei mickrigen 26 Prozent und somit noch einmal deutlich unter dem der anderen Superreichen.

Warum ist das so?

Die Arbeitseinkommen werden vom Arbeitgeber gemeldet, sind somit meist gut erfasst und werden progressiv besteuert. Bei Einkommen aus Kapital und Vermögen ist das anders. Einerseits sind KapitaleinkĂŒnfte und Unternehmensgewinne steuerlich privilegiert und geringer besteuert. Zudem können sie von den Finanzbehörden schwerer erfasst werden und sind oft – die Ermittlungen rund um die Firmenstruktur von RenĂ© Benko zeigen das – in komplexen Beteiligungsgesellschaften geparkt.

In der Schweiz gibt es neben der Einkommens- auch eine Vermögenssteuer. Unsere Nachbarn empörten sich daher nach Erscheinen der Studie: Ihr Land gelte als Steuerparadies fĂŒr Superreiche, dabei wĂŒrden bei ihnen laut Studie MultimillionĂ€re und MilliardĂ€re wie Mateschitz meist – von Kanton zu Kanton unterschiedlich – stĂ€rker besteuert als etwa in Österreich oder Deutschland.

Gerecht und sinnvoll?

Ein gerechtes Steuersystem muss progressiv sein: Je höher das Einkommen desto höher der Steuersatz. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Steuervermeidung und -hinterziehung sollten zudem weitgehend verunmöglicht werden, sodass alle ihren Anteil zur Finanzierung von Schulen, KrankenhĂ€usern, der Schienen- und Straßeninfrastruktur, Sicherheit, Pensionen etc. beitragen.

Steuergerechtigkeit ist zudem im ureigensten Interesse denkender Superreicher, denn sie ist eine der Voraussetzungen dafĂŒr, dass es sozialen Frieden gibt. Davon profitieren auch und vor allem sie. Zuletzt forderten deshalb im JĂ€nner auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 260 Superreiche, höher besteuert zu werden: Soziale Ungleichheit und die Klimakrise mĂŒssten bekĂ€mpft werden, sonst werde ein „Kipppunkt“ erreicht und Unruhen drohten. Das sei nicht radikal, sondern eine „RĂŒckkehr zur NormalitĂ€t“ und eine „Investition in unsere demokratische Zukunft“.

Das ist ebenso verantwortungsbewusst wie vernĂŒnftig und sollte Anlass genug sein, auch bei uns endlich ĂŒber Steuergerechtigkeit zu reden.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr


Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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