15. MĂ€rz 2021

Kickl & Co. sind brandgefÀhrlich

2021-03-15T09:22:05+01:0015.03.21, 9:08 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

RegelmĂ€ĂŸige Ausschreitungen sind in Österreich ungewöhnlich, passieren derzeit aber Woche fĂŒr Woche. Im Hintergrund schĂŒren FPÖ, IdentitĂ€re und andere Rechtsextreme. Sie sind derzeit politisch auch die Profiteure. Die FPÖ lenkt ab vom Desaster ihrer Regierungbeteiligung, den unzĂ€hligen KorruptionsfĂ€llen und den rechtsextremen „EinzelfĂ€llen“. IdentitĂ€re und andere Rechtsextreme haben plötzlich die Möglichkeit, sich als „Volksbewegung“ zu prĂ€sentieren. In den „Vorarlberger Nachrichten“ habe ich unter dem Titel „Rechte Chaoten?“ dazu einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Die Bilder gleichen sich. Woche fĂŒr Woche ziehen tausende Rechtsextreme, Neonazis und biedere Corona-Leugner durch die Straßen. Nicht selten kommt es zu Ausschreitungen. Den Ton geben dabei meist FPÖ-FunktionĂ€re, „IdentitĂ€re“ und Neonazis an.

So auch am letzten Wochenende in Wien. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl hielt vor rund 10.000 Menschen gleich zwei Brandreden. Die aufgeheizte Menge zog danach ins Zentrum des jĂŒdischen Wien, verhöhnte den Holocaust und attackierte Exekutivbeamten derart massiv, dass schlussendlich vier Polizisten und ein Wachmann zum Teil schwerverletzt zurĂŒckblieben. Es hagelte ĂŒber 3.000 Anzeigen, 42 Personen wurden festgenommen − einzigartig in der 2. Republik. Österreich 2021!

Offene Fragen

Mit dabei bei diesen Exzessen waren auch auslÀndische GÀste. Einer von ihnen war AfD-Bundestagsabgeordneter Stefan Bauer, der sich auch mit Kickl getroffen hat: Was die beiden besprochen haben, wurde nicht berichtet. Was Bauer zuvor gemacht hat, hingegen schon.

Er war in der KZ-GedenkstĂ€tte Mauthausen und hat dort ein Video gedreht, in dem Corona-Impfstoffe mit dem in Auschwitz verwendeten Giftgas „Zyklon B“ verglichen wurden. Inzwischen wird gegen Bauer wegen WiederbetĂ€tigung ermittelt.

Abscheuliche Rhetorik

ÖVP-Innenminister und der ÖVP-Sicherheitssprecher kritisierten den frĂŒheren Innenminister Kickl und dessen „abscheuliche Rhetorik“. Einige Themen haben die beiden wohlweislich ausgelassen:  Wer hat die FPÖ 2017 in die Regierung geholt? War die FPÖ-Rhetorik davor anders als heute? Waren Warnungen vor Kickl 2017 nicht schon deutlich genug? War die FPÖ eine „normale Partei“?

Es gibt deutliche Hinweise, dass sich die „NormalitĂ€t“ in Österreich verschiebt. Innenministerium und „SOS Mitmensch“ haben letzte Woche erschreckende Berichte vorgelegt − ĂŒber antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus.

Rassismus in Österreich

Demnach haben sich 2020 antimuslimische und rassistische Äußerungen und VorfĂ€lle mehr als verdoppelt: „Zentrale Akteurin des offenen antimuslimischen Rassismus (
 ) war und ist die Freiheitliche Partei Österreichs“, heißt es im Bericht von SOS-Mitmensch.

Mindestens ebenso verstörend ist die Antisemitismusstudie des Innenministeriums: 28 Prozent stimmen beispielsweise der Aussage zu, dass „eine mĂ€chtige und einflussreiche Elite (z. B. Soros, Rothschild, Zuckerberg, 
)“ die Pandemie nutze, „um ihren Reichtum und politischen Einfluss auszubauen“. Der Leiter der Studie stellt daher klar: „Personen mit hohem Hang zu Verschwörungsmythen sind deutlich antisemitischer als der Rest der Bevölkerung.“

Damit wĂ€ren wir wieder bei den Corona-Demonstrationen, der FPÖ und Herbert Kickl. Dabei handelt es sich nicht um rechte Chaoten, sondern um prĂ€zise kalkulierende Politik. Die derzeitige Situation in Österreich − und leider auch in anderen EU-Staaten − ist brandgefĂ€hrlich.

1. Februar 2021

Arik Brauer hÀtte noch viel zu sagen gehabt!

2021-02-01T13:57:05+01:0001.02.21, 13:56 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Menschenrechte|Tags: , |

Das Multitalent Arik Brauer hatte der Welt viel zu sagen. Er war Mahner ohne Eiferer zu sein und ein politisch denkender  „Gutmensch“ im besten Sinne des Wortes. Der Welt hĂ€tte er in Tagen wie diesen noch viel zu sagen gehabt. Meine EinschĂ€tzung dazu habe ich in meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ unter dem Titel „Köpferl im Sand“? beschrieben:

Letzte Woche ist das Multitalent Arik Brauer mit 92 Jahren gestorben. Er war Maler, SĂ€nger, Architekt, TĂ€nzer, Komponist, Grafiker, BĂŒhnenbildner und anderes mehr. Brauer ĂŒberlebte die NS-Zeit in Wien bei nichtjĂŒdischen Familienmitgliedern und zuletzt als sogenanntes „U-Boot“. Das Multitalent hat sich Zeit seines Lebens engagiert − fĂŒr die Umwelt, fĂŒr eine gerechte Gesellschaft, gegen Kaltherzigkeit, Rassismus und Antisemitismus.

In der letzten Woche hĂ€tte er einigen Anlass gehabt aufzubegehren: die unnötige und herzlose Abschiebung von bestens integrierten FlĂŒchtlingskindern, antisemitische Codes bei „Corona-Demonstrationen“ und andere rechtsextreme Umtriebe.

„Nationale Strategie“

Von der Regierung gab es diesbezĂŒglich unterschiedliche Botschaften. Fast zeitgleich mit Brauers Tod prĂ€sentierte sie eine „Nationale Strategie gegen Antisemitismus“. Das ist ebenso erfreulich wie notwendig. Dazu gehört die Schaffung von Bildungsangeboten, die Einrichtung einer Dokumentationsstelle und die konsequentere Strafverfolgung von Delikten und TĂ€tern. Bislang steht das alles allerdings nur auf dem Papier.

Die meisten antisemitischen VorfĂ€lle in Österreich sind rechtsextrem motiviert oder gehen von islamistischen Fanatikern aus. Wenn die Politik den Judenhass wirksam bekĂ€mpfen will, muss sie die Zivilgesellschaft einbinden. Das sei der „SchlĂŒssel zum Erfolg“, erklĂ€rte StaatssekretĂ€rin Karoline Edtstadler zurecht.

Rechtsextreme gefördert

Es gibt aber Zweifel daran, ob dem schönen PR-Auftritt ernsthafte Maßnahmen gegen den Antisemitismus folgen werden. Das Land Oberösterreich beispielsweise hat erneut den deutsch-nationalen „Corporationen“ − darunter nicht wenige mit eindeutig rechtsextremer Ausrichtung − eine Förderung in Höhe von 110.000 Euro zukommen lassen.

Die Förderung war im Budgetdschungel des Landes gut versteckt. Erst Recherchen der „Solidarwerkstatt Linz“ haben sie öffentlich gemacht. ÖVP, FPÖ und GrĂŒne stimmten zu, nur die SPÖ war dagegen. In einem Kommentar im „Standard“ gibt der Schriftsteller und Regisseur Kurt Palm zu bedenken, dass mit dieser Subvention zumindest indirekt die Auftritte neonazistischer Liedermacher und des IdentitĂ€ren-Chefs Martin Sellner − ein gern gesehener Gast in Oberösterreich − bezahlt und ermöglicht werden könnten. So geschehen jedenfalls in den letzten Jahren.

Das kann nun wirklich nicht im Sinn einer „Nationalen Strategie gegen Antisemitismus sein“! Das Wegschauen bei gesellschaftlichen und politischen Problemen hat in Österreich leider Tradition. Helmut Qualtinger das einst mit seinem „Herrn Karl“ genial interpretiert. Und Arik Brauer hat es bitterböse besungen: „Waun da Wind wahd, do steckt er sein Köpferl in Sand.“
Brauers Kopf steckte nicht im Sand. Unser Kopf sollte es auch nicht, wenn Kinder abgeschoben werden oder sich Antisemitismus wieder breit macht.

E-Mail wurde erfolgreich kopiert
E-Mail wurde erfolgreich kopiert
26. Januar 2021

Holocaust-Gedenktag und Vorarlberg

2021-01-26T11:53:11+01:0026.01.21, 11:26 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , |

Am 27. JÀnner 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz durch die Soldaten der Roten Armee befreit. Seit 2005 ist der 27. JÀnner von der UNO offiziell zum Holocaust-Gedenktag erklÀrt worden.

Zu erinnern ist in Vorarlberg an diesem Tag vor allem an die heimischen Opfer des Rassenwahns. Sie wurden jahrzehntelang nicht beachtet und erst in letzter Zeit ist ihr Schicksal aufgearbeitet worden. Hier die kurzen Biografien jener Ermordeten aus unserem Land, an die mit sogenannten „Stolpersteinen“ erinnert wird: Liste der „Stolpersteine“ in Vorarlberg.

Zu erinnern ist aber auch an die Handlungsmöglichkeiten jener Menschen, die als „Arier“ keine Verfolgung fĂŒrchten mussten. Da möchte ich erinnern an zwei sehr unterschiedliche Menschen − die Bregenzer Krankenschwester Maria Stromberger (1898-1957) und den Arzt Irmfried Eberl (1910-1948).

Maria Stromberger (Bild) meldete sich freiwillig nach Auschwitz, hat vielen HĂ€ftlingen das Leben gerettet und spielte eine wichtige Rolle in der Widerstandsorganisation, die von den HĂ€ftlingen aufgebaut wurde. Sie hat Informationen in das und aus dem Lager geschmuggelt, Waffen und Sprengstoff ins Lager gebracht und den HĂ€ftlingen ĂŒbergeben. Nur mit GlĂŒck ĂŒberlebte sie – die Anerkennung fĂŒr ihre mutige Arbeit blieb nach 1945 aus. Im Prozess gegen Rudolf HĂ¶ĂŸ, den ehemaligen Kommandanten des KZ Auschwitz, war sie im Jahr 1947 in Warschau eine wichtige Zeugin. Ich habe ihr einen Artikel in der historischen Zeitschrift „Montfort“ gewidmet: „Der Engel von Auschwitz“.

So stammte mit Dr. Irmfried Eberl der erste Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka ebenfalls aus Bregenz. Zuvor leitete er die Tötungsanstalten in Brandenburg und Bernburg. Als KZ-Kommandant wurde er abgesetzt, weil er die Tötungsmaschinerie nicht in den Griff bekam: Tausende von Leichen lagen im ganzen Lagerbereich umher, das Lagerpersonal kam mit dem Verscharren in MassengrĂ€bern nicht mehr hinterher. Nach 1945 arbeitete er unter seinem richtigen Namen drei Jahre lang als Arzt weiter, beging dann im Jahr 1948 Suizid, nachdem sein Name im Buch „Der SS-Staat“ von Eugen Kogon erwĂ€hnt wurde.

Schuld an den unfassbaren Verbrechen in der NS-Zeit trĂ€gt Österreich nicht, Verantwortung ĂŒbernehmen aber mĂŒssen wir sehr wohl. Am Holocaust-Gedenktag gilt es, daran und an die Opfer zu erinnern. Und eben auch jene Verantwortung zu, die im Nachkriegsösterreich jahrzehntelang verdrĂ€ngt wurde. Heute bedeutet das vor allem en entschiedenen Kampf gegen den ĂŒberall aufflackernden Antisemitismus!

E-Mail wurde erfolgreich kopie
E-Mail wurde erfolgreich kopiert
E-Mail wurde erfolgreich kopiert

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr


Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


Zur Seite des Parlaments


Downloads