11. November 2019

Kellernazis

2019-11-11T14:05:51+01:0011.11.19, 13:59 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

FPÖ-Parteiobmann Norbert Hofer ist noch immer nicht in der Lage, den vorlĂ€ufig letzten der vielen rechtsextremen AusfĂ€lle in seiner Partei klar zu verurteilen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. In den „Vorarlberger Nachrichten“ habe ich in einem Gastkommentar zum Zustand der FPÖ Stellung bezogen. Eindeutiger Titel: „Kellernazis“.

In Deutschland beklagen alle demokratischen Parteien die rechtsextremen und antisemitischen AusfĂ€lle der AfD und schließen Koalitionen mit ihr aus. In Österreich haben wir uns an solche AusfĂ€lle leider schon fast gewöhnt.

Das letzte Beispiel lieferte der FPÖ-Abgeordnete Wolfgang Zanger. In einem Liederbuch seiner Burschenschaft „Pennales Corps Austria zu Knittelfeld“ waren unter anderem folgende Textstellen zu lesen: „PolenmĂ€dchen sind verboten, Judenschicksen sind tabu, eine Stute zu besteigen, lĂ€sst der VeterinĂ€r nicht zu.“ Mit wohl leider typisch burschenschaftlichem „Humor“ wird mit zweifelhafter Rechtsschreibung von „Hackenkreuzen (sic) auf den Eiern“ geschrieben und ĂŒber „gefickte JudenmĂ€dchen“ gesungen.

Zanger schafft es in ersten Reaktionen nicht, sich von diesen Inhalten zu distanzieren. Nach einem wahren Shitstorm relativierte er dann die antisemitischen SchmĂ€hungen als Kapitalismus-Kritik. Es ist der gefĂŒhlte „Einzelfall“ 987. Dass solche LiederbĂŒcher nicht nur bei Burschenschaftern in Verwendung sind, sondern fallweise sogar in CV-Verbindungen, sei da nur am Rande erwĂ€hnt.

Keine Aufarbeitung

Das ist widerlicher Antisemitismus und Rassismus und eine abstoßende HerabwĂŒrdigung von Menschen. Zanger sieht keinen Grund fĂŒr einen RĂŒcktritt und erhielt die UnterstĂŒtzung seines Parteichefs Norbert Hofer – eben erst unter anderem von ÖVP und SPÖ zum Dritten NationalratsprĂ€sidenten gewĂ€hlt.

Nach der ersten „Liederbuch-AffĂ€re“ vor zwei Jahren hat der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eine Aufarbeitung der Geschichte des „dritten Lagers“ durch eine Historikerkommission versprochen. Die Kommission wurde dann auch wirklich gebildet. Mitglieder waren allerdings keine renommierten Historiker, sondern hauptsĂ€chlich FPÖ-FunktionĂ€re, und die Burschenschaften verweigerten von Vorneherein die Öffnung ihrer Archive.

Die PrĂ€sentation des Schlussberichts wurde fĂŒr Oktober 2018 versprochen und dann mehrmals verschoben. Er fehlt bis heute.

Die „Ehemaligen“

DafĂŒr gibt es aber ein neues Buch der Wiener Historikerin Margit Reiter: „Die Ehemaligen“. Sie macht darin klar, dass die FPÖ nicht nur – wie ÖVP und SPÖ – „braune Flecken“ hat, sondern aus dem braunen Nachkriegsmilieu heraus entstanden ist und sich bislang nicht aus diesem Sumpf befreien konnte – trotz einiger zaghafter Versuche.

Dem wĂ€re eigentlich nur hinzuzufĂŒgen, dass so eine Partei in unserem Staat keine Verantwortung tragen darf. Es ist zudem daran zu erinnern, dass schon der ehemalige FPÖ-Parteiobmann Norbert Steger fĂŒr eigene Parteimitglieder schon im Jahr 1990 den wenig schmeichelhaften Begriff „Kellernazis“ kreiert hat.

Inzwischen sind nicht wenige von ihnen aus dem Keller ans Tageslicht gekrochen.

26. Oktober 2019

NS-Opfer aus den Kummenberg-Gemeinden

2019-10-25T22:44:31+02:0026.10.19, 10:26 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , , , , |

Was ging in Dr. Josef Vonbun vor, als er im Jahr 1941 sein eigenes Kind ermorden ließ? Der Feldkircher Arzt war ein mĂ€chtiger Mann im NS-Staat – ein Herr ĂŒber Tod und Leben. Der Psychiater war damals Leiter der „Gau-Landes-Heil- und Pflegeanstalt Valduna“. Als fanatischer Nationalsozialist war er nicht nur ein kleines RĂ€dchen im mörderischen Getriebe, sondern ein williger Vollstrecker.

Vonbun diagnostizierte bei seiner Tochter eine „angeborene Minderwertigkeit“ und ließ die kleine Waltraud in MĂŒnchen mit einer Luminal-Spritze töten. Seine Schwiegermutter hatte er vier Monate zuvor nach Schloss Hartheim deportieren lassen, wo sie in der Gaskammer ermordet wurde.

Ja, es gab sie – die TĂ€ter aus der Region. Doch der Inhalt des von mir Ende Oktober herausgegebenen Buches sind nicht sie, sondern ihre Opfer aus den Gemeinden Altach, Götzis, Koblach und MĂ€der. Unter ihnen befinden sich ein Fluchthelfer, ein Deserteur und ein „Asozialer“ – vor allem aber wurden viele Menschen im Zuge der „Euthanasie“ ermordet.

Der ORF-Vorarlberg hat heute ĂŒbrigens einen sehr schönen Bericht zum Thema gebracht.

Zu den Opfern gehören aber auch Menschen wie Eugen Noggler. Er ĂŒberlebte mit anderen Leidensgenossen aus der Region zwar NS-Zeit und Krieg, wurde aber durch ein „Unfruchtbarmachung“ derart verstĂŒmmelt, dass er ein Leben lang darunter litt und seine Suizidgedanken in einem ergreifenden Brief auch zu Papier brachte.

Das Buch ist ab sofort ĂŒber den Buchhandel erhĂ€ltlich: Harald Walser (Hsg.): Die NS-Opfer der Kummenberg-Gemeinden. Bregenz 2019

10. Oktober 2019

EGMR rehabilitiert Mauthausen-Befreite!

2019-10-10T22:30:38+02:0010.10.19, 10:56 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

Das ist ein Riesenerfolg – und eine Watschen fĂŒr die österreichische Justiz!

Jahrelang habe ich die unsagbare Hetze der FPÖ-nahen Zeitschrift „Aula“ gegen Überlebende des KZs Mauthausen angeprangert und prozessiert. DafĂŒr musste ich ĂŒber zehn Überlebende finden, in deren Namen die Klage eingebracht werden konnte. Es gab ein zivil- und ein medienrechtliches Verfahren. Nicht immer haben österreichische Gerichte in unserem Sinn entschieden.

Zu den HintergrĂŒnden der Klage: „Aula“-Skandal vor dem EuropĂ€ischen Gerichtshof fĂŒr Menschenrechte

Zwar wurde in Österreich das zivilrechtliche Verfahren gewonnen, nicht aber das medienrechtliche. Daher haben wir einen betroffenen ehemaligen Mauthausen-Ex-HĂ€ftling, Aba Lewit, dabei unterstĂŒtzt, Klage beim EuropĂ€ischen Gerichtshof fĂŒr Menschenrechte (EGMR) einzubringen. Hier die Klagsschrift (EGMR-Beschwerde).

Der straf- und medienrechtliche Schutz hat in dieser Angelegenheit von Anfang an schon mit der EinstellungsbegrĂŒndung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Graz komplett versagt, auch die BegrĂŒndungen fĂŒr die Verweigerung des Rechtsschutzes im medienrechtlichen Verfahren wegen § 6 MedienG waren nicht akzeptabel. Das bestĂ€tigt nun der EGMR in einem einstimmig zustandegekommenen Urteil. Hier der Link zum Urteil.

Ich danke allen Beteiligten – vor allem Aba Lewit, der stellvertretend fĂŒr die anderen im Medienverfahren Betroffenen die Beschwerde auf sich genommen hat, unserer RechtsanwĂ€ltin Maria Windhager, meiner ehemaligen Mitarbeiterin Andrea Stangl fĂŒr ihre unermĂŒdliche Arbeit und den GrĂŒnen fĂŒr die finanzielle UnterstĂŒtzung bei dieser Klage.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr


Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


Zur Seite des Parlaments


Downloads