3. Dezember 2024

Welche Wirtschaftskompetenz?

2024-12-03T21:25:44+01:0003.12.24, 21:25 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft, Klima und Umwelt|Tags: , , , , |

Wo gibt es die grĂ¶ĂŸte „Wirtschaftskompetenz“? Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer sehen sie bei sich. Fachleute von den Wirtschaftsunis, WIFO und anderen unabhĂ€ngigen Organisationen haben aber wohl deutlich die Nase vorn. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten:

Seit Monaten drĂ€ngen Industriellenvereinigung (IV) und Wirtschaftskammer (WKÖ) im Bund und den LĂ€ndern vehement auf eine Koalition von ÖVP und FPÖ. Sie wollen mehr „Wirtschaftskompetenz“. Letzteres wĂ€re auch dringend notwendig, zumal es weltweit Krisensymptome und hierzulande Milliardenpleiten wie jene von Signa und KTM gibt.

Das Ergebnis der letzten schwarz-blauen Regierungen allerdings stimmt skeptisch fĂŒr eine Neuauflage. In Erinnerung bleiben eine vernachlĂ€ssigte Infrastruktur und jede Menge KorruptionsfĂ€lle – Homepage-AffĂ€re, Novomatic, Terminal-Tower und Tetron, Eurofighter, Telekom, BUWOG.

Das Beispiel BUWOG stimmt in Sachen „Kompetenz“ besonders nachdenklich: Der Verkauf der Wohnbaugesellschaft war nicht nur begleitet von Meldungen ĂŒber massive Korruption, auch die Verkaufssumme erstaunte: 60.000 Wohnungen wurden en gros um 961,2 Millionen Euro verscherbelt, also rund 16.000 Euro pro Wohnung. Fachleute schĂ€tzen, dass bei einem Einzelverkauf zumindest eine Milliarde Euro mehr erzielt worden wĂ€re. Unser Geld!

DarĂŒber spricht man bei IV und WKÖ lieber nicht. Dort spricht man lieber von „BĂŒrokratieabbau“ und fordert – so wörtlich – eine „Vollbremsung in der Klimaschutzpolitik“. Schon vor der Wahl haben Karl Nehammer und Herbert Kickl das geplante Verbrenner-Aus im Jahr 2035 (!) allen Ernstes als Ursache fĂŒr die Misere der heimischen Autozulieferindustrie ausmachen wollen.

Experten hingegen verweisen darauf, dass die Elektrifizierung von der deutschen Autoindustrie schlicht verschlafen wurde. Auch bei KTM ĂŒbrigens, weshalb Wifo-Chef Gabriel Felbermayr dem Motorradhersteller wenig Chancen gibt.

Mit dem „ProduktivitĂ€tsrat“ stehen der Regierung kompetente Fachleute zur VerfĂŒgung. FiskalratsprĂ€sident Christoph Badelt, der Vorsitzende, stellte letzte Woche der heimischen Wirtschaftspolitik aber kein gutes Zeugnis aus. In Deutschland sind die „Wirtschaftsweisen“ das Pendant zum ProduktivitĂ€tsrat. Mit Achim Truger stieß eines der fĂŒnf Mitglieder letzte Woche im Interview mit dem „Mittagsjournal“ ins selbe Horn wie Badelt und Felbermayr.

Truger verlangt einen Innovationsschub, um verlorenes Terrain zurĂŒckzugewinnen und den Abstand zur fĂŒhrenden Konkurrenz in China und anderen Standorten zu verringern. Von einem Stopp der Ökologisierung – wie von IV und WKÖ gefordert – hĂ€lt er nichts und verweist darauf, dass diese sogar wesentlich konsequenter betrieben hĂ€tte werden mĂŒssen.

Das „profil“ hat einen Artikel einst so ĂŒberschrieben: „Schwarz-Blau. Wie Österreich unter der ÖVP-FPÖ-Regierung zum Selbstbedienungsladen wurde.“ Von der hier angedeuteten Korruption ganz abgesehen: Wer Wirtschaftskompetenz will, sollte also eher auf Fachleute wie Felbermayr, Badelt und Truger hören als auf IV und WKÖ.

20. Juni 2024

Gewessler und die inferiore ÖVP

2024-06-20T08:34:08+02:0020.06.24, 8:34 |Kategorien: Klima und Umwelt|Tags: , , |

Da tut eine GrĂŒne Ministerin, was sie tun muss und zuvor angekĂŒndigt hat: Sie stimmt auch auf EU-Ebene fĂŒr den Klima- und Naturschutz. Und die ÖVP ist schon wieder völlig aus dem HĂ€uschen, weil sie die Interessen der Agrar-Lobby und der Partei mit der Gesamtverantwortung fĂŒr Österreich verwechselt. Unter dem Titel „Die Natur hat gewonnen!“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten diesen Kommentar veröffentlicht:

Die GrĂŒnen haben sich im Vorfeld der EU-Wahlen alles andere als mit Ruhm bekleckert. Leonore Gewessler hat am Montag mit der Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz einiges von der verlorenen GlaubwĂŒrdigkeit zurĂŒckgewonnen.

An dieser Stelle wurde schon ausfĂŒhrlich darauf hingewiesen, warum dieses Gesetz so wichtig ist. Über 80 Prozent der LebensrĂ€ume in Europa sind ökologisch in einem schlechten Zustand. Die EU will das Ă€ndern. DafĂŒr war Österreichs Zustimmung entscheidend, denn nur dadurch gab es die erforderliche „qualifizierte Mehrheit“.

Laut Finanzminister Magnus Brunner hat Gewessler damit „gegen Bundesinteressen“ gehandelt. Definiert wirklich nur die ÖVP, was „Bundesinteressen“ sind? Sind die Interessen des Bauernbundes gleichzeitig auch die Interessen des Bundes und der naturnah arbeitenden Bauern? Ein Großteil der Menschen in Österreich sieht das anders. Laut einer reprĂ€sentativen Umfrage des market-Instituts sind 82 Prozent der Bevölkerung fĂŒr die Zustimmung Österreichs.
Die ÖVP beziehungsweise ihre Landeshauptleute hingegen verweisen auf eine ablehnende Stellungnahme der Landeshauptleute, an welche die Ministerin auf EU-Ebene gebunden sei. Ob diese bindend ist, klĂ€ren jetzt Juristen.

Einerseits wurden viele von den Landeshauptleuten vorgebrachte Bedenken inzwischen im Gesetz berĂŒcksichtigt. Deshalb sind ja zwei BundeslĂ€nder vom frĂŒheren „Njet“ abgerĂŒckt. Zudem wird in einem von Johannes Huber auf „diesubstanz.at“ zitierten Gutachten das Zustandekommen des LH-Beschlusses als nicht rechtskonform bezeichnet, weil eine derart weitreichende Stellungnahme nur der „Integrationskonferenz der LĂ€nder“ zustehe, dort hĂ€tten auch die LandtagsprĂ€sidenten ein Stimmrecht. Die aber hat gar nicht getagt.

Weiters bestĂ€tigen viele Rechtswissenschaftler das rechtskonforme Handeln Gewesslers. Etwa Daniel Ennöckl, Vorstand des Instituts fĂŒr Rechtswissenschaften der BOKU Wien, oder der Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Sie argumentieren damit deutlich anders als die von der ÖVP ins Treffen gefĂŒhrten Juristen und der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt.

International wurde Österreich zur Lachnummer. Die renommierte SĂŒddeutsche Zeitung beispielsweise bezeichnete unter der Überschrift „Das Gezetere der ÖVP“ deren Vorgangsweise als „LĂ€cherlichkeit“.

Bei alledem geht fast unter, worum es eigentlich geht: Das Renaturierungsgesetz ist ein wichtiger Schritt raus aus der BiodiversitÀtskrise, stÀrkt die Artenvielfalt ebenso wie die ErnÀhrungssicherheit und trÀgt zum Klimaschutz bei. Eine deutliche Mehrheit in der EU sieht das so.

In Österreich argumentieren konservative Gegner der Zustimmung, dass es fĂŒr wirksamen Klima- und Umweltschutz „keine Zurufe aus BrĂŒssel“ brauche. Die BundeslĂ€nder wĂŒrden ihre Verantwortung schon jetzt wahrnehmen. Umso besser! Warum aber, so fragt man sich, gibt es dann so vehementen Widerstand gegen das Gesetz?

27. MĂ€rz 2024

Magnus Brunner verschenkt Geld!

2024-03-28T09:55:58+01:0027.03.24, 17:32 |Kategorien: Klima und Umwelt|Tags: , , , , , |

Unser Finanzminister hat sich im Interview mit den Vorarlberger Nachrichten von der im Koalitionsvertrag von ÖVP und GrĂŒnen vereinbarten, aber bis heute nicht umgesetzten EindĂ€mmung des Bodenverbrauchs bekanntlich verabschiedet. Das ist kĂŒnftigen Generationen gegenĂŒber unverantwortlich und wird auch kĂŒnftige Verantwortliche im Finanzministerium nicht freuen, denn diese Haltung des „Kopf-in-den-Sand-Steckens“ wird uns angesichtes bevorstehender Strafzahlungen in Miliardenhöhe teuer zu stehen kommen. Dazu mein Kommentar unter dem Titel „Nichtstun wird teuer“ in den Vorarlberger Nachrichte hier zum Nachlesen:
Unserem Budget drohen demnĂ€chst horrende Ausgaben. Dabei handelt es sich leider nicht um sinnvolle Investitionen in die Zukunft, sondern um Strafzahlungen fĂŒr die Nichteinhaltung der Klimaziele. Österreich muss – verglichen mit 2005 – seine Emissionen bis 2030 um 48 Prozent verringern. Wie notwendig das ist, weiß etwa die Österreichische Hagelversicherung: „Die Folgen des Klimawandels 
 fĂŒhren zu großen ökologischen, wirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen SchĂ€den. Es braucht daher rasch ein Umdenken.“ Finanzminister Magnus Brunner hat zuletzt notwendige Reformen zu Unrecht abgelehnt, weil sie angeblich nicht „zu Ende“ gedacht seien. Strafzahlungen drohen Bislang ist Österreich in Sachen Klimaschutz sĂ€umig. Laut Rechnungshof kommen auf uns deswegen Strafzahlungen in Höhe von 9,2 Milliarden Euro zu – Berechnungen des Rechnungshofs wohlgemerkt, nicht von Umwelt- oder Klimaschutzorganisationen. Das Finanzministerium geht davon aus, dass diese Zahl aufgrund geplanter Reformen auf 4,7 Milliarden reduziert werden kann. Wie auch immer, eines steht fest: Das Nichtstun in den letzten Jahren und die nach wie vor fehlende Entschlossenheit fĂŒr Reformen kommt uns auf jeden Fall teuer zu stehen. Dieses Geld wĂ€re somit verloren. WĂ€re es da nicht gescheiter, es jetzt in Bereiche zu investieren, die zukunftsweisend sind und eine klimafreundliche Wirtschaft fördern? Gerne wird von politisch Verantwortlichen an den Einzelnen appelliert, in Sachen MobilitĂ€t, beim Essen etc. an das Klima zu denken. Doch die wirklich großen Einsparungspotenziale liegen woanders. Und da gibt es durchaus auch positive Beispiele. Zukunftsweisende Maßnahmen Die Voestalpine etwa ist mit ihrer Stahlproduktion einer der Hauptemittenten von CO2. Bislang und noch bis 2026 profitiert man dort von der kostenlosen Zuteilung von EU-Emissionszertifikaten. Dann werden es Jahr fĂŒr Jahr weniger. Deshalb hat das Unternehmen investiert und möchte demnĂ€chst mit den ersten zwei Elektrolichtbogenöfen „grĂŒnen Stahl“ produzieren. Manager eines großen Konzerns sind schon betriebswirtschaftlich verpflichtet, vorausschauend zu handeln. Viele politisch Verantwortliche aber denken leider immer noch nur bis zum nĂ€chsten Wahltag. Dabei gĂ€be es durchaus naheliegende Maßnahmen: Sofort umgesetzt werden könnten beispielsweise Tempo 100 auf Autobahnen oder 80 auf Freilandstraßen. Das kostet nicht nur nichts, sondern bringt durch geringeren Spritverbrauch und weniger UnfĂ€lle unmittelbaren Gewinn fĂŒr die Allgemeinheit. Was Österreich zudem noch immer fehlt, ist ein Klimaschutzgesetz, das diesen Namen auch verdient. Was wir brauchen, ist beispielsweise die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren fĂŒr Windkraftanlagen und wir benötigen mehr Geld fĂŒr die Bahninfrastruktur statt auf nicht mehr akzeptable Straßenprojekte wie die S18 oder die Tunnelspinne zu setzen. Wer „ans Ende“ denkt und etwas dafĂŒr tut, dass es kein bitteres Ende ist, muss jetzt und nicht irgendwann Umdenken!

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr


Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


Zur Seite des Parlaments


Downloads