17. April 2023

ÖVP-KompetenzmĂ€ngel

2023-04-17T08:33:02+02:0017.04.23, 8:20 |Kategorien: Parteien|Tags: , , |

TĂŒrschild ÖVP neu

Es ist mir schon seit Jahren ein RĂ€tsel, warum ausgerechnet der ÖVP Wirtschaftskompetenz zugeschrieben wird. Ein paar Hinweise zu meinen disbezĂŒglichen Zweifeln – es gĂ€be noch weit mehr – habe ich unter dem Titel „ÖVP-KompetenzmĂ€ngel“ in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar veröffentlicht. Hier zum Nachlesen:

Österreich braucht dringend kompetente FachkrĂ€fte aus dem Ausland. Die ÖVP-Politik schreckt diese aber ab. Etwa durch solche Entscheidungen: Im oberösterreichischen Haslach an der MĂŒhl wurde am letzten Donnerstag eine seit Jahren bestens integrierte Familie nach Indien abgeschoben. Die Mutter arbeitete als Köchin, ihre Tochter wollte Altenpflegerin werden. Der 15-jĂ€hrige Sohn besuchte die Mittelschule und spielt im örtlichen Verein begeistert Fußball. Alle sind katholisch, die Mutter sogar Mesnerin.

Das langjĂ€hrige Verfahren begann mit einem Einreiseverbot fĂŒr die drei und wurde mit fehlenden Unterhaltsmitteln begrĂŒndet. Diese Bestimmung wurde vom Verfassungsgerichtshof im Dezember 2022 – wörtlich – „wegen Unsachlichkeit“ aufgehoben. Die Abschiebung ist daher doppelt absurd. Auch eine Protestkundgebung von Menschen aus Haslach sowie der Volkshilfe, „Omas gegen rechts“ und anderer Organisationen konnte daran nichts Ă€ndern. Der Gastwirt und Arbeitgeber der Mutter wandte sich verzweifelt an ÖVP-Innenminister Gerhard Karner: Wo soll er in diesen Zeiten eine neue Köchin finden?

Reformstau

Es gibt aber noch weitere von der ÖVP verursachte Probleme. Seit Jahrzehnten verhindert sie eine grundlegende Reform im Bildungsbereich – etwa das ĂŒberfĂ€llige Ende der viel zu frĂŒhen Separierung der Kinder schon vor dem zehnten Lebensjahr und die dadurch mitbedingten schlechten Ergebnisse bei internationalen Tests. Lehrlingsbetriebe beklagen zunehmend, dass sie zu Beginn der Ausbildung zuerst Basisqualifikationen wie Lesen, Schreiben und Rechnen vermitteln sollten – nach zumindest neun Jahren Schulpflicht! Das bislang einzige Erfolgsmodell des heimischen Bildungssystems – die duale Ausbildung – gerĂ€t in den Krisenmodus!

Eine im MĂ€rz veröffentlichte Analyse der OECD hat ergeben, dass sich unser Land inzwischen im Wettbewerb um qualifizierte ArbeitskrĂ€fte auf der Verliererstraße befindet: Platz 28 von 36. Qualifizierte Menschen sind vom gesellschaftlichen und politischen Klima in Österreich verstĂ€ndlicherweise nicht angetan.

Unattraktiver Standort

Es ist daher kein Zufall, dass es in der EU gegenwĂ€rtig kein Land (!) gibt, das einen grĂ¶ĂŸeren ArbeitskrĂ€ftemangel hat als Österreich. Das ist das Ergebnis einer Auswertung der Statistikbehörde Eurostat durch die Neos. Dringend benötigt werden zehntausende FachkrĂ€fte in den Bereichen Medizin, Technik, Programmieren, Gastronomie, Pflege usw. Wegen fehlender Busfahrer:innen musste zuletzt in Vorarlberg sogar der Fahrplan kurzfristig eingeschrĂ€nkt werden. Und wir schieben gleichzeitig FachkrĂ€fte ab?

Die Retro-Koalition der niederösterreichischen ÖVP mit der – sogar innerhalb der Kickl-FPÖ ganz rechts anzusiedelnden – NÖ-FPÖ lĂ€sst fĂŒr die Zukunft Schlimmes erwarten. Die AttraktivitĂ€t Österreichs wird noch weiter sinken. Die ÖVP als christlichsoziale Wirtschaftspartei? Das war einmal.

12. Dezember 2022

Demokratie in Gefahr

2022-12-16T15:26:11+01:0012.12.22, 8:42 |Kategorien: Gesellschaft, Menschenrechte, Parteien|Tags: , , |

Das DemokratieverstĂ€ndnis hierzulande wir nie besonders ausgeprĂ€gt. Wolfgang SchĂŒssel und Sebastian Kurz haben es zudem weiter unterminiert und diesbezĂŒglich weiteren und leider wohl nachhaltigen Schaden angerichtet. Unter dem Titel „Demokratie in Gefahr“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Viele schĂŒttelten letzte Woche unglĂ€ubig den Kopf: Eine Großrazzia bei Rechtsextremen in Deutschland, Österreich und Italien förderte zutage, dass es konkrete Putsch-PlĂ€ne gegeben hat. Involviert sind Personen aus der „besseren Gesellschaft“, aus Politik, MilitĂ€r und der Polizei. Der deutsche Verfassungsschutz spricht von einer sehr realen Gefahr und mehreren zehntausend Menschen, die in organisierter Form der „Szene“ angehören. Verwiesen wird auch auf enge Verbindungen nach Österreich.

Leute wie die Möchtegern-Putschisten sind eine Gefahr. Die noch grĂ¶ĂŸere Gefahr aber ist eine schleichende Entwicklung, von der bereits die „Mitte der Gesellschaft“ erfasst ist. Auch dort machen sich inzwischen autoritĂ€res Denken und eine allmĂ€hliche Abkehr von demokratischen Werten breit.

„Skandalrepublik“

Als Ursache dieser Entwicklung auf „Ibiza“, Korruption, die unsĂ€glichen Chat-Protokolle oder die vielen anderen Skandale zu verweisen, greift zu kurz. Wie Viktor OrbĂĄn, der „Trumpismus“ in den USA und andere national-populistische Bewegungen belegen, handelt es sich um kein rein österreichisches, sondern um ein weit verbreitetes PhĂ€nomen. Aber es gibt heimische „Spezifika“.

Bei uns waren es politische Provokateure wie Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache, die antiliberales Denken mehrheitsfĂ€hig gemacht haben und mit der Schaffung von Feindbildern erfolgreich waren. Wolfgang SchĂŒssel und Sebastian Kurz, sein nachgeborener und inzwischen ehemaliger Superstar, haben dieses Denken durch ihre Mesalliancen mit der FPÖ politisch salonfĂ€hig gemacht. Heute will die ÖVP sogar die Menschenrechtskonvention â€žĂŒberdenken“. Das alles hat das Vertrauen in unser Wertesystem unterminiert und autoritĂ€res Denken gefördert.

„Starker FĂŒhrer“

Seit Jahren erhebt das SORA-Institut, wie sich in unserem Land die Einstellung der Menschen zur Demokratie entwickelt. Die letzte Woche prĂ€sentierten Ergebnisse des „Österreichischen Demokratie Monitor“ können daher zwar kaum ĂŒberraschen, sind aber dennoch erschreckend: Erstmals wird ein „starker FĂŒhrer, der sich nicht um Parlament und Wahlen kĂŒmmern muss“ an der Spitze des Staates nicht mehr mehrheitlich abgelehnt. 26 Prozent wĂŒnschen sich diesen „starken FĂŒhrer“ sogar ausdrĂŒcklich.

Nur noch 34 Prozent glauben zudem, dass unser politisches System gut funktioniert, vor fĂŒnf Jahren waren es mit 64 Prozent fast doppelt so viele. Die Forscherinnen und Forscher des SORA-Instituts halten daher in der gebotenen Deutlichkeit fest: „Die Demokratie erlebt eine Vertrauenskrise und ist ernsthaft bedroht.“

Rechten GewalttĂ€tern und GefĂ€hrdern der Demokratie kann und muss der Staat mit polizeilichen Mitteln entgegentreten. Aber das schleichende Gift des autoritĂ€ren Denkens aus den Köpfen eines immer grĂ¶ĂŸer werdenden Teils unserer Gesellschaft zu bekommen, ist wesentlich schwieriger. Da ist neben dem Staat vor allem die Zivilgesellschaft gefordert.

30. Mai 2022

ÖVP-Korruptionsprobleme

2022-05-30T11:04:03+02:0030.05.22, 10:57 |Kategorien: Parteien|Tags: , |

Die Korruptionsproblene der ÖVP sind inzwischen ein gesamtösterreichisches Problem. Immerhin handelt es sich um eine „staatstragende“ Partei, deren Zustand auf mittlere Sicht die innenpolitische StabilitĂ€t gefĂ€hrdet. Unter dem Titel „‚Schwarzes‘ Geld“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar dazu verfasst. Hier zum Nachlesen:

Was ist los in der ÖVP? Gegen Dutzende SpitzenfunktionĂ€re ermittelt die Staatsanwaltschaft, der Wirtschaftsbund „scheitert“ zu eigenen Gunsten am Steuergesetz, der Seniorenbund kassiert Hilfsgelder aus dem „Covid-Topf“, obwohl Parteien und Vorfeldorganisationen ausdrĂŒcklich von Förderungen ausgeschlossen sind.

Die ÖVP-Oberösterreich argumentiert, der Verein „Seniorenbund“ – er hat fast zwei Millionen erhalten − sei unabhĂ€ngig. Der Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger hĂ€lt dem entgegen, dass man mit dem Beitritt zum „gemeinnĂŒtzigen Verein“ automatisch auch der ÖVP beitrete. Er spricht von einer versuchten „Flucht aus dem Parteiengesetz“. Die Flucht ist misslungen.

Warum hat ausgerechnet die ÖVP in Oberösterreich so viel Geld gebraucht? Weil dort letztes Jahr Wahlen stattgefunden haben? Obmann und Alt-Landeshauptmann Josef PĂŒhringer zur Verwendung der Gelder: „Im Wahlkampf kann sich das schon mal ein bisschen vermischen.“ BestĂ€tigt hat er die Verwendung fĂŒr Personalkosten. Sein eigener LandesgeschĂ€ftsfĂŒhrer widerspricht. Warum wohl?

Verhaltenskodex

Die Reaktion des Bundesparteiobmanns? KĂŒnftig gelte fĂŒr alle Mitglieder ein „Verhaltenskodex“: „Wer sich nicht dranhĂ€lt, der hat auch keine Zukunft in dieser Partei.“ Das ist allerdings fast auf den Tag genau zehn Jahre her und war eine Reaktion von Obmann Michael Spindelegger auf damals aufgeflogene ÖVP-Skandale. Spindelegger versprach verpflichtende „Ethikseminare“ fĂŒr alle FunktionĂ€re. Falls sie stattgefunden haben: Auswirkungen sind ebenso wie beim „Kodex“ nicht zu erkennen. Von ParteiausschlĂŒssen wegen Nichteinhaltung der SelbstverstĂ€ndlichkeiten ist nichts bekannt, von ĂŒberhandnehmender Unverfrorenheit hingegen vieles.

Ein Beispiel ist die Überschreitung der gesetzlichen Höchstausgaben bei diversen Wahlen. Sickinger rechnete am Beispiel der ÖVP vor: Das Ignorieren der Obergrenze hat dank der Stimmengewinne ĂŒber zusĂ€tzliche Parteienförderung ein Mehrfaches des Geldes „eingespielt“. Eine gute „Investition“? Nein, vom Rechtlichen ganz abgesehen eine demokratiepolitisch gefĂ€hrliche Wettbewerbsverzerrung.

„Zugeschaut“

Bezahlt werden die unverschĂ€mten Griffe in diverse Geldtöpfe schlussendlich von uns allen. ÖVP-Landeparteiobmann Markus Wallner hat bei Bekanntwerden des Wirtschaftsbund-Skandals zugegeben, er habe zu lange „zugeschaut“. Wer „zuschaut“, kennt die Sachlage. Die Frage ist, wo in der Vergangenheit noch ĂŒberall „zugeschaut“ wurde.

Als der „Falter“ berichtete, die ÖVP habe 2019, die Überschreitung der Wahlkampfkosten-Obergrenze bewusst geplant, wurde er von der ÖVP geklagt: Das Oberlandesgericht Wien hat die Klage abgewiesen.

Der Versuch, die MissstĂ€nde auf die tĂŒrkise Kurz-ÖVP zu schieben, scheitert angesichts der Faktenlage. Unter „Schwarzgeld“ versteht man an sich unversteuerte Einnahmen. Die „schwarze“ ÖVP lĂ€sst inzwischen eine neue Begriffsdefinition zu.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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