30. Oktober 2022

Lohnverhandlungen: Gibt es einen „heißen Herbst“?

2022-10-30T12:50:04+01:0030.10.22, 12:50 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|Tags: , , , |

Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer. Dieser Trend muss gestoppt werden. Dazu braucht es mutige und starke Gewerkschaften. Unter dem Titel „Unruhiger Herbst?“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten dazu einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Die Herbstlohnrunde dürfte heuer deutlich stürmischer ausfallen, als wir das in Österreich bislang gewohnt waren. Am Donnerstag hat der ÖGB den Beschäftigen der Metallindustrie die Streikfreigabe erteilt. Auch im Sozialbereich könnte es krachen: Sogar in den Ordensspitälern stellen sich die Beschäftigten auf Kampfmaßnahmen ein.

Die derzeitige Rekord-Inflation hat zu Forderungen nach Lohnerhöhungen von über zehn Prozent geführt. In der Metallbranche aber verharrten die Arbeitgeber bislang bei ihrem Angebot: 4,1 Prozent plus Einmalzahlungen. Auch bei den Eisenbahnern gibt es gewaltige Differenzen zwischen den gewerkschaftlichen Forderungen und dem Unternehmer-Angebot.

Unbezahlbares Leben?

Die hohen Forderungen sind nachvollziehbar. Nicht nur die Preise für Gas und Strom haben schwindelerregende Höhen erreicht, sondern auch jene für Grundnahrungsmittel. Auch Mietkosten sind massiv in die Höhe geschnellt. Für die „Heldinnen“ und „Helden“ im Sozialbereich, die während der Pandemie ausgiebig beklatscht und gelobt wurden, gab es in finanzieller Hinsicht allerdings lediglich „Butterbrote“.

Wir haben in Österreich in dieser Situation im internationalen Vergleich sehr gute Voraussetzungen, um für eine halbwegs gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Vermögens zu sorgen. Unsere Gewerkschaften haben Kollektivvertragshoheit. Das bedeutet, dass die jährlich ausgehandelten etwa 450 Kollektivverträge bei uns für fast sämtliche Arbeitskräfte gelten, in Deutschland beispielsweise nicht einmal für die Hälfte.

Wenn es heuer nicht gelingt, zumindest das Lebensniveau der Menschen zu erhalten, drohen künftig unkontrollierte gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Die Verhandler sind daher gefordert: Es muss Abschlüsse geben, die allen Beschäftigten ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Und das ist wirtschaftlich durchaus möglich.

Und die da oben?

Eines darf nämlich nicht vergessen werden: Die „Übergewinne“ vieler Unternehmen, die nicht durch besondere Leistungen der dortigen Manager, sondern fast ausschließlich durch äußere Einflüsse wie den Ukraine-Krieg oder die Pandemie zustande gekommen sind, führen zu einem massiven Einkommensgewinn: Die regelmäßigen Lohnerhöhungen für die Vorstände der ATX-Konzerne liegen seit Jahren weit über der Inflation oder der Produktivitätssteigerung. In den letzten zehn Jahren hat sich ihr Gehalt von durchschnittlich einer auf zwei Millionen Euro verdoppelt.

Im gleichen Zeitraum ist das mittlere Einkommen der Beschäftigten nur um ein Viertel gestiegen und liegt bei etwa 30.000 Euro jährlich. Die Arbeitgeber haben die Lohnforderungen als „unvernünftig und überzogen“ bezeichnet. Das ist in dieser Pauschalität nicht nachvollziehbar. Daher braucht es jetzt starke Gewerkschaften, um gerechte Löhne zu erreichen und den sozialen Frieden langfristig zu sichern.

17. Oktober 2022

Straßen umbenennen?

2022-10-17T09:23:06+02:0017.10.22, 9:17 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , |

Soll oder darf man öffentliche Plätze und Straßen umbenennen, wenn diese die Erinnerung an problematische Personen hochhalten? Man muss! Unter dem Titel „Straßen umbenennen?“ habe ich zur Bedeutung von Namen im öffentlichen Raum einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

In Wien wurde letzte Woche ein Gemeindebau feierlich nach einer beeindruckenden Persönlichkeit benannt: Richard Wadani. Der ehemalige Wehrmachtsdeserteur kämpfte als Freiwilliger in der tschechischen Exilarmee gegen den Nationalsozialismus – eine österreichische Exilarmee gab es damals nicht.

Nach dem Krieg setzte er sich jahrzehntelang für die rechtliche und politische Rehabilitierung von Deserteuren und anderen Opfern der Wehrmachtsjustiz ein. Mit Erfolg: Im Jahre 2009 beschloss der Nationalrat das „Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz“, das explizit auch die Deserteure rehabilitierte und ihr Handeln als richtig anerkannte.

Grundsatzfrage

Es ist immer auch ein Frage der Meinungsführerschaft in einer Gesellschaft und schlussendlich eine Machtfrage, wie die öffentlichen Plätze und Straßen benannt werden. Wer gilt als Vorbild? Was erachtet eine Gesellschaft für wichtig und richtig? In Sachen Desertion aus der Wehrmacht hatte mit dem Nationalratsbeschluss also die „Gesellschaft“ entschieden: Wer gegen Hitler und seinen Krieg kämpfte, hat das Richtige getan. Mit dem „Wadani-Hof“ in Wien wird das nun auch im öffentlichen Raum dokumentiert.

Es gibt aber noch immer viele andere „Botschaften“ und somit viel zu tun, denn der öffentliche Raum ist voll von Erinnerungen an Menschen, die durch Antisemitismus, Rassismus, Diktatur und/oder ihre nie wirklich aufgearbeitete NS-Vergangenheit dort nichts zu suchen haben sollten und alles andere als Vorbildwirkung haben.

Kernstock und Dollfuß

In der niederösterreichischen Stadt Mank im Bezirk Melk gibt es noch heute einen Platz, der nach dem austrofaschistischen Diktator Engelbert Dollfuß benannt ist. Jetzt will das nach einer längeren Diskussion und dem unermüdlichen Wirken eines früheren SPÖ-Stadtrats auch der ÖVP-Bürgermeister ändern und im Gemeinderat einen Antrag auf Umbenennung stellen.

Graz hat sogar eine eigene Kommission damit beauftragt, die Straßennamen der Stadt zu durchleuchten. 82 Benennungen wurden als „problematisch“ bezeichnet. Zusatztafeln sollen das künftig „entschärfen“. 20 Straßennamen aber wurden als „sehr problematisch“ eingestuft und sollen geändert werden. Die entstehenden Kosten für Anrainer und Anrainerinnen werden von der Stadt übernommen.

Zu den betroffenen Straßennamen gehört auch die nach dem Verfasser des „Hakenkreuzliedes“ benannte „Ottokar-Kernstock-Gasse“. Sie soll künftig „Maria-Stromberger-Gasse“ heißen – nach der Bregenzer Krankenschwester Maria Stromberger, die auch mehrere Jahre in der steirischen Hauptstadt lebte.

In Vorarlberg gibt es noch in Dornbirn und Hohenems „Kernstockstraßen“. Die Geschichte ist bekanntlich unveränderbar, die Straßennamen sind es nicht. In den beiden Städten steht diese Erkenntnis noch aus!

1. Oktober 2022

Wir haben ein Gerechtigkeitsproblem!

2022-10-03T09:25:55+02:0001.10.22, 12:22 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , , |

Alle Statistiken belegen es: Seit Jahren werden bei uns die Armen ärmer und die Reichen reicher. Starke Impulse und vor allem Initiativen hin zu einer solidarischen Gesellschaft fehlen derzeit aber weitgehend. Da sind Politik und Zivilgesellschaft gleichermaßen gefordert. Unter dem Titel „Arm und Reich“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Vor über 150 Jahren hat Franz Michael Felder das Buch „Arm und Reich“ geschrieben. Der Roman hat damals vielen insbesondere im Bregenzerwald Mut gemacht: Die Welt kann gerechter gemacht werden, wenn Menschen zusammenhalten und solidarisch handeln. Die Gesetze des Kapitalismus sind nicht in Stein gemeißelt und können neu geschrieben werden.

Der Roman ist aktueller, als man vermuten könnte. Wie damals öffnet sich auch heute die Schere zwischen Arm und Reich immer stärker. Unsere Gesellschaft driftet auseinander. Und wo sind die Impulse für eine solidarische Gesellschaft?

„Von Angst durchfressen“

Derzeit greift Angst um sich. Angst vor den Auswirkungen des massiven Klimawandels, Angst vor der Ausweitung des Angriffskrieges in der Ukraine und der Drohung mit der Atomwaffe, Angst vor einem „kalten Winter“ und angesichts der vielen Unsicherheiten die Angst vor Armut. Die Inflation hat Ausmaße erreicht, die in den letzten Jahrzehnten nicht mehr vorstellbar waren.

Die Wahlen zuletzt in Schweden und Italien haben gezeigt, wie vor allem extrem rechte Parteien in so einer Situation Erfolg haben können. Die Weltwirtschaftskrise 1929 und die folgenden politischen Verwerfungen in Deutschland und vielen anderen Ländern lassen grüßen. In einem soeben erschienenen bemerkenswerten Buch erklären die Ökonomen Markus Marterbauer und Martin Schürz, wie derzeit mit dieser von Neoliberalen und Populisten geschürten Angst Politik gemacht wird.

Lösung in Sicht?

Die beiden Ökonomen plädieren für den Aus- statt Abbau des Sozialstaats. Ist das finanzierbar? Ja, sagen sie: Wenn der Staat Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Sozialhilfe so erhöhen würde, dass die betroffenen Menschen nicht mehr armutsgefährdet sind, kostet das gerade einmal zusätzliche zwei Prozentpunkte der jetzigen (!) Sozialausgaben.

Und wer soll das bezahlen? Laut Marterbauer gibt es in Österreich 49 Milliardärsfamilien mit einem Vermögen von insgesamt 170 Milliarden. Davon geht prozentuell im Vergleich zur Steuerleistung einer durchschnittlich verdienenden Arbeitskraft kaum etwas an den Staat. Wenn man aber allein das Vermögen der Milliardäre mit einem einzigen Prozentpunkt besteuern würde, könnten beispielsweise die Mittel für die Sozialhilfe verdoppelt werden. Keine Angst mehr vor materieller Not, Demütigung und Abwertung für etwa 200.000 Menschen!

Die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse der letzten Jahre haben allesamt gezeigt, wie die Superreichen in Österreich mit ihren Parteispenden für eine ihnen gemäße Wirtschafts- und Steuerpolitik gesorgt haben. Es ist Zeit für die Solidarisierung der großen Mehrheit, damit der demokratiegefährdende Einfluss der Superreichen beschränkt wird und für diese Gruppe endlich Vermögens- und Erbschaftssteuern eingeführt werden. Ein neuer Franz Michael Felder wäre dabei hilfreich.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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