25. Juli 2025

Die Gefahr ist die Mitte

2025-07-25T16:17:04+02:0025.07.25, 16:17 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , , |

Die Gefahr fĂŒr unsere Gesellschaft, fĂŒr unser politisches System kommt nicht von den politischen RĂ€ndern, sie kommt aus der politisch und gesellschaftlich radikalisierten Mitte. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Das Problem ist die Mitte“:

Mehr politische Mitte als in den USA gibt es nicht – hat man lange geglaubt. Inzwischen hat Donald Trump die Republikaner mit Hilfe seiner in sozialen Medien verbreiteten Hetze und glatten LĂŒgen gekapert und aus ihr eine unterwĂŒrfige FĂŒhrerpartei mit neoliberalen und rechtsextremen Positionen gemacht. Seither erlebt das Land eine Polarisierung, wie sie zuvor undenkbar schien.

Ähnliche PhĂ€nomene gibt es auch in Europa. In Italien stellt die Nachfolgepartei von Benito Mussolinis Faschisten die MinisterprĂ€sidentin, in Ungarn hat eine ehemals bĂŒrgerlich liberale Partei den Staat im autoritĂ€ren Sinn umgebaut. In Polen und anderen LĂ€ndern schaut es nicht viel besser aus.

Die von den Rechtsparteien angebotene und von einigen konservativen Parteien teilweise ĂŒbernommene ideologische Mixtur mit Elementen von Rassismus, AuslĂ€nderfeindlichkeit, Antisemitismus und Antifeminismus erinnert an die Dreißigerjahre. Wohin das gefĂŒhrt hat, wissen wir.

Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer spricht schon lange von einem „entsicherten BĂŒrgertum“ und einer „rohen BĂŒrgerlichkeit“. Das Problem sind demnach nicht die gesellschaftlichen und politischen RĂ€nder, sondern die Mitte, die in einer unsicher gewordenen Welt Halt sucht. Dort gibt es eine VerklĂ€rung der Vergangenheit und eine Sehnsucht nach Sicherheit – fernab von Wirtschaftskrisen, Pandemien, einem Krieg vor der HaustĂŒr, der immer deutlicher spĂŒrbaren Klimakrise usw.

Liberale, Linke und gemĂ€ĂŸigte Konservative stehen vor diesem PhĂ€nomen wie das Kaninchen vor der Schlange. In Deutschland und Österreich versuchen die konservativen Parteien, den Aufstieg der extremen Rechten durch die Adaptierung ihrer Parolen zu stoppen. Doch die Übernahme rechter Rhetorik wirkt eher als Brandbeschleuniger denn als Feuerlöscher.

Dass die ÖVP die in Teilen rechtsextreme FPÖ zur Kanzlerpartei machen wollte und das an Kickl und nicht an einem Aufschrei in der ÖVP scheiterte, sei hier nur am Rande erwĂ€hnt. Die FPÖ regiert inzwischen in fĂŒnf Landesregierungen mit der ÖVP und stellt in der Steiermark sogar den Landeshauptmann. In Deutschland nĂ€hert sich die CDU/CSU inhaltlich immer mehr der AfD und lehnte zuletzt eine Verfassungsrichterin ab, weil diese fĂŒr ein liberales Abtreibungsgesetz eintritt.

Staaten sind immer dann stabil, wenn sie Sicherheit, Bildungsgerechtigkeit und soziale Integration anstreben. Wenn auch bei schwierigen Themen wie Zuwanderung, dem Kampf gegen die Klimakrise oder fĂŒr soziale Gerechtigkeit ein offener Dialog gefĂŒhrt wird. Dieser Dialog ist aber nur dann möglich, wenn es Regulierungsmaßnahmen fĂŒr jene „asozialen Medien“ gibt, die unsere Gesellschaft mit Falschmeldungen und Hetze vergiften. Die sich selbst in der „Mitte“ verortenden Parteien sind diesbezĂŒglich in der Pflicht!

11. Juli 2025

Regierung handelt fahrlÀssig

2025-07-11T10:56:07+02:0011.07.25, 10:56 |Kategorien: Allgemein, Klima und Umwelt|Tags: |

In Sachen Klimaschutz handelt Österreichs Regierung fahrlĂ€ssig und verantwortungslos vor allem nachfolgenden Generationen gegenĂŒber. Der „Zweite Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel“ zeigt erneut auf, dass unser Land von der Klimakrise viel stĂ€rker betroffen ist, als andere Gegenden. Unter dem Titel „Zukunftsvergessen“ mein Kommentar dazu in den Vorarlberger Nachrichten:

Wer vor kurzem noch die menschengemachte Klimakrise geleugnet hat, ĂŒbt sich heute meist in deren Verharmlosung. In Österreich haben wir sogar einen Verharmlosungsminister. Norbert Totschnig will so weitermachen, wie seine ÖVP das seit Jahren praktiziert hat: Von Klimaschutz-Maßnahmen zwar reden, aber das Gegenteil tun.

In der Wirtschaft hingegen erkennen immer mehr die Notwenigkeit zum Handeln. Sie verlangen fĂŒr ihre Planungen stabile Rahmenbedingungen. Gleichzeitig aber predigen immer noch einige Theoretiker ein „Weiter so wie bisher“. Klimaschutz sei zwar notwendig, beginnen damit aber sollen „die anderen“. So sieht das auch ein Volkswirt in der Zeitung der Vorarlberger Wirtschaftskammer. Besonders dreist ist seine Behauptung, die „Einsicht“ wachse, „dass es sich auch mit ein, zwei oder drei Grad ErwĂ€rmung durchaus gut leben lĂ€sst“.

Nach der Leugnung der Klimakrise statt wirklicher „Einsicht“ also Verharmlosung und Beschönigung – trotz BergstĂŒrzen, zunehmenden Flutkatastrophen, unertrĂ€glicher Hitze, riesigen WaldbrĂ€nden usw. Und noch ein Hinweis an den Herrn Volkswirt: Österreich und der Alpenraum sind im Vergleich zur ĂŒbrigen Welt doppelt so stark betroffen von der ErderwĂ€rmung. Und damit sollen wir „durchaus gut leben“ können?

Uns stehen zudem wegen der Verfehlung der Klimaziele Milliardenstrafen ins Haus. Auch die volkswirtschaftlichen Chancen sollten beachtet werden: Klimaschutz als Konjunkturmotor! Das haben zuletzt nicht nur fĂŒhrende WirtschaftsverbĂ€nde in Deutschland herausgestrichen, sondern auch eine Metastudie der UniversitĂ€t Graz. Wer allerdings jetzt den notwendigen Strukturwandel verschlĂ€ft, gehört wie zuletzt bei der E-MobilitĂ€t die europĂ€ische Autoindustrie kĂŒnftig zu den Verlierern.

Fazit: Wo man die – unĂŒbersehbaren – Zeichen der Zeit erkennt, entstehen hunderttausende neue ArbeitsplĂ€tze, technologische Innovationen erhöhen die WettbewerbsfĂ€higkeit, reduzieren gleichzeitig die Energiekosten und verringern die oft beklagte AbhĂ€ngigkeit vom Ausland bei fossilen Brennstoffen.

Was geschieht in Österreich? Hier wird der Klimabonus gestrichen, die Mehrwertsteuerbefreiung fĂŒr PV-Anlagen, der Reparaturbonus, die Förderung fĂŒr private E-Autos sowie das kostenlose Klimaticket fĂŒr 18-JĂ€hrige, das Klimaticket wird generell teurer gemacht usw. Was bleibt sind klimaschĂ€dliche Förderungen wie das Dieselprivileg oder das Dienstwagenprivileg, der Pendlereuro wird sogar verdreifacht! DafĂŒr gibt der Staat also viel Geld aus und wird kĂŒnftig wegen der verfehlten Klimaziele sehenden Auges sogar noch Strafe zahlen mĂŒssen.

Es ist absurd: Statt die fĂŒnf Milliarden Euro fĂŒr klimaschĂ€dliche Förderungen zu streichen und die Win-win-situation beim Klimaschutz zu nutzen, werden erstere ausgebaut und jene fĂŒr den Klimaschutz gestrichen. Zukunftsvergessener geht es kaum.

27. Juni 2025

Was macht der Terror mit der Gesellschaft?

2025-06-26T15:07:06+02:0027.06.25, 8:05 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , , |

Der Horror an der Grazer Schule in der DreischĂŒtzengasse hat durchaus zu sehr besonnenen und Mut machenden Reaktionen gefĂŒhrt, aber wenig ĂŒberraschend auch die Hetzer von Rechtsaußen auf den Plan gerufen. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Umgang mit dem Terror“ hier zum Nachlesen:

„In unserem Staat funktioniert nichts mehr, alles geht den Bach runter“ – dieser Aussage habe ich in einer sehr „angeregten“ Diskussion letzte Woche vehement widersprochen. Was funktioniert nicht? Die Bahn? Die Justiz? Gibt es Schlaglöcher auf den Autobahnen? Bei allem Reformbedarf: Fast ĂŒberall auf der Welt wĂ€ren die Menschen froh, in einem Staat wie dem unseren zu leben.

Zudem hat der gesellschaftliche und auch der politische Umgang mit dem furchtbaren Verbrechen in Graz auch Mut gemacht. Nach sechs Minuten waren erste EinsatzkrĂ€fte da, eine Minute spĂ€ter die Spezialeinheit Cobra. Die Polizei hat ebenso hervorragende Arbeit geleistet wie die RettungskrĂ€fte und die Aufteilung der Verletzten auf einzelne KrankenhĂ€user. Die rasche psychologische Betreuung der Überlebenden hĂ€tte kaum besser sein können. Das Verhalten von LehrkrĂ€ften, Schulleitung und Eltern war vorbildlich. Bei uns soll nichts funktionieren?

„Funktioniert“ haben auch große Teile der Politik. Die kommunistische Grazer BĂŒrgermeisterin Elke Kahr hat keine simple Betroffenheitsrhetorik oder gestelzten SĂ€tzen von sich gegeben, sondern unserer Sprachlosigkeit eine Sprache gegeben. Ihre ErschĂŒtterung war spĂŒrbar und gleichzeitig hat sie ihre Funktion beim Einsatz beispielhaft wahrgenommen.

Zum Vergleich: In den USA gab es allein im letzten Jahr ĂŒber 300 Angriffe mit Schusswaffen an Schulen. Dort gibt es immer wieder Diskussionen, weil es bis zum Einsatz der Exekutive oft zu lange dauert. In Texas beispielsweise gab es 21 Tote, weil die Polizei sich erst nach 75 Minuten zum Eingreifen entschlossen hatte.
Da hat Graz deutlich besser abgeschnitten – ĂŒbrigens auch beim Umgang mit dem Terror: Bei der Trauerfeier haben zwei Jugendliche mit migrantischem Hintergrund bemerkenswerte Reden gehalten: „Hass hat hier keinen Platz, nicht an dieser Schule, nicht in Österreich, nicht in dieser Welt!“

Zur Wahrheit zĂ€hlt allerdings auch, dass die Horror-Tat fĂŒr Hetze benutzt worden ist. Der FPÖ-Klubobmann im oberösterreichischen Landtag hat auf Facebook gleich auf das „AuslĂ€nderproblem“ verwiesen: „Ein Land ohne Abschiebungen ist ein Land ohne Schutz.“ Als bekannt wurde, dass es sich beim TĂ€ter um einen Österreicher handelt, hat er das Posting stillschweigend auf „Furchtbar“ geĂ€ndert, die Flut an hetzerischen Antworten auf seine ursprĂŒngliche Interpretation aber stehen lassen.
Zudem hat er behauptet, die Plattform „Stoppt die Rechten“ habe sein Posting manipuliert. Als man ihm nachwies, dass das eine LĂŒge ist, hat er die Schuld auf einen Mitarbeiter geschoben, dessen Fehler er nicht mehr „rĂŒckgĂ€ngig machen“ könne. Ähnlich agierten andere FPÖler und Rechtsextreme. Haben wir mit diesen Herrschaften vielleicht ein „InlĂ€nderproblem“?

Der Umgang mit dem Verbrechen in Graz hat in Gesellschaft und Politik grĂ¶ĂŸtenteils das Positive zum Vorschein gebracht. Das Negative blieb in der Minderheit.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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