12. Juni 2023

Heute am Abgrund, morgen einen Schritt weiter

2023-06-12T10:59:22+02:0012.06.23, 10:59 |Kategorien: Klima und Umwelt|Tags: , , , , |

Was hat Österreichs Klimaschutz-Politik mit den Lemmingen zu tun? Einiges! Unter dem Titel „Zug der Lemminge“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Letzten Mittwoch hat der Landtag auf Antrag der Neos ausführlich über das überfällige Umdenken in der Verkehrspolitik diskutiert. ÖVP, FPÖ und SPÖ waren sich einig: Es braucht kein Umdenken, gegen den Stau auf unseren Straßen müssen noch mehr Straßen her. Angesichts dieser Ignoranz bleibt einem im wahrsten Sinne des Wortes die Luft weg.

Allein die Meldungen der letzten Woche müssten zu denken geben. In 13 US-Bundesstaaten gab es Smog-Alarm. Betroffen sind 100 Millionen Menschen. Aus New York und anderen Großstädten erreichen uns apokalyptisch anmutende Bilder. Die Ursache sind etwa 1.000 Meilen entfernt: In Kanada wüten mehr als 160 Waldbrände. Die Hauptursache laut US-Klimabehörde: der Klimawandel.

Polkappen schmelzen

Gleichzeitig berichtete der Weltklimarat, dass das „ewige“ Eis am Nordpol dahinschmilzt wie die Butter in der Sonne: Die Arktis wird weit früher als bisher angenommen eisfrei werden. Diese Entwicklung sei bereits soweit fortgeschritten, dass sie nicht mehr gestoppt werden kann, meint Professor Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Da es auch am Südpol ähnlich ausschaut, müssen wir uns auf einen um mehrere Meter höheren Meeresspiegel und Millionen von Klimaflüchtlingen einstellen.

Auch in Europa werden uns Hitzewellen, Dürre und Waldbrände vor kaum lösbare Probleme stellen. Europa ist neben den USA und China der größte Klimasünder, und Österreich ist in Europa in Sachen Klimaschutz eines der Schlusslichter. Von der versprochenen CO2-Neutralität bis 2040 sind wir meilenweit entfernt, es drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe.

Problem Wirtschaftsbund

Und da wollen im Land ÖVP, FPÖ und SPÖ weitermachen wie bisher? Das gleicht dem Zug der Lemminge: Heute stehen wir am Abgrund, morgen sind wir einen Schritt weiter. Die heimischen Sozialdemokraten sollten die mitreißende Rede ihres neuen Bundesvorsitzenden Andreas Babler vom Linzer Parteitag anschauen: Er hat beim Klimaschutz ein radikales Umdenken gefordert.

Die Ignoranz der FPÖ war erwartbar. Die ÖVP aber gibt sich meist staatstragend. Zu Unrecht: Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer behauptet faktenwidrig, die Klimaschutz-Maßnahmen („Greenflation“) und nicht die Gier einzelner Unternehmer seien schuld an der Teuerung. Der Vorarlberger Wirtschaftsbund bezeichnet die Verankerung des Klimaschutzes im künftigen Raumplanungsgesetz als „deplatziert“, will weder verpflichtende PV-Anlagen auf Einkaufszentren noch ein Ende des übergroßen Bodenverbrauchs.

Vorarlberg allein wird den Klimawandel nicht stoppen. Aber angesichts unseres übergroßen Ausstoßes klimaschädlicher Gase stehen wir in der Verantwortung: Als einziges Bundesland lassen wir noch immer Helikopter-Flüge für betuchte Gäste am Arlberg zu, verantwortungslose Straßenprojekte wie die S18 oder die Feldkircher Tunnelspinne werden weiterverfolgt statt in der Verkehrspolitik umzudenken. Im Landtag haben Letzteres leider nur Grüne und Neos begriffen.

21. Mai 2023

Die ÖVP und andere Abgründe

2023-05-22T09:17:17+02:0021.05.23, 16:06 |Kategorien: Parteien|Tags: , , , , |

Was hat Österreich und was hat speziell die ÖVP aus dem Skandal nach der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ gelernt? Nicht viel, fürchte ich. Unter dem Titel „Ibiza und andere Abgründe“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Das Interview hatte es in sich, doch der explosive Inhalt löste keine nennenswerte Diskussion aus. Die Rede ist von Julian Hessenthalers Aussagen am vergangenen Mittwoch bei Armin Wolf in der ZiB2. Hessenthaler gab vor vier Jahren jenes „Ibiza- Video“ in Auftrag, das die Regierung zu Fall brachte. Zuerst mussten die freiheitlichen Hauptdarsteller Heinz-Christian Strache und sein Adlatus Johann Gudenus zurücktreten, dann folgte nach umfangreichen Korruptionsermittlungen Sebastian Kurz.

Das alles wissen wir. Doch das Interview hat mehr offenbart – und zwar nicht nur die vom Psychiater Erwin Ringel so famos beschriebenen Abgründe der „österreichischen Seele“.

Sind wir lernunfähig?

Noch immer sprechen viele vom „frischen Wind“ der Kurz-Ära. Doch welche Probleme sind damals wirklich gelöst worden? Nur dank weitgehend unkritischer und – wie wir inzwischen wissen – mit lukrativen Inseraten geköderten Boulevard-Medien konnte etwa eine „Schließung der Balkan-Route“ vorgegaukelt werden oder faktenwidrig eine gesunkene Steuerquote. Mutmaßlich zu seinen Gunsten gefälschte Meinungsumfragen taten ein Übriges zu den Wahlerfolgen von Sebastian Kurz. Vieles ist mittlerweile gerichtsanhängig.

Festzuhalten bleibt, dass durch das Ibiza-Video die Trockenlegung etlicher Korruptions-Sümpfe eingeleitet wurde. Die inzwischen berühmten Chats von Kurz-Intimus Thomas Schmid („Ich liebe meinen Kanzler“) wären ohne das Video nie bekannt geworden. Sie haben viel zur Aufdeckung von Missständen beigetragen und werden die Gerichte wohl noch lange beschäftigen. Aber hat Österreich wirklich etwas gelernt aus den aufgedeckten Skandalen? Es schaut nicht danach aus.

Blau-schwarzes Comeback?

Wie kann es sein, dass trotz der aufgedeckten Missstände eine erneute ÖVP-FPÖ-Koalition als realistische Koalitionsvariante gilt? Oder gar FPÖ-ÖVP mit einem Kanzler Herbert Kickl? Letzteres wird nur noch von wenigen in der ÖVP und von keinem einzigen prominenten Bundes- oder Landespolitiker als „No-Go“ bezeichnet.

Die FPÖ kratzt inzwischen sogar trotz aller Skandale und ihrem Dauerscheitern in all ihren bisherigen Koalitionen auf Bundesebene an der 30-Prozent-Marke. Falter-Herausgeber Armin Thurnher zitiert dazu den Autor Wilhelm Pevny, der einen aus der Feder Franz Grillparzers stammenden berühmten Monolog über „den Österreicher“ aktualisiert: „Er wählt immer wieder seinen Untergang, / und will es nachher nicht gewesen sein. / … Getäuscht von seinen alten Führern / wendet er sich sorglos neuen zu.“ Eine beklemmende Zustandsbeschreibung!

Das Hessenthaler-Interview war übrigens vor allem deshalb so brisant, weil er von etlichen weiteren Videos sprach, die bislang unbekannt geblieben sind. Er würde sie natürlich zur Verfügung stellen, niemand aber habe bislang danach gefragt. Man darf gespannt sein, ob Behörden und Medien demnächst bei ihm anklopfen. Von öffentlichem Interesse sind die Bänder ganz gewiss!

17. April 2023

ÖVP-Kompetenzmängel

2023-04-17T08:33:02+02:0017.04.23, 8:20 |Kategorien: Parteien|Tags: , , |

Türschild ÖVP neu

Es ist mir schon seit Jahren ein Rätsel, warum ausgerechnet der ÖVP Wirtschaftskompetenz zugeschrieben wird. Ein paar Hinweise zu meinen disbezüglichen Zweifeln – es gäbe noch weit mehr – habe ich unter dem Titel „ÖVP-Kompetenzmängel“ in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar veröffentlicht. Hier zum Nachlesen:

Österreich braucht dringend kompetente Fachkräfte aus dem Ausland. Die ÖVP-Politik schreckt diese aber ab. Etwa durch solche Entscheidungen: Im oberösterreichischen Haslach an der Mühl wurde am letzten Donnerstag eine seit Jahren bestens integrierte Familie nach Indien abgeschoben. Die Mutter arbeitete als Köchin, ihre Tochter wollte Altenpflegerin werden. Der 15-jährige Sohn besuchte die Mittelschule und spielt im örtlichen Verein begeistert Fußball. Alle sind katholisch, die Mutter sogar Mesnerin.

Das langjährige Verfahren begann mit einem Einreiseverbot für die drei und wurde mit fehlenden Unterhaltsmitteln begründet. Diese Bestimmung wurde vom Verfassungsgerichtshof im Dezember 2022 – wörtlich – „wegen Unsachlichkeit“ aufgehoben. Die Abschiebung ist daher doppelt absurd. Auch eine Protestkundgebung von Menschen aus Haslach sowie der Volkshilfe, „Omas gegen rechts“ und anderer Organisationen konnte daran nichts ändern. Der Gastwirt und Arbeitgeber der Mutter wandte sich verzweifelt an ÖVP-Innenminister Gerhard Karner: Wo soll er in diesen Zeiten eine neue Köchin finden?

Reformstau

Es gibt aber noch weitere von der ÖVP verursachte Probleme. Seit Jahrzehnten verhindert sie eine grundlegende Reform im Bildungsbereich – etwa das überfällige Ende der viel zu frühen Separierung der Kinder schon vor dem zehnten Lebensjahr und die dadurch mitbedingten schlechten Ergebnisse bei internationalen Tests. Lehrlingsbetriebe beklagen zunehmend, dass sie zu Beginn der Ausbildung zuerst Basisqualifikationen wie Lesen, Schreiben und Rechnen vermitteln sollten – nach zumindest neun Jahren Schulpflicht! Das bislang einzige Erfolgsmodell des heimischen Bildungssystems – die duale Ausbildung – gerät in den Krisenmodus!

Eine im März veröffentlichte Analyse der OECD hat ergeben, dass sich unser Land inzwischen im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte auf der Verliererstraße befindet: Platz 28 von 36. Qualifizierte Menschen sind vom gesellschaftlichen und politischen Klima in Österreich verständlicherweise nicht angetan.

Unattraktiver Standort

Es ist daher kein Zufall, dass es in der EU gegenwärtig kein Land (!) gibt, das einen größeren Arbeitskräftemangel hat als Österreich. Das ist das Ergebnis einer Auswertung der Statistikbehörde Eurostat durch die Neos. Dringend benötigt werden zehntausende Fachkräfte in den Bereichen Medizin, Technik, Programmieren, Gastronomie, Pflege usw. Wegen fehlender Busfahrer:innen musste zuletzt in Vorarlberg sogar der Fahrplan kurzfristig eingeschränkt werden. Und wir schieben gleichzeitig Fachkräfte ab?

Die Retro-Koalition der niederösterreichischen ÖVP mit der – sogar innerhalb der Kickl-FPÖ ganz rechts anzusiedelnden – NÖ-FPÖ lässt für die Zukunft Schlimmes erwarten. Die Attraktivität Österreichs wird noch weiter sinken. Die ÖVP als christlichsoziale Wirtschaftspartei? Das war einmal.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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