6. November 2015

Der werte Minister Kurz

2015-11-06T12:22:12+01:0006.11.15, 12:22 |Kategorien: Integration|Tags: , |

werte_oesterreichSebastian Kurz will schon wieder Werte vermitteln. Welche, sagt er nur ansatzweise.

Vielleicht sollte er ja erst einmal seinen eigenen Wertekatalog abarbeiten, bevor er FlĂŒchtlinge und Zugewanderte mit hanebĂŒchenen Pseudokursen auf populistische Weise schikaniert. Ich erinnere an meinen jahrelangen Kampf um zumindest formal richtige Unterlagen fĂŒr den StaatsbĂŒrgerschaftstest, an die Kurz nun seine Werteschulungen andocken will. Bislang hat er es nicht geschafft, korrekte Unterlagen bereitzustellen (StaatsbĂŒrgerschaft und Sprache: GrĂŒĂŸe aus Absurdistan).

FĂŒr mich ist es alleine schon aus pĂ€dagogischer Sicht sehr befremdlich, wenn innere Einstellungen mittels Crashkurs erzeugt werden sollen. Jedoch sei es schlichtweg nur mehr paradox, wenn jemand aus der ÖVP auf die Einhaltung von bestimmten Werten wie etwa die Gleichstellung von Mann und Frau zu pochen, um dann selbst, wenn es tatsĂ€chlich ums Eingemachte geht, vorwiegend MĂ€nner aus den eigenen Reihen in diverse Machtpositionen zu hieven. Siehe Oberösterreich.

Alle wissenschaftlichen Fachexpertisen zeigen, dass liberale gesellschaftliche ZugĂ€nge nicht mit restriktiven also illiberalen Maßnahmen geschĂŒtzt werden können. Wenn Menschen bei uns zuerst mit dem drohenden Zeigefinger begegnet wird, ist das nachhaltiger prĂ€gend als ein paar Stunden Kurs, in denen etwas von möglichst viel Toleranz gefaselt wird. Zudem ist es ja nur mehr zynisch, menschenrechtswidrige ZustĂ€nde wie in Traiskirchen oder aktuell in Spielfeld zu provozieren, um dann auf die Einhaltung derselben Rechte zu pochen.

Es ist wohl vordringlichste Aufgabe der Regierung, angemessene Quartiere und eine soziale Grundversorgung zu schaffen, dann den Zugang zu Deutschkursen zu öffnen und hier genĂŒgend qualifiziertes Personal zur VerfĂŒgung zu stellen. Statt Geld in ZĂ€une und völlig nutzlose Werteschulungen zu stecken, steht es Kurz gut an, seine HausĂŒbungen zu erledigen und einmal das Desaster mit den fehlenden SprachkursplĂ€tzen zu beseitigen.

Im Moment ist die Regierung – allen voran Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und in ihrem direkten Gefolge Sebastian Kurz – dabei, den letzten Rest an Werten mit der Taktik einer Anbiederung an Rechts zu verspielen. Dann bliebe aber bestenfalls die Anrede „wertelos“.

Übrigens: Das Foto stammt nicht aus dem Villacher Fasching, sondern aus einer der Werte-BroschĂŒren des Integrationsministers. Kommentar ĂŒberflĂŒssig! (Österreichischer Integrationsfonds [Hg.], Willkommen in Österreich, 2012, 13)

6. Februar 2015

„Pegida“ und die „abendlĂ€ndischen Werte“!

2015-05-01T07:42:17+02:0006.02.15, 12:00 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Gesellschaft|Tags: , , |

Bildung_Kind_Chancengerechtigkeit_small„Pegida“ will also die „abendlĂ€ndischen Werte“ verteidigen, singt dabei Weihnachtslieder und warnt vor einer angeblichen „Islamisierung“.
Nachdem nicht nur ich mit diesen Herrschaften aber schon gar nichts zu tun haben möchte, fragt sich, was den unsere „gemeinsamen abendlĂ€ndischen Werte“ sein sollen. Dient nicht allein schon die Definition dieser Werte einem Zweck – nĂ€mlich der Abgrenzung von „außen“? WĂ€re es nicht höchst an der Zeit, eine positive europĂ€ische IdentitĂ€t zu suchen und zu definieren – die MultikulturalitĂ€t als wesentlichen Wert begreift?
In der „Zeit“ gibt es dazu interessante Thesen von Tanja DĂŒckers („Von Geburt an Multikulturalist“), die sich als „Berlinerin, Atheistin, EuropĂ€erin“ bezeichnet. Sie zitiert in ihrem Beitrag eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung („Intolerance, Prejudice and Discrimination“): Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile sind in Europa leider nach wie vor weit verbreitet, am wenigsten in den Niederlanden, am stĂ€rksten in Polen und Ungarn.
Auch Österreich bekommt sein Fett ab: Auf die Frage, ob man in den letzten zwölf Monaten wegen des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, der Herkunft, Religion oder des Alters diskriminiert worden sei, antworten 15 Prozent der EuropĂ€er mit „Ja“. Am meisten in Österreich, gefolgt von Italien und Ungarn.
Tanja DĂŒckers zieht in der „Zeit“ folgendes ResĂŒmee: „Ich lebe in einem Kontinent, der sich dem keineswegs toten, sondern von 500 Millionen Menschen tĂ€glich gelebten Multikulturalismus verschrieben hat.“
Schön wĂ€rÂŽs. Ganz glauben kann ich es (noch) nicht. Aber eines ist sicher: „Pegida“ dĂŒrfen wir die Definition unserer Werte nicht ĂŒberlassen!

14. Januar 2015

Charlie Hebdo und die Parade der geschichtsvergessenen Heuchler

2015-05-01T07:55:30+02:0014.01.15, 12:00 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , , |

Charlie-Hebdo-ScreenshotNun ist es also erschienen, das „journal des survivants“, die Nummer der Überlebenden von Charlie Hebdo. Was drinnen steht, interessiert hauptsĂ€chlich insofern, wie provokant die einzelnen Karikaturen geraten sind. Denn, es geht ja angeblich um die Verteidigung der „europĂ€ischen Werte“. Noch nie in den vergangen Jahrzehnten wurde die AufklĂ€rung so oft zitiert wie in der letzten Woche – auch hierzulande. Gerade in Österreich, wo aufklĂ€rerische Ideen von Oben verordnet wurden. Aber auch das nur ein bisschen, um zu verhindern, dass es zu echten Reformen kommt. Österreich, das Land, wo alle revolutionĂ€ren Versuche erstickt worden sind und am 1. JĂ€nner im Musikverein die noble ZuhörerInnenschaft zu Ehren von Feldmarschall Radetzky klatscht, der wesentlich an der Niederschlagung der italienischen Revolutionsbewegung 1848 beteiligt war. Österreich das Land, in dem jeglicher Versuch einer sauberen Trennung von Kirche und Staat als Fundamentalangriff auf die ach so hehren christlichen Werte niedergemacht wurde. Blasphemisch ist real gesehen daher, wenn etwa Erwin Pröll am Ballhausplatz erste Reihe fußfrei sein „Je suis Charlie“ daherhaucht und gleichzeitig das „cuius regio, eius religio“ des Augsburger Religionsfriedens als Maxime seines Herrschens in den niederösterreichischen Landen hochhĂ€lt und schon einmal eine Kommunionsvorbereitung zum Unterrichtsprinzip erhebt, weil es ja, um „unsere“ Werte geht.
Frankreich hat wenigstens eine Geschichte vorzuweisen, auf die es sich heute berufen kann, auch wenn, wie der Historiker und Diskursanalytiker Achim Landwehr in einem lehrreichen BlogbeitragfesthĂ€lt, das „gesamte aufklĂ€rerische Projekt“ mit WidersprĂŒchen behaftet war, da es von der hochgelobten Toleranz die nicht christlich geprĂ€gten Religionen, die Frauen und die Besitzlosen aussparte.
Und dann kommt Außenminister Kurz aus Frankreich retour und fordert mehr Politische Bildung im Integrationsbereich und ein Pflichtfach in den Schulen, denn, ach wie ĂŒberraschend, auch ihm geht es natĂŒrlich nur um die europĂ€ischen Werte, die dann aber schon mal populistisch zu den österreichischen klassifiziert werden. Er muss in Paris jedoch der Vergesslichkeit anheim gefallen sein: Im November noch wurde der GrĂŒne Antrag fĂŒr Politische Bildung als Pflichtfach auf Antrag seiner ÖVP vertagt, was in der Realpolitik niedergestimmt bedeutet. Den Antrag dafĂŒr brachte der ÖVP-Abgeordnete El Habbassi ein. Und wer das Absurde liebt, bitte hier nachlesen.
Ihnen allen sei das Statement des Chefredakteurs von Charlie Hebdo, GĂ©rard Biard, hinter die Ohren geschrieben: „On dĂ©fend l’humour, on dĂ©fend la libertĂ© de l’éxpression, mais on dĂ©fend par dessus tout la laĂŻcitĂ© (…) parçeque sans elle la libĂ©rtĂ©, l’égalitĂ©, la fraternitĂ© n’est pas possible.“ (Wir verteidigen den Humor, wir verteidigen die Meinungsfreiheit, aber wir verteidigen ĂŒber allem die LaizitĂ€t, denn ohne sie ist Freiheit, Gleichheit, BrĂŒderlichkeit nicht möglich.)
Auch in den nĂ€chsten Wochen und Monaten, wenn die heuchlerische „Je suis Charlie“-Karawane lĂ€ngst weitergezogen sein wird, wird Charlie Hebdo wieder erscheinen: so frech, so ungeniert, wie es hierzulande leider völlig undenkbar wĂ€re.
(Bild: Screenshot http://www.charliehebdo.fr/index.html)

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Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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