23. August 2017

Österreich, Land der bezahlten Nachhilfe – muss nicht sein!

2017-08-25T12:01:20+02:0023.08.17, 13:52 |Kategorien: Bildung|Tags: , , , , |

In Österreich benötigt etwa ein Viertel aller SchĂŒlerInnen Nachhilfe. Die Kosten dafĂŒr belasten die Budgets von Familien ordentlich – die durchschnittlichen Jahresausgaben pro SchĂŒlerIn mit Nachhilfebedarf liegen bei 710 €. Die HĂ€lfte aller betroffenen Haushalte gibt an, dadurch sehr stark bzw. spĂŒrbar belastet zu sein. FĂŒr fast 50.000 SchĂŒlerInnen wĂ€re eine Nachhilfe wĂŒnschenswert gewesen, konnte aber aus geografischen oder finanziellen GrĂŒnden nicht organisiert werden. Das ergibt die aktuelle Studie der Arbeiterkammer „Nachhilfe in Österreich 2017“. BedrĂŒckend dabei ist, dass auch schon viele Volksschulkinder Nachhilfe beanspruchen mĂŒssen.

Die VerbesserungswĂŒnsche, die Eltern haben, sind vielfĂ€ltig: Sie wĂŒnschen sich einen besseren Einsatz moderner und effizienter Unterrichtsmethoden, plĂ€dieren fĂŒr kleinere Unterrichtsgruppen, fĂŒr kostenlose Nachhilfeangebote und den Ausbau des Förderunterrichts an den Schulen sowie fĂŒr mehr Zeit zum Üben des Stoffes.

Was nun auch immer die individuell durchaus verschiedenen Ursachen fĂŒr den signifikant hohen Förderbedarf in Österreich sind, so lĂ€sst sich daraus ein struktureller Änderungsbedarf ableiten:

  • Eine Gemeinsame Schule der 6- bis 14-JĂ€hrigen beseitigt den Druck bei Volksschulkindern, unbedingt Gymnasiumsreife erlangen mĂŒssen.
  • GanztĂ€gige Schulformen bringen mehr Zeit zum Lernen, machen HausĂŒbungen ĂŒberflĂŒssig und verringern externe Nachhilfe markant. Freizeit ist dann wirklich Freizeit, die Familienmitglieder werden psychisch und finanziell entlastet.
  • Die flĂ€chendeckende EinfĂŒhrung eines „Chancenindex“, der mehr Ressourcen in Brennpunktschulen bringt, sichert mehr LehrerInnen und mehr UnterstĂŒtzungspersonal dort, wo es dringend benötigt wird.

Die Gemeinsame Schule, ganztĂ€gige Schulformen und der „Chancenindex“ sind daher ein wesentlicher Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit: Alle Kinder und Jugendlichen bekommen unabhĂ€ngig vom Geldbeutel der Eltern jene Förderung, die sie benötigen. Auch wenn es schon langweilig wird: Finnland macht es vor, dass Schule ohne HausĂŒbungen und Nachhilfe geht. Wir sind – nicht zuletzt dank der von uns GrĂŒnen eingebrachten Punkte der Bildungsreform – wenigstens einen Schritt in die richtige Richtung gegangen. In der nĂ€chsten Legislaturperiode wird es unter anderem um eine deutliche Budgeterhöhung fĂŒr die Bildung gehen, denn nur durch sie können die dringend notwendigen Maßnahmen abgesichert werden.

 

9. August 2017

Rudolf Taschner – was kommt denn da auf uns zu?

2017-08-10T10:28:48+02:0009.08.17, 16:44 |Kategorien: Bildung, Parteien|Tags: , |

Ist jemand glaubwĂŒrdig, der als Journalist etwas schreibt, was er als Politiker dann ablehnt? Rudolf Taschner macht genau das. Doch der Reihe nach.

Seit gestern ist Rudolf Taschner designierter ÖVP-Bildungs- und Wissenschaftssprecher. Ich nehme mal an, sein publizistisches Eintreten fĂŒr die „g’sunde Watschn“ in der „Presse“ ÖVP-Chef Sebastian Kurz nicht bekannt war. Dort hat Taschner gemeint, dass so eine Ohrfeige als „Gewitter“ etwas sein könne wie ein „kurzer, reinigender Schmerz“. Er ist mit dieser Meinung in prominenter Gesellschaft. Felix Baumgartner oder Uwe Scheuch bekennen sich öffentlich ebenfalls dazu.

Ich habe das scharf kritisiert. Im heutigen „Standard“ meint Taschner auf die Frage, ob er noch dazu stehe: „Das ist selbstverstĂ€ndlich unmöglich. Das schreibe ich heute nicht mehr. Ich bin kein Journalist, ich bin jetzt auf der anderen Seite.“

Ah so? Keine prinzipielle Ablehnung, sondern nur „unmöglich“, weil er jetzt Politiker ist? Taschner hat massiven bildungspolitischen ErklĂ€rungsbedarf.

Denn die Verharmlosung von Gewalt gegen Kinder ist nicht zu dulden. Der verstorbene Wiener Kinderarzt Hans Czermak hat das so formuliert: „Die g’sunde Watschen macht krank.“ Die knapp 30 Österreichischen Kinderschutzzentren mit ihren etwa 200 MitarbeiterInnen können ein (Klage-)Lied davon singen. Sie betreuen jĂ€hrlich in ca. 65.000 Beratungs- und Therapiestunden ĂŒber 12.000 minderjĂ€hrige Gewalt- und Missbrauchsopfer und deren Bezugspersonen.

Ein Bildungspolitiker, der Gewalt als probates pÀdagogisches Mittel bezeichnet, ist inakzeptabel. Wer ein Kind schlÀgt, beweist, dass er sich nicht im Griff hat. Taschner ist gefordert.

Ob sich Taschner im Griff hat? Inhaltlich wohl kaum. Der Klimawandel ist fĂŒr ihn ein „Scheinproblem“, er spricht vom „Klimawandelwahn“. Das Pensionsantrittsalter zu frĂŒh: „Die stabile Finanzierung der Pensionen wird nur dann gelingen, wenn das Antrittsalter deutlich angehoben wird. Deutlich bedeutet: auf 70 Jahre.“

Sein pĂ€dagogisches VerstĂ€ndnis kennen wir ja schon zum Teil. Sie wollen mehr wissen? Bitte: „Ein Lehrer soll den Kindern Karrierechancen geben und die Gschrappen wollen das vielleicht gar nicht, weil sie noch nicht den Weitblick besitzen. Wenn ich eine Minute in der Stunde loslasse, habe ich in der Klasse eine Katastrophe. Der Lehrer muss die ZĂŒgeln (sic!) 50 Minuten lang fest halten.“

Beim Integrationsthema könnte es Übereinstimmung mit seinem Mentor Sebastian Kurz geben: „Wenn Kanzlerin Merkel sagt, der Islam gehört zu Deutschland, ist das verrĂŒckt.“

Ich bin gespannt, was da in Zukunft noch fĂŒr Thesen vertreten werden.

17. Juli 2017

Bei den KindergÀrten ist Feuer am Dach!

2017-07-17T17:09:58+02:0017.07.17, 16:33 |Kategorien: Bildung, Integration|Tags: , |

Was wurde fĂŒr den elementarpĂ€dagogischen Bereich nicht alles versprochen im „RegierungsĂŒbereinkommen 2013-2018“: ein bundesweiter QualitĂ€tsrahmen sollte bis 2016 vorgelegt werden, das zweite kostenlose Kindergartenjahr sollte eingefĂŒhrt werden und die PrĂŒfung der Geldströme vom Bund zu LĂ€ndern und Gemeinden im Rahmen des Finanzausgleichs. Nichts von alledem wurde verwirklicht. Dass die Regierung auch in anderen Bereichen versagt hat, ist da wenig tröstlich.

Doch jetzt wird die Situation langsam dramatisch: Es ist Feuer am Dach! Denn ab Ende dieses Jahres bis Sommer 2018 laufen gleich drei die Bund-LĂ€nder-Vereinbarungen fĂŒr eine zusĂ€tzliche Dotierung der ElementarpĂ€dagogik aus. LĂ€ndern und Gemeinden fehlen dann 575 Millionen Euro: 305 Millionen fĂŒr den Ausbau, 60 Millionen fĂŒr Sprachförderung und 210 Millionen fĂŒr das Gratis-Kindergartenjahr.

Ich habe heute im Rahmen einer Pressekonferenz auf diese Gefahr hingewiesen.
Von dringend notwendigen Maßnahmen wie dem – im Regierungsvortrag vom November 2015 – ebenfalls versprochenen bundesweiten QualitĂ€tsrahmen fĂŒr ElementarpĂ€dagogik, einer Verbesserung der Ausbildung der KindergartenpĂ€dagogInnen wie bei LehrerInen zumindest auf einer PĂ€dagogischen Hochschule oder einem Rechtsanspruch auf Krippenplatz ab erstem Geburtstag erst gar nicht zu sprechen.

Da geht es um Öffnungszeiten der KindergĂ€rten ebenso wie um die – insbesondere in den westlichen BundeslĂ€ndern – vielen Schließtage, da geht es um den BetreuungsschlĂŒssel von Kindern pro PĂ€dagogIn, da geht es um ein warmes Mittagessen usw.

Und ja: Ich drĂŒcke mich auch nicht vor der alles ĂŒberlagernden Diskussion ĂŒber die sogenannten „islamischen KindergĂ€rten“. Sebastian Kurz hat das zu einem parteipolitischen Kampfthema gemacht, statt seinen eigentlichen Job zu erledigen: die Evaluierung der Sprachförderung. Dieses Thema wird unverstĂ€ndlicherweise (auch medial) vernachlĂ€ssigt. Seit 2009 fehlt in Österreich eine Evaluierung der Sprachförderung, obwohl der dafĂŒr zustĂ€ndige Integrationsminister stĂ€ndig mangelnde Sprachkenntnisse der Kinder bei Schuleintritt beklagt. Aber er tut nichts dafĂŒr, die QualitĂ€t der Sprachförderung zu ĂŒberprĂŒfen, denn da liegt einiges im Argen.
Dass in Österreich ein Konzept fĂŒr die Sprachförderung von den KindergĂ€rten bis in die Schulen fehlt, sei hier nur am Rande erwĂ€hnt. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen und auch VorschlĂ€ge gemacht: „So lernen alle Kinder Deutsch: unser Modell zur Sprachförderung!“

Ein Wort zu den offenkundigen Problemen in den „islamischen“ KindergĂ€rten in Wien. Hier muss gehandelt werden. Neben den zu verstĂ€rkenden Kontrollen durch fachkundige Personen ist fĂŒr eine bessere Durchmischung (nach Herkunftssprachen) zu sorgen. Zwang wird nicht die Lösung sein, schon gar nicht die Verfrachtung von Kindern quer durch die Ortschaften. Bei mehreren nahegelegenen Einrichtungen ist jedoch auf eine bessere Verteilung zu achten. ZusĂ€tzlich werden Anreizssysteme – wie eine optimale Ausstattung von KindergĂ€rten in Brennpunktlagen – dazu fĂŒhren, dass jene Bedingungen eher gewĂ€hrleistet sind, unter denen Kinder am besten lernen, nĂ€mlich voneinander.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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