21. Dezember 2021

Was fasziniert an Weihnachten?

2021-12-22T09:58:49+01:0021.12.21, 18:26 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Gesellschaft|Tags: , , |

Was an Weihnachten so fasziniert? Der Kommerz allein ist es nicht. Das PhÀnomen ist viel Àlter. In einem Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten habe ich auf die uralten Wurzeln des Festes ebenso verwiesen, wie auf die Deutungsversuche. Etwa jene im NS-Staat. Was machte Hitler am Heiligen Abend? Was die HÀftlinge in den Konzentrationslagern?

Hier mein Kommentar (Titel „Fest der Hoffnung“) zum Nachlesen:

Was fasziniert Menschen seit Menschengedenken so an Weihnachten und seinen VorlÀufern?

Tatsache ist nÀmlich, dass zumindest in den letzten zwei Jahrtausenden Machthaber daran gescheitert sind, das Fest abzuschaffen. Wirkungsvoller war, es umzuinterpretieren.

„Womit die emotionale Bedeutung dieses Festtages zusammenhĂ€ngt, lĂ€sst sich schwer erklĂ€ren.“

Der Ursprung des Weihnachtsfestes weist in vorchristliche Zeiten. Der im Römischen Reich ab dem 1. Jahrhundert dominierende Mithraskult feierte den Geburtstag ihres Gottes, die Römer verschmolzen Mithras mit ihrem Sonnengott Sol Invictus zu einer Person. Das Christentum wiederum interpretierte den Tag als Geburtstag Jesu Christi.

Womit die emotionale Bedeutung dieses Festtages zusammenhĂ€ngt, lĂ€sst sich schwer erklĂ€ren. Tatsache ist, dass er heute fĂŒr die meisten Christen höhere Bedeutung hat als das theologisch weit bedeutendere Osterfest.

Den Nazis war Weihnachten zuwider. Die SS feierte nicht ganz kalendergetreu die Wintersonnenwende. Hitler ließ sich an Heiligabend durch die Gegend chauffieren, um „der Weihnachtsstimmung zu entgehen“, wie es ein Mitarbeiter formulierte.

Weihnachten in Auschwitz

Schlimm war der Abend fĂŒr die Menschen in den Konzentrationslagern des Dritten Reichs. HĂ€ftlinge zĂŒndeten sogar in Auschwitz am 24. Dezember Kerzen auf einen heimlich beschafften Fichtenzweig an. Danuta Czech, die Chronistin des Lagers, schreibt, dass die HĂ€ftlinge so „ihre Hoffnung nĂ€hren, das Lager zu ĂŒberleben“.

Von einzigartigen Weihnachtsfeiern berichten mehrere ĂŒberlebende HĂ€ftlinge, die im Krankenbau fĂŒr SS-MĂ€nner Dienst tun mussten. Dort war mit der Bregenzer Oberschwester Maria Stromberger eine Frau, die nicht nur viele HĂ€ftlinge rettete, sondern auch aktiv Widerstand leistete.

Da zu Weihnachten relativ wenige SS-MĂ€nner im Lager waren und es kaum Kontrollen gab, gelang es den etwa zwei Dutzend „FunktionshĂ€ftlingen“ im SS-Revier eine Weihnachtsfeier zu organisieren. „Seit Monaten“ seien fĂŒr diesen Abend Sachen „organisiert“ worden, berichtet etwa der aus Wien stammende HĂ€ftling Hermann Langbein. All das wurde am Dachboden gehortet.

Die HĂ€ftlinge trafen sich dort und feierten: „Schwester Maria ist auch dabei. Sie gehört zu uns. Tisch und Sessel sind aus Kisten und Latten improvisiert und schön gedeckt, Brote, mit allen erdenklichen Herrlichkeiten belegt, gibt’s, Wein, schließlich Champagner.“

Multireligiöses Fest

Es waren multi- und sogar nichtreligiöse Feste. Der tschechische HĂ€ftling Artur RadvanskĂœ erinnert sich: „Ich war auch dabei, obwohl ich Jude bin. Es waren drei oder vier Juden dabei. Wir waren alle dabei.“ Zu „allen“ gehörten neben Juden polnische Nationalisten, Kommunisten und Atheisten.

Sie alle schöpften Kraft und Hoffnung aus diesem Abend. Eine viel bessere Interpretation fĂŒr Weihnachten gibt es wohl kaum: ein friedliches Fest, das alle Menschen unabhĂ€ngig von Herkunft, Religion oder Weltanschauung zusammenbringt.

6. Dezember 2021

Egoismus statt Gemeinsinn?

2021-12-06T11:15:07+01:0006.12.21, 11:15 |Kategorien: Gesellschaft, Gesundheit und Pflege|Tags: , |

Der deutsche Soziologe Max Weber (1864-1920) hat einst den Begriff der „Verantwortungsethik“ geprĂ€gt. Er ist aktueller denn je. Was er mit dem Neoliberalismus und den Problemen rund um die BekĂ€mpfung der Corona-Pandemie zu tun hat, dazu mein Kommentar in den „Vorarlberger Nachrichten“ unter dem Titel „Egoismus statt Gemeinsinn?“. Hier zum Nachlesen:

Falls die ÖVP sowohl ihre innerparteilichen Turbulenzen als auch die noch weit grĂ¶ĂŸeren mit den diversen Staatsanwaltschaften demnĂ€chst in den Griff bekommen sollte, können wir uns ja wieder den drĂ€ngenden Problemen der Gegenwart zuwenden: Pandemie, Klimakrise, das Auseinanderdriften von Arm und Reich, der unmenschliche Umgang mit FlĂŒchtlingen …

Eine bereits angekĂŒndigte, aber noch nicht in Gesetzesform gegossene Maßnahme ist die Impfpflicht ab 1. Februar.

Österreich als „Diktatur“?

FĂŒr die FPÖ ist Österreich „spĂ€testens mit der Impfpflicht“ eine „Diktatur“. Abgesehen davon, dass dies eine Verharmlosung von wirklichen Diktaturen darstellt: Kann man in Diktaturen unter Polizeischutz gegen die Regierung demonstrieren? Gibt es dort frei gewĂ€hlte Parlamente? Kennt jemand eine Diktatur, in der der Regierungschef − wie in Österreich − in vier Jahren gleich sechs (!) Mal wechselt?

In den letzten Jahren hat eine Tendenz Überhand gewonnen, die im Staat das institutionelle Unheil sieht. „Mehr privat, weniger Staat“ lautete das Schlagwort des Neoliberalismus. Staatliche Eingriffe wurden als unzulĂ€ssige EinschrĂ€nkungen der persönlichen Freiheit diffamiert.

Verbote notwendig

Jeder Staat braucht Verbote. Aus Geschichte und Gegenwart kennen wir viele Beispiele. So protestierten die Vorarlberger Textilunternehmer massiv, als man im ausgehenden 19. Jahrhundert langsam daran ging, die Kinderarbeit in den Fabriken einzuschrĂ€nken. War die Maßnahme ein unzulĂ€ssiger Eingriff? Die Sklavenhalter in den amerikanischen SĂŒdstaaten reagierten auf die Abschaffung der Sklaverei sogar mit dem blutigen Sezessionskrieg.

Verbote und Vorschriften regulieren unser Zusammenleben. Das Tragen einer Maske ist zu Zeiten einer Pandemie eine notwendige Maßnahme. Wer sich nicht daran hĂ€lt, gefĂ€hrdet nicht nur sich selbst, sondern eben auch andere. Zu erinnern ist an jenen Politiker der coronakritischen MFG-Partei, der jetzt in Oberösterreich mit Corona ein Intensivbett blockiert. Gleichzeitig konnte in Oberösterreich ein vierjĂ€hriges Kind nicht operiert werden, weil kein Intensivbett frei war. Auch bei einem Krebspatienten hieß es: bitte warten!

Verantwortungsethik

Es mag trivial klingen, aber so wie wir auf die Welt kommen, sind wir ohne andere Menschen nicht ĂŒberlebensfĂ€hig: Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wir tragen auch Verantwortung fĂŒr andere Menschen. Der Staat hat die Aufgabe, das Miteinander zu koordinieren.

Der Soziologe Max Weber hat den Begriff der „Verantwortungsethik“ geprĂ€gt. Jetzt ist wohl wieder der Zeitpunkt, alle darauf hinzuweisen. Eine Pandemie ist keine Privatsache. Das Virus gefĂ€hrdet uns alle. Wer in der jetzigen Situation daher nicht alles Menschenmögliche unternimmt, um ihr Einhalt zu gebieten, schadet der Gesellschaft. Die Impfpflicht ist notwendig!

22. November 2021

Das Corona Desaster

2021-11-22T08:18:54+01:0022.11.21, 8:19 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Gesellschaft, Gesundheit und Pflege|Tags: , |

40.000 Menschen demonstrierten am Samstag in Wien gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung. Sie protestierten nicht, dass diese zu spĂ€t gekommen sind. Das wĂ€re nachvollziehbar. Nein: Sie demonstrierten im Sog von Neonazis und Rechtsextremen dagegen, dass sie gesetzt wurden. Unter dem Titel „Wirrologen unterwegs“ habe ich in den „Vorarlberger Nachrichten“ einen Kommentar dazu veröffentlicht. Hier zum Nachlesen:

Am Wochenende musste die Polizei zuerst in Oberösterreich und Salzburg, dann in ganz Österreich ausrĂŒcken, um KrankenhĂ€user zu bewachen. Fanatische Impfgegner hatten zu „Aktionismus in und vor KrankenhĂ€usern aufgerufen“, auf Intensivstationen solle man das Pflegepersonal („Marionetten“) „verhören“, um herauszubekommen, was dort wirklich los sei.

Gesellschaft aus den Fugen

Jetzt mĂŒssen also jene, die mit letztem Einsatz unser Gesundheitssystem aufrechterhalten, die seit Monaten am Limit sind, auch noch vor diesen gefĂ€hrlichen Narren geschĂŒtzt werden.

Was ist los in unserer Gesellschaft? Am Samstag demonstrierten 40.000 gegen die Covid-Maßnahmen. Viele Menschen haben das Vertrauen in „die da oben“ verloren, ignorieren die Empfehlungen wissenschaftlicher oder medizinischer AutoritĂ€ten. Auch das offenkundig seit Monaten ĂŒber GebĂŒhr geforderte Pflegepersonal und die Ärzte in den KrankenhĂ€usern sind zumindest fĂŒr die radikalen Impfskeptiker kein Anlass umzudenken. Auch nicht, dass bereits infizierte Kinder auf der Intensivstation liegen und man dort ĂŒber die „Triage“ nachdenkt.

Entwurmung statt Impfung?

Menschen, die eine Corona-Impfung partout ablehnen, schlucken ohne mit der Wimper zu zucken das Medikament Ivermectin, ein Mittel zur Entwurmung von Pferden. Sie vertrauen gegen die ausdrĂŒcklichen Warnungen des Herstellers dem politischen Abenteurer Herbert Kickl. Dank des inzwischen selbst Corona-Infizierten FPÖ-Chefs ist das rezeptpflichtige (!) Medikament inzwischen ausverkauft. Kickl hat auch das Schmerzmittel, Tropfen und VitaminprĂ€parate empfohlen. Auch hier sind „GlĂ€ubige“ schnurstracks im Krankenhaus gelandet und belegen jene Betten, die Corona-Patienten dringend benötigen.

Wirrologie statt Virologen

Vielleicht noch gefÀhrlicher als Pseudo-Mediziner Kickl sind arrogante Verharmloser wie Tourismus-Ministerin Elisabeth Köstinger, Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer oder Bundeskanzler Alexander Schallenberg. Letzten Donnerstag setzte dann endlich ein Umdenken ein.

Oberösterreichs Landeshauptmann Stelzer sitzt mit der gemeingefĂ€hrlichen FPÖ sogar in einer Koalition. Tagelang kĂ€mpften PflegekrĂ€fte und Ärzte in der Intensivstation um das Leben seines Koalitionspartners Manfred Haimbuchner. Jetzt mĂŒssen sie sich anhören, wie dieser neben seinem Bundesparteichef sitzt, der Corona zur „normalen Grippe“ erklĂ€rt.

Wichtig ist jetzt die Auseinandersetzung mit jenen, die weder fanatische Impfgegner sind noch AnhĂ€nger von Kickl & Co. Vielleicht nĂŒtzt bei ihnen ein Appell an die SolidaritĂ€t mit den Menschen auf den Intensivstationen und dem ĂŒberforderten Krankenhauspersonal? Oder an den Eigennutz − geringere Ansteckungswahrscheinlichkeit oder bei Erkrankung ein milderer Verlauf? Oder der Lockruf an ein unbeschwertes „Leben wie frĂŒher“ wie derzeit in Spanien oder Portugal, wo die Impfquote bei bis zu 90 Prozent liegt?

Das ist die Aufgabe der Politik. Hoffen wir, dass sie wenigstens kĂŒnftig auch wahrgenommen wird.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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