7. Februar 2025

„Gott schütze Österreich!“

2025-02-06T15:02:59+01:0007.02.25, 8:51 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Nationalrat|Tags: , , , , |

Werden sich ÖVP und FPÖ demnächst einig und nimmt das Gerangel um Ministerposten ein Ende? Über die Regierungsverhandlungen habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar geschrieben. Ich gebe zu, ein bisschen Ironie ist mit dabei, wenn ich ausgrechnet mit einem Zitat des Austrofaschisten Kurt Schuschnigg überschrieben habe. Hier der Kommentar zum Nachlesen:

Das Gerangel um die Ministerposten wird immer heftiger. Die FPÖ hat Oberwasser und lässt das den „Partner“ auch spüren. Sie beansprucht neben dem Bundeskanzleramt auch das Finanzministerium und will mit dem Innenministerium ihre „Festung Österreich“ bauen. Die ÖVP ist orientierungslos. Auch gegenüber absurden inhaltlichen blauen Forderungen? 

Ma denke etwa an den ehemaligen FPÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach, der zu seiner „160 km/h-Autobahn-Teststrecke“ im bajuwarischen Dialekt gemeint hat: „Des is was Gscheits.“ Der nächste blaue Verkehrsminister war ein kleinwenig „gscheiter“: Norbert Hofer „begnügte“ sich mit Tempo 140 km/h. Kickl verlangt aktuell eine Höchstgrenze von 150 km/h. Nicht auf einer Teststrecke, sondern generell.

Und die Auswirkungen? Laut Verkehrsclub Österreich steigt der CO2-Ausstoß im Schnitt um 19 Prozent zu, die Feinstaub-Emissionen um 31 Prozent und jene von Stickoxiden um 44 Prozent. Bei Tempo130 km/h kommt ein PKW bei einer Notbremsung nach 73 Metern zum Stillstand, bei 150 km/h hat er nach 73 Metern noch eine Geschwindigkeit von 122 km/h! Das bedeutet mehr Unfälle und mehr Tote.

Was sonst noch droht, listete „Der Standard“ diese Woche auf: Zum Entsetzen der Universitäten sollen ihrer wissenschaftliche Arbeiten künftig ausschließlich auf Deutsch geschrieben werden dürfen. Unsere Unis würden damit noch provinzieller und die Forschung weiter ins Abseits gestellt.

Auch ein Kampf gegen die Weltgesundheitsorganisation WHO (laut FPÖ eine „Pharma-Lobbying-Institution“) steht an. Fachleute schütteln den Kopf und verweisen unter anderem darauf, dass uns das bei Pandemien von der internationalen Koordinierung abschneiden würde und Österreich bei Gesundheitsfragen nur noch bedingt Zugang zu Forschungsergebnissen hätte.

Aus Platzgründen weitere Verrücktheiten und Gemeinheiten gegenüber Menschen in Not in Kurzform: keine ordentliche medizinische Versorgung und weitere Bosheiten für Asylwerber:innen, Kampf gegen den ORF durch Unterminierung der vom Verfassungsgerichtshof geforderten stabilen Finanzierung und Ausschaltung kritischer Redakteure, dafür Einbeziehung rechtsextremer Medien und der FPÖ-Parteimedien in die öffentliche Förderung, Kampf gegen Windräder und beschlossene Klimaschutzmaßnahmen, Austritt aus der „Partnerschaft für den Frieden“, Verzicht auf den Sky Shield und somit auf Sicherheit im Luftraum sowie finanzielle Vorteile …

Die taumelnde ÖVP ist wohl kaum ein Garant dafür, dass all diese Unsinnigkeiten unterbleiben. Da kommt einem unwillkürlich der letzte Bundeskanzler der Zwischenkriegszeit in den Sinn. Kurz vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht setzte Kurt Schuschnigg auf höhere Mächte und beendete eine Ansprache im Radio mit den Worten „Gott schütze Österreich!“ Das Ergebnis ist bekannt.

18. September 2023

Braune Töne

2023-09-18T08:43:18+02:0018.09.23, 8:43 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Gesellschaft, Nationalrat|Tags: , |

Über die verschluderte politische Kultur in Österreich und warum die ÖVP daran die Hauptschuld trägt: Dazu habe ich unter dem Titel „Braune Töne“ in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

In Deutschland gibt es bei allen demokratischen Parteien im Bundestag eine glasklare Linie: keine Packeleien mit der FPÖ-Schwesterpartei AfD. Am vergangenen Freitag führte im Bundesland Thüringen schon ein unabgesprochenes gemeinsame Stimmverhalten von CDU, FDP und AfD zu heftigen bundesweiten Reaktionen.

In Österreich führen nicht einmal eindeutig rechtsextreme Töne zu einem Aufschrei. Wie haben uns in den letzten Jahren schon an zu viel gewöhnt. An viel zu viel!

Gewöhnungseffekt

Etwa an die vielen gemeinsamen Auftritte von außerparlamentarischen Rechtsextremen und der FPÖ bei Kundgebungen und Demonstrationen. Oder an die Berichte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, in denen immer wieder FPÖ-Funktionäre auftauchen.

Zuletzt bezeichnete FPÖ-Chef Herbert Kickl ein in Stil und Inhalt an Nazi-Propagandistin Leni Riefenstahl orientiertes Video seiner Nachwuchsorganisation gar als „großartig“. Da tauchten etliche ideologische Vorkämpfer der NSDAP ebenso auf wie junge Männer im Hitlerjugend-Haarschnitt, die unter dem Motto „Wir wollen eine Zukunft“ sehnsuchtsvoll auf den „Hitler-Balkon“ am Heldenplatz schauten. Die übrigen Parlamentsparteien zeigten sich immerhin entsetzt. Die konservative „Neue Zürcher Zeitung“ sah „eine rote Linie“ überschritten.

Mit ständigen bräunlich eingefärbten Provokationen will die FPÖ zudem die rechtsextremen „Identitären“ gesellschaftsfähig machen. Kickl vergleicht sie mit Greenpeace, die FPÖ in Salzburg mit dem Alpenverein und dem SOS-Kinderdorf. Alle diese Organisationen reagieren zwar wütend, es nutzte aber recht wenig. Das Schlimme: Nicht wenige politische Beobachter erwarten die FPÖ in der nächsten Regierung.

FPÖ als Regierungspartei?

In Niederösterreich wurde die Landeshauptfrau im Wahlkampf vom aus der Liederbuch-Affäre („Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an“) bekannten FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer – selbst hat er iranische Wurzeln – als „Moslem-Mama“ verhöhnt, die von der FPÖ nicht zur Landeshauptfrau gemacht werde. Auch Johanna Mikl-Leitner versicherte, mit der FPÖ „sicher“ kein Bündnis einzugehen. Heute sitzen beide in einer ÖVP-FPÖ-Koalition. Ähnliches gibt es aus Salzburg und Oberösterreich zu berichten.

Was ist also davon zu halten, wenn uns heute die Bundes-ÖVP verspricht, „ganz sicher“ keine Koalition mit der „Kickl-FPÖ“ einzugehen? Zu erinnern ist an die Jahrtausendwende, als der damalige ÖVP-Chef verkündete, „ganz sicher“ in Opposition zu gehen, wenn seine Partei nur auf dem dritten Platz lande. Nach der Wahl ging er als Drittplatzierter mit der FPÖ einen Pakt ein und wurde Bundeskanzler.

ÖVP-PolitikerInnen verweisen gerne darauf, dass es ja auch eine „bürgerliche“ FPÖ gebe. Das mag in Teilen so sein, ändert aber nichts daran, dass die FPÖ schon bei ihrer Gründung ein Sammelbecken ehemaliger Nationalsozialisten war und deren Gedankengut – siehe freiheitliche Jugendorganisation – die Jahrzehnte überstanden hat.

5. August 2023

„Bargeld-Debatte“

2023-08-06T14:12:13+02:0005.08.23, 19:58 |Kategorien: Allgemein, Nationalrat|Tags: , , |

Die „Bargeld-Debatte“ ist in jeder Hinsicht entbehrlich. Sie entbehrt jeder Grundlage, da der österreichische Gesetzgeber gar nicht in der Lage ist, entsprechende Gesetze zu erlassen. Das kann nur die EU. Sie ist politisch verheerend, weil die ÖVP wieder einmal ein Thema der extremen Rechten forciert. Unter dem Titel „Bargeld-Debatte“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Gerald Fleischmann hat in der österreichischen Politik tiefe Spuren hinterlassen. Er stand hinter dem Aufstieg von Sebastian Kurz, fiel dann aber wie fast alle anderen aus der schwarz-türkisen „Buberlpartie“ im Zuge der vielen Korruptionsskandale sehr tief und musste seinen wohldotierten Job aufgeben.

Karl Nehammer übernahm die Partei, konnte den Abwärtstrend aber nicht stoppen. Der nicht gerade charismatische neue Parteichef wusste aufgrund massiver Einbrüche bei Landtagswahlen und einem Absturz bei Umfragen auch auf Bundesebene nicht mehr ein und aus. Und er holte in seiner Not Fleischmann zurück in die ÖVP-Bundeszentrale.

Und siehe da: Fleischmann hatte eine Idee und veränderte die bis dahin weitgehend sachliche, wenn auch nicht reformfreudige Politik. Erfolg stellte sich allerdings nicht ein, Umfragen bleiben hartnäckig im Keller. Die alten Rezepte ziehen halt nicht mehr. Beim zweiten Aufkochen wird zwar eine Gulaschsuppe besser, in der Politik aber schmeckt Aufgebrühtes selten gut.

Ablenkungsmanöver

Fleischmanns Rezept: Man werfe Nebelgranaten, wenn man das Scheitern der politisch Verantwortlichen bei den wirklich drängenden Problemen vernebeln möchte. Das gelang zwar unter Sebastian Kurz, als man für alle innenpolitischen Probleme mit der Migrationsbewegung eine einzige Ursache ausmachen wollte. Heute aber braucht es Neues.

Jetzt versucht die ÖVP ein anderes Kochrezept: Obwohl nirgends in Österreich oder der EU die Abschaffung des Bargelds gefordert wird, wollen Nehammer und seine ÖVP das Recht auf Bargeld im Verfassungsrang einzementieren. Damit sind sie ein weiteres Mal voll auf Linie mit extrem rechten Parteien wie der FPÖ und der deutschen AfD. Wie aber kamen Fleischmann und der Kanzler auf diese Idee?

Wer zahlt 10.000 Euro bar?

Die EU-Kommission will zur Geldwäschebekämpfung bei Geschäftstransaktionen eine Bargeld-Obergrenze zwischen 7000 und 10.000 Euro. Dass Parteien, die tief in Korruptionsaffären verwickelt sind, damit keine Freude haben, liegt auf der Hand. Der offenkundig von Fleischmann inszenierte Pro-Bargeld-Vorstoß hat daher mehr als nur ein „Gschmäckle“. Viele Menschen fragen sich zurecht: Wer außer Kriminellen will Rechnungen von 10.000 Euro und mehr heute noch bar bezahlen? „Normal“ ist das jedenfalls nicht, um die ÖVP-Normalitätsdebatte zu bemühen.

Martin Selmayr, Vertreter der EU in Österreich, gibt Nehammer übrigens Nachhilfe im Verfassungsrecht: Beim EU-Beitritt kam es vor fast drei Jahrzehnten zur Übertragung der Währungssouveränität auf die EU. Und die EU garantiert seit 1999 Bargeld als Zahlungsmittel. Österreich könnte ein vom Kanzler angekündigtes Verfassungsgesetz also gar nicht beschließen – und muss es nicht, weil es von der EU bereits garantiert ist. Peinlich für Nehammer, wenn er das nicht weiß. Erschütternd, wenn er die Forderung dennoch aufgestellt hat. Selmayr ist übrigens ebenfalls Christdemokrat.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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