5. März 2017

Recht extreme ORF-Doku im Gedenkjahr 2018?

2017-03-05T20:10:06+01:0005.03.17, 20:02 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

„profil“ 10/2017 vom 06.03.2017, S. 15

Walter Seledec hat viel Verständnis: etwa für Abfangjäger, die wie geschmiert bei uns hereinflogen und bei deren Ankauf er als leitender ORF-Mitarbeiter im eigenen Unternehmen lobbyiert haben soll. Seledec hat jedoch Gedächtnisausfälle, denn seine Mails aus dieser Zeit seien ihm „nicht erinnerlich“.

Seledec hat aber auch viel Verständnis für die Geschichte, recht viel sogar für die NS-Zeit und die darin verwobenen Täter. Und weil er in diesem Feld so verständnisvoll ist, soll er vom ORF damit betraut worden sein, eine Dokumentation über die österreichischen Generäle in der deutschen Wehrmacht für das Gedenkjahr 2018 zu machen. Und dafür habe ich kein Verständnis.

Walter Seledec war bis 2010 beim ORF. Seine Nähe zur FPÖ war schon damals kein Geheimnis, auch lange, bevor er unter der schwarz-blauen Regierung im ORF zum Chefredakteur aufstieg. Einen Eklat samt nachfolgender Beurlaubung lieferte Seledec 2005 mit seiner Teilnahme als Ehrengast an einer braungetönten Kranzniederlegung am Grab des hochdekorierten NS-Jagdfliegers Walter Nowotny.

Nach seiner Pensionierung wurde er von Andreas Mölzer als Chefredakteur der rechtsextremen Hetzpostille „Zur Zeit“ und dann als Mitherausgeber geholt. Dort empörte er sich u.a. über das Deserteursdenkmal und beklagte, „‚dass ‚die Deserteure […] aus den Reihen der ehemaligen deutschen Wehrmacht […] knapp vor ihrem Ziel’ seien, der Enthüllung eines Denkmales zu Ehren der ‚fahnenflüchtigen Überläufer’. (Zur Zeit 37/2014, S. 59) Seledec fragt sich, wo er lebt, und meint, dass solche Würdigungen nur in Deutschland und Österreich möglich seien.“*

Auch die Entfernung der Ehrentafel für den NS-Kriegsverbrecher Alexander Löhr aus der Wiener Stiftskirche erregte Seledec: „In welch schrecklicher und moralisch fragwürdiger Zeit und Gesellschaft wir leben, wird uns immer wieder durch barbarische Einzelaktionen im öffentlichen Leben bewusst. Die schweigende ‚öffentliche Meinung‘ trägt an diesen beispiellosen Aktionen Mitschuld, ja sie fordert die Geschichtsfälscher und selbsternannten Gutmenschen geradezu heraus, uns ihre Sicht der Dinge und der Geschichtswahrnehmung aufzuzwingen. So wird die Zahl der Motivation jener Handlungen, mit welchen versucht wird, die Geschichte neu zu schreiben und mit der Brandfackel der Rache durch unser Land zu ziehen, immer größer.“**

Bei der Nationalratswahl 2013 kandidierte Seledec für die FPÖ auf einem hinteren Listenplatz, seit der Wiener Gemeinderatswahl 2015 fungiert er in Döbling als blauer Bezirksrat und Klubomannstellvertreter. Dass nun ein aktiver politischer Mandatar der FPÖ einen ORF-Auftrag bekommt, ist schon per se äußerst dubios. Dass Seledec aber just zum Thema der Wehrmachtsgeneräle keine neutrale, sondern sogar eine geschichtsrevisionistische Sichtweise einnimmt, zeigen seine Aktivitäten und Äußerungen auf vielfältige Weise. Es besteht zweifellos die große Gefahr, dass die geplante Dokumentation zum Reinwaschungsversuch der beteiligten NS-Generäle gerät. Das wäre gerade im Gedenkjahr 2018 schlichtweg eine Katastrophe. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat jedenfalls Erklärungs- und Handlungsbedarf. Das sieht auch der pensionierte Bundesheer-General Hubertus Trauttenberg so, der Seledec in einem Brief an Wrabetz bescheinigt, dass dieser „die notwendige ideelle und emotionale Distanz und Neutralität“ zum Thema der Dokumentation vermissen lasse.

*zit. nach http://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/neues-von-ganz-rechts/archiv/september-2014/vorbild-fuer-oesterreich

**zit. nach https://pronoever.com/2015/03/01/fpo-nr-wendelin-molzer-last-fur-kriegsverbrecher-alexander-lohr-lugen

24. Februar 2017

Endlich gerichtlich geklärt: FPÖ haftet für Hasspostings

2017-02-27T10:17:27+01:0024.02.17, 12:09 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Gesellschaft, Medien, Nationalrat|Tags: , , |

Für die FPÖ und ihren Chef Heinz-Christian Strache wird es langsam eng. Sie versucht seit langem, eine „digitale Parallelwelt“ zu errichten. Die eigene Anhängerschaft soll nur über eigene Medien informiert werden – über FPÖ-TV, Facebook-Seiten etc. In diesen medialen blauen „Echo-Kammern“ gibt es naturgemäß eine Radikalisierung, Andersdenkende werden nicht nur übelst beschimpft, sondern sogar bedroht. Das Ganze läuft der FPÖ aus dem Ruder.

Nun hat auch der Oberste Gerichtshof (OGH) für Klarheit gesorgt und festgestellt: Die FPÖ haftet als Host-Provider für einen Inhalt, der von Dritten auf der Facebook-Seite von Strache veröffentlicht wurde („Hassposting: FPÖ-Klub haftet als „Host-Provider“). Bitter für die blauen Herrschaften: Zuletzt haben sie beim Höchstgericht im umgekehrten Fall eine Niederlage erlitten.

Zum konkreten Fall: Auf Straches Facebook-Seite wurde nach den Sprengstoffanschlag von Ansbach in Bayern folgender Kommentar gepostet: „Was meint der enthirnte grüne Psychopath Walser dazu???“

Ich habe die FPÖ nachweislich kurz nach Erscheinen des Kommentars aufgefordert, diesen zu löschen, weil er strafbare Inhalte transportiert. Dem ist die FPÖ lange Zeit nicht nachgekommen, erst als die Sache gerichtsanhängig wurde, hat man sich zur Löschung entschlossen.

Zu spät. Wie nicht nur ich, sondern auch die Justiz befindet. Das Urteil ist wichtig: Gerichtlich wird festgehalten, dass der Betreiber einer Facebook-Seite auch für die Inhalte haftet, die auf seiner Seite von Fremden getätigt werden. Auch Facebook-Seiten und -Profile sind keine rechtsfreien Räume und unterliegen dem E-Commerce-Gesetz. Die FPÖ betreibt seit Jahren rechts-rechte Echo-Kammern, um die eigene Anhängerschaft exklusiv mit „Informationen“ zu versorgen. Alles andere wird im Blau-Sprech zur „Lügenpresse“. Das enthemmt viele, sodass der Ton der Postings und die Aggressivität der Poster kaum mehr zu bremsen sind.

Wir werden die blauen Herrschaften auch in Zukunft nicht aus ihrer Verantwortung entlassen.

15. Februar 2017

„Aula“ zum Widerruf und zur Übernahme der Verfahrenskosten gezwungen

2017-02-15T20:06:01+01:0015.02.17, 11:38 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , , |

„Volkswagens ewiggestriger Kult mit der Schuld […]. Die Volkswagen-Führung denkt nur an Auschwitz. Der Einstieg ins Buß-Busineß [sic!] erfolgte vor drei Jahrzehnten. Seither ist VW gemeinsam mit dem Internationalen Auschwitz-Komitee (IAK) auf den ‚Ort der Erinnerung und des Lernens‘ fixiert. […] Mit dem Engagement verbindet Volkswagen einen volkspädagogischen Auftrag. Viermal im Jahr fahren unschuldige VW-Lehrlinge für jeweils vierzehn Tage nach Auschwitz, um durch den ‚Kult mit der Schuld‘ (Heinz Nawratil) der Umerziehung unterworfen zu werden.“ (Fred Duswald, Die Aula 9/2015, S. 26 f.)*

Dieses Zitat ist eines von vielen, das die politische Stoßrichtung des Zentralorgans des Freiheitlichen Akademikerverbands (FAV) und ihres Autors Fred Duswald gut charakterisiert: Die ohnehin sehr spät erfolgte Aufarbeitung der unrühmlichen Geschichte des VW-Konzerns im Nationalsozialismus als Einstieg ins „Buß-Business“ zu diffamieren und den Besuch von Jugendlichen im Vernichtungslager Auschwitz zur „Umerziehung“ zu stilisieren, gehört zum geschichtsrevisionistischen Standardrepertoire von Fred Duswald und anderer Stammautoren der Aula.

Der gestrige Ausgang des zivilrechtlichen Verfahrens gegen die Aula, das ehemalige KZ-Häftlinge und die Tochter von Leon Zelman geführt haben, wird ein herber Schlag ins Gesicht der rechtsextremen Zeitschrift und ihrer Gefolgschaft sein, denn in der April-Nummer wird das zu lesen sein:

WIDERRUF
Wir haben in der Ausgabe Juli/August 2015 der „Die Aula – Das freiheitliche Monatsmagazin – unabhängig & unangepasst“ im Artikel mit dem Titel „Mauthausen-Befreite als Massenmörder“ die falschen Behauptungen verbreitet, die ehemaligen Häftlinge/Befreiten des KZ Mauthausen, dessen Neben-/Außenlager oder anderer Konzentrationslager seien Massenmörder und/oder für die Bevölkerung eine Landplage gewesen und/oder haben das Land raubend und plündernd, mordend und schändend geplagt und schwerste Verbrechen begangen.
Wir widerrufen hiermit diese Behauptungen als unwahr.
Dr. Manfred Werner Duswald, Aula Verlag Ges.m.b.H. (Martin Pfeiffer)

Ich bin sehr erleichtert über die nun gerichtlich erwirkte definitive Klärung, dass es in Österreich ab sofort nicht mehr erlaubt ist, Holocaust-Überlebende in einer derartig menschenverachtenden Weise zu beleidigen, wie es die Aula mehrfach getan hatte. Diese nun erzwungene Klarstellung ist eine überaus notwendige Korrektur der seinerzeitigen skandalösen Begründung der Einstellung des Verfahrens gegen die Aula und den Autor des Artikels durch die Grazer Staatsanwaltschaft, die national und international viel Schaden angerichtet hat.

Überprüfung der Aula nach dem Verbotsgesetz

Es ist aber auch klar, dass es mit dem nunmehrigen Ausgang des Verfahrens nicht zu Ende sein kann. Jetzt ist dringend zu klären, ob die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands nicht nur als rechtsextrem, sondern auch als antisemitisch und sogar geschichtsrevisionistisch eingestufte Zeitschrift nicht dem Verbotsgesetz zu unterwerfen ist. Gleichzeitig sollte sich die FPÖ sehr genau überlegen, ob sie diese widerwärtige Zeitschrift weiterhin als das Zentralorgan der ihr nahestehenden Burschenschaften halten und mit Inseraten und Wortspenden unterstützen will.

Dass die Aula den diffamierenden Artikel als unwahr widerrufen muss und zudem die Kosten für das Verfahren zu tragen hat, ist auch eine Genugtuung für die Kläger und für die Klägerin. Es ist überaus anerkennenswert, dass die neun KZ-Überlebenden und die Tochter von Leon Zelman, Caroline Shklarek-Zelman, nach der verheerenden ursprünglichen Einstellung des Verfahrens den Gang vors Gericht gewagt haben. Wir sind ihnen zu großem Dank verpflichtet, denn ohne sie wäre diese gerichtliche Klärung nicht möglich gewesen. Gleichzeitig ist auch dem Bund sozialdemokratischer Freiheitskämpfer/innen und der SPÖ für die Unterstützung der Klage zu danken.
* zitiert nach: http://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/rechtsextreme-organisationen/die-aula/zitate-ab-2011

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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