10. Oktober 2024

Blaune Herren an die Macht?

2024-10-09T13:34:18+02:0010.10.24, 9:43 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Parteien|Tags: , |

Reichen vier gescheiterte Regierungsbeteiligungen der FPÖ (BZÖ) nicht? Unter dem Titel „Aus Erfahrung klug werden?“ habe ich in einem Kommentar für die Vorarlberger Nachrichten Stellung bezogen. Hier zum Nachlesen:

Ist jemand geeignet, die Republik als Bundeskanzler zu führen, der den Bundespräsidenten als „senile Mumie in der Hofburg“ bezeichnet? Natürlich nicht, aber es steht mehr auf dem Spiel als „nur“ mangelhafte Umgangsformen – es geht um die 2. Republik, so wie wir sie kennen.

Dazu gehören Rechtsstaat und Gewaltenteilung, Menschen- und Minderheitenrechte, unabhängige und freie Medien sowie die Mitgliedschaft in der EU. Auch in anderen Ländern der EU sind das keine Selbstverständlichkeiten. In Polen wird derzeit immerhin versucht, den geplanten autoritären Umbau rückgängig zu machen. Es ist schwer genug!

In Ungarn hingegen ist eine Abwahl Viktor Orbáns nach seinem Umbau des Staates inzwischen bei Wahlen kaum mehr möglich. Kein Wunder, dass er das große Vorbild und der politisch engste Freund von Herbert Kickl und seiner FPÖ ist – abgesehen natürlich von der rechtsextremen deutschen AfD und Putin.

Wird man aus Erfahrung klug? Die FPÖ ist in allen Regierungsbeteiligungen auf Bundesebene vorzeitig gescheitert. Mit Grauen denken wir zurück an eine FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl, die vor dem russischen Diktator Wladimir Putin einen Hofknicks gemacht hat und heute allen Ernstes behauptet, sie sei in Österreich verfolgt worden, habe flüchten müssen und inzwischen in Russland Asyl erhalten.

Oder an die FPÖ-Arbeits- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein, die für den Zwölf-Stunden-Tag geworben und zudem behauptet hat, man könne von 150 Euro im Monat leben, wenn man zusätzlich eine Unterkunft habe. Ein Rauchverbot in Gaststätten lehnte sie ab, dafür gibt sie heute zu, dass die von der damaligen schwarz-blauen Regierung durchgeführte Zwangsfusion der Krankenkassen Mehrausgaben statt Einsparungen gebracht hat: Die versprochene „Patientenmilliarde“ sei halt ein „Marketinggag“ gewesen. Und dann wäre da noch der damalige Innenminister! Die Schreckensliste ließe sich fortsetzen.

Kickl und seine FPÖ wollen einen anderen Staat – und sie verheimlichen das auch nicht. Sie kündigen unverblümt „Fahndungslisten“ für missliebige Personen und Meldestellen für „politisierende Lehrer“ an. Die von ihr und allen anderen europäischen Rechten betriebene Schwächung der EU freut vor allem die Konkurrenz in den USA, China und Russland.

Auf Verlangen der ÖVP hat der Bundespräsident 2019 Kickl als Innenminister abberufen, weil mit ihm „kein Staat zu machen“ sei. Inzwischen hat der FPÖ-Boss die Identitären von Martin Sellner – der schon mal Hakenkreuz-Aufkleber an Synagogen geklebt hat – ein „unterstützenswertes Projekt“ genannt. Auch Geld ist von der FPÖ an die Identitären geflossen. Und jetzt verlangt die ÖVP allen Ernstes, Alexander Van der Bellen soll Kickl mit der Regierungsbildung beauftragen?

Der Bundespräsident hat gestern auf die komplizierte politische Situation eine kluge und staatsmännische Antwort gegeben!

30. September 2024

Die politische Mitte erodiert!

2024-09-30T09:11:26+02:0030.09.24, 9:09 |Kategorien: Wahlkampf|Tags: , |

Der Schock angesichts des desaströsen Wahlergebnisses sitzt tief, obwohl das Ergebnis zu erwarten war. Unter dem Titel „Die politische Mitte erodiert!“ habe ich es unmittelbar nach der ersten Hochrechnung kommentiert. Eine wirkliche Analyse ist wohl erst nach einer Erholphase möglich. Hier der Text zum Nachlesen:

Der FPÖ ist es in den letzten Jahren gelungen, das politische Spektrum nach rechts zu verschieben. Speziell die ÖVP war und ist willig dabei, aber auch Gegenentwürfe der anderen Parteien waren in diesem themenarmen Wahlkampf nur mit der Lupe zu erkennen.

Die politische Mitte erodiert allerdings nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa. Das ist aber nur ein Teil der Erklärung dieses Wahlergebnisses. Verunsicherte Menschen benötigen Antworten: Was muss sich ändern, damit auch Menschen mit geringem Einkommen ein menschenwürdiges Leben führen können? Wie gestalten wir sozial verträglichen (!) Klimaschutz? Was tun gegen die Bildungsmisere? Wie schaut ein konsequenter und menschenrechtskonformer Umgang mit illegaler Migration aus?

Aufgabe demokratischer Parteien ist es, Weltoffenheit, ein liberales Grundverständnis und proeuropäische Bekenntnisse glaubwürdig zu leben und zu vermitteln. Beide Regierungsparteien im Land sind in den nächsten zwei Wochen gefordert. Markus Wallner hat das am Wahlabend deutlich kommuniziert – leider ohne inhaltliche Festlegungen. Die Anbiederung an die FPÖ und deren Inhalte durch die Bundes-ÖVP – Renaturierungsgesetz, Asylpolitik, EU-Bashing usw. – nützte jedenfalls ausschließlich den Blauen.

Und die Grünen? Teile des Stammklientels gingen verloren. Die ständigen Streitereien in der Bundesregierung sind ein Grund dafür. Aber auch die Einengung auf das Klimathema ist zu wenig. Es braucht eine ganzheitliche Sicht auf Gesellschaft und Umwelt.

18. Januar 2024

Unwort „Remigration“

2024-01-18T08:55:50+01:0018.01.24, 8:53 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

In Deutschland wird über ein Verbot der AfD diskutiert. In Österreich diskutiert man darüber, in welcher Konstellation die FPÖ ab Herbst in der Regierung sein wird. Es ist Zeit aufzuwachen und dem rechtsextremen und rassistischen Treiben Einhalt zu gebieten. Dazu mein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten. Hier zum Nachlesen:

Letzte Woche hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei einem Festakt das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) gewürdigt und in Bezug auf die NS-Vergangenheit gemeint: „Es darf gerade jetzt nicht sein, dass wir einen bequemen Schlussstrich ziehen.“

Am selben Tag wurde ein Geheimtreffen hochrangiger AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarker Unternehmer bekannt, bei dem es in Berlin um „Remigration“ ging. Aus Österreich angereist war unter anderem auch Martin Sellner, Chef der mit der FPÖ über mehrere Wege verbandelten rechtsextremen „Identitären“. Kernforderung in Berlin: die Vertreibung von Millionen (!) von Menschen aus Deutschland und Österreich.

„Masterplan“

Auch FPÖ-Obmann Herbert Kickl operiert mit solchen haarsträubenden Forderungen und dem Begriff „Remigration“, mit dem nicht nur er, sondern Neonazis, Neofaschisten und rechtsextreme Parteien in ganz Europa seit Jahren das gesellschaftliche Klima vergiften.

„Remigration“ meint die „Rückgängigmachung“ von Migration und somit die massenhafte Deportation von Menschen – Kickl nennt sie menschenverachtend „nicht wertvolle Elemente“, darunter solche mit österreichischer Staatsbürgerschaft. Ohne Gewalt wird das nicht gehen. Es stünde außerdem eklatant im Widerspruch zu unserer geltenden Verfassung.

FPÖ und Identitäre

Auf der Plattform „Stoppt die Rechten“ sowie der Homepage des DÖW gibt es fundierte Hinweise auf die engen Verbindungen zwischen FPÖ, ihrer Schwesterpartei AfD und den Identitären. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz begrüßte bei einer FPÖ-Kundgebung die Identitären („Hier seid ihr willkommen!“): „Wir werden diese Bundesregierung mit sprichwörtlichen nassen Fetzen aus dem Parlament treiben.“ Aus dem Parlament wohlgemerkt, nicht nur aus der Regierung.

Auch sein Kompagnon Christian Hafenecker schwadroniert von einem angeblichen „Bevölkerungsaustausch“ und bekundet offen Sympathie für die Positionen der Identitären. Er habe „nicht den geringsten Grund, sich von völlig legitimen und aus unserer Sicht auch politisch unterstützenswerten Forderungen zu distanzieren“.

Folgerichtig unterstützte die Freiheitliche Jugend eine „Remigrations-Tour“ der Identitären in Oberösterreich, der Obmann der Jung-Blauen sprach sogar von einem „Schulterschluss“. Der frühere Parteichef Norbert Hofer bezeichnete die Identitären und deren Forderungen zurecht als „Wahnsinn“, Kickl hingegen spricht von der in Österreich offiziell als rechtsextrem eingestuften Truppe als „unterstützenswertem Projekt“.

In Deutschland wurde „Remigration“ von einer Jury zum „Unwort des Jahres“ gewählt. Es sei ein „rechter Kampfbegriff“ und eine „beschönigende Tarnvokabel“. In Österreich wird dieses Unwort von der in aktuellen Umfragen stärksten Partei verwendet.

Es wird Zeit, wieder an der Artikel 9 des Staatsvertrags zu erinnern. Demnach verpflichtet sich unser Staat, „alle nazistische Tätigkeit in Österreich zu verhindern“.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr…

Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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