Quo vadis Griechenland?
Nun ist es also Wirklichkeit geworden: „Syriza“, die Partei des griechischen Ministerpräsident Alexis Tsipras spaltet sich. 25 ehemalige Abgeordnete gründeten unter der Führung von Panagiotis Lafazanis eine neue Fraktion und Partei mit dem Namen „Volkseinheit“. Sie ist nun die drittstärkste Kraft im Parlament.
Man darf gespannt sein, wie die griechischen WählerInnen das beurteilen werden. Interessant ist jedenfalls, für wen Alexis Tsipras, der frühere „Gott-sei-bei-uns“ des europäischen Polit-Establishments, inzwischen zum Garanten oder zumindest Hoffnungsträger für Stabilität geworden ist.
„Der Spiegel“ (Plötzlich drückt Brüssel Tsipras die Daumen) fasst das so zusammen: „Ein Sieg des Sozialisten brächte Stabilität, darum wünscht man sich, dass er weitermachen kann.“ Sogar führende Kräfte in der CSU mahnen Stabilität ein, für die offensichtlich Tsipras steht.
In Italien jubelt die liberale Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ und schreibt, dem „kühnen“ Tsipras sei „ein Platz auf dem Olymp der großen griechischen Staatsmänner“ sicher, wenn er im September die Wahlen gewinne. Er sei ein Mann mit „Mut zur geistigen Flexibilität“, habe den „Grexit“ verhindert und „nicht nur sein Land gerettet, sondern auch den Euro“. Ganz schön verzwickt ist diese Welt geworden!
Wir wollen die Kirche im Dorf lassen. Die Heiligsprechung von Alexis Tsipras durch europäische Konservative und Liberale ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die größte Stärke des Premiers die Schwäche seiner Gegner ist: Die sozialdemokratische PASOK hat nicht nur moralisch, sondern auch personell abgewirtschaftet und nur noch 13 Abgeordnete, und der konservativen „Nea Dimokratia“ gelingt es nicht einmal, sich auf einen Vorsitzenden zu einigen.
Wie auch immer die Wahl ausgeht, viel Grund zum Optimismus sehe ich nicht: Die soziale Situation in Griechenland ist unerträglich, viele Menschen haben weiterhin keinen Zugang zum Gesundheitssystem, die Jugendarbeitslosigkeit von inzwischen über 50 Prozent ist unerträglich. Die wirtschaftspolitischen Auflagen für Griechenland setzen den bisherigen Austäritätskurs fort: Die Mehrwertsteuererhöhungen treffen alle und besonders hart die Armen, Renten werden weiter gekürzt, der Arbeitsmarkt noch stärker „flexibilisiert“, … Dieser Kurs wird die griechische Wirtschaft weiter in die Rezession führen. Die Anpassungsleistungen gehen zu einem Großteil auf Kosten der „kleinen Leute“, die die Krise nicht verursacht haben.
Mit den Vorgaben, die Griechenland für weitere Hilfszahlungen erfüllen muss, werden demokratische Grundsätze ausgehebelt. Die griechische Regierung muss sämtliche Gesetzesvorhaben in „relevanten Bereichen“ vor Befassung des Parlaments von den EU-Institutionen genehmigen lassen. Damit wird Griechenland seiner Souveränität beraubt und quasi unter europäische Aufsicht gestellt.
Vielleicht nimmt ja irgendwer nach der Bankenrettung auch diese Probleme in Angriff!