Leistungsfeindliches Steuersystem
Konservative reden ja gerne davon, sie seien fĂŒr das âLeistungsprinzipâ. Abgesehen davon, dass uns die Pandemie wieder gelehrt hat, dass die âLeistungstrĂ€ger_innenâ vor allem in KrankenhĂ€usern, Altersheimen usw. zu finden sind, besteht diese Aussage auch beim Steuersystem die Nagelprobe nicht. Ăsterreich ist in Bezug auf vermögensbezogene Steuern im europĂ€ischen Hintertreffen. Unter dem Titel âGilt das Leistungsprinzip?â habe ich in meiner Kolumne in den âVorarlberger Nachrichtenâ am Beispiel âErbschaftssteuerâ dazu Stellung bezogen. Hier zum Nachlesen:
Studienabbrecher können es in Ăsterreich weit bringen. Bundeskanzler beispielsweise oder MilliardĂ€r. Das Vermögen von Red-Bull-Vermarkter Dietrich Mateschitz wird auf 24 Milliarden Euro geschĂ€tzt. Erben wird das sein einziger Sohn. Nach jetziger Rechtslage steuerfrei.
Ist es gerecht, dass jemand ohne jede Leistung ein Milliardenvermögen erhÀlt und keine Steuer zahlt? Und ist es gerecht, dass eine nach Kollektivvertrag bezahlte und in Vollzeit beschÀftigte Reinigungskraft mit 1.600 ⏠Bruttolohn bereits 20 Prozent Lohnsteuer zahlen muss?
Leistungsprinzip?
Konservative reden gerne vom Leistungsprinzip. Dietrich Mateschitz hat groĂe unternehmerische Leistungen erbracht. Aber warum soll sein Sohn keine Steuer zahlen fĂŒr ein ererbtes Vermögen, das auch dank der â von uns allen bezahlten â hervorragenden Infrastruktur in Ăsterreich zustande kam?
Etwa zwei Drittel der EU-Staaten heben â nach FreibetrĂ€gen â Erbschaftssteuern ein. In den Niederlanden sind das bis zu 20 Prozent, in Deutschland bis zu 30 Prozent, in Frankreich und GroĂbritannien gar bis zu 40 Prozent. Auch die keineswegs kommunistisch regierte Schweiz erhebt in den meisten Kantonen eine Erbschaftssteuer.
Niemand kann wollen, dass ein sauer verdientes Eigenheim der Erbschaftssteuer unterliegt. Und natĂŒrlich muss es beim Vererben von Klein- und Mittelunternehmen oder einer Landwirtschaft Sonderregelungen geben. Aber bei Millionenerbschaften darf die Allgemeinheit einen â mit der Höhe der Erbschaft steigenden â Anteil erwarten.
Schon einmal versteuert?
Was spricht gegen eine moderate Erbschaftssteuer? Ein Argument wird immer wieder vorgebracht, ist aber trotz stĂ€ndiger Wiederholung nicht wirklich schlĂŒssig: Durch die Erbschaftssteuer wĂŒrden versteuerte Werte noch einmal besteuert.
Was soll die erwĂ€hnte Reinigungskraft sagen, wenn sie nach ihrer Arbeit einkaufen geht und ihr bereits versteuerter Lohn noch einmal besteuert wird? Neben der Umsatzsteuer fallen je nach Produkt ja sogar noch weitere Steuern an, etwa bei Tabak oder Benzin. Dagegen hat der Erbe selbst fĂŒr die Erbschaft noch nie Steuern bezahlt.
Konjunkturmotor
Gerade zur Ăberwindung der Krise wĂ€re eine Erbschafts- und Vermögenssteuer sinnvoll, denn im Gegensatz zur Regierungspropaganda sind wir nicht gut durch die Pandemie gekommen: Innerhalb der EU gehören wir derzeit in Sachen Wirtschaftswachstum zu den Schlusslichtern.
Dabei verweisen Expertinnen wie etwa Margit Schratzenstaller vom WIFO darauf, dass vermögensbezogene Steuern zum Wachstums- und BeschÀftigungsmotor werden können, wenn man gleichzeitig Leistung belohnt und Abgaben auf Arbeit senkt.
Und die Erben der derzeit rund 160.000 österreichischen MillionÀre könnten eine Erbschaftssteuer wohl verschmerzen.