7. Juni 2021

Leistungsfeindliches Steuersystem

2021-06-07T09:38:44+02:0007.06.21, 9:24 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|Tags: , |

Konservative reden ja gerne davon, sie seien fĂŒr das „Leistungsprinzip“. Abgesehen davon, dass uns die Pandemie wieder gelehrt hat, dass die „LeistungstrĂ€ger_innen“ vor allem in KrankenhĂ€usern, Altersheimen usw. zu finden sind, besteht diese Aussage auch beim Steuersystem die Nagelprobe nicht. Österreich ist in Bezug auf vermögensbezogene Steuern im europĂ€ischen Hintertreffen. Unter dem Titel „Gilt das Leistungsprinzip?“ habe ich in meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ am Beispiel „Erbschaftssteuer“ dazu Stellung bezogen. Hier zum Nachlesen:

Studienabbrecher können es in Österreich weit bringen. Bundeskanzler beispielsweise oder MilliardĂ€r. Das Vermögen von Red-Bull-Vermarkter Dietrich Mateschitz wird auf 24 Milliarden Euro geschĂ€tzt. Erben wird das sein einziger Sohn. Nach jetziger Rechtslage steuerfrei.

Ist es gerecht, dass jemand ohne jede Leistung ein Milliardenvermögen erhĂ€lt und keine Steuer zahlt? Und ist es gerecht, dass eine nach Kollektivvertrag bezahlte und in Vollzeit beschĂ€ftigte Reinigungskraft mit 1.600 € Bruttolohn bereits 20 Prozent Lohnsteuer zahlen muss?

Leistungsprinzip?

Konservative reden gerne vom Leistungsprinzip. Dietrich Mateschitz hat große unternehmerische Leistungen erbracht. Aber warum soll sein Sohn keine Steuer zahlen fĂŒr ein ererbtes Vermögen, das auch dank der − von uns allen bezahlten − hervorragenden Infrastruktur in Österreich zustande kam?

Etwa zwei Drittel der EU-Staaten heben − nach FreibetrĂ€gen − Erbschaftssteuern ein. In den Niederlanden sind das bis zu 20 Prozent, in Deutschland bis zu 30 Prozent, in Frankreich und Großbritannien gar bis zu 40 Prozent. Auch die keineswegs kommunistisch regierte Schweiz erhebt in den meisten Kantonen eine Erbschaftssteuer.

Niemand kann wollen, dass ein sauer verdientes Eigenheim der Erbschaftssteuer unterliegt. Und natĂŒrlich muss es beim Vererben von Klein- und Mittelunternehmen oder einer Landwirtschaft Sonderregelungen geben. Aber bei Millionenerbschaften darf die Allgemeinheit einen − mit der Höhe der Erbschaft steigenden − Anteil erwarten.

Schon einmal versteuert?

Was spricht gegen eine moderate Erbschaftssteuer? Ein Argument wird immer wieder vorgebracht, ist aber trotz stĂ€ndiger Wiederholung nicht wirklich schlĂŒssig: Durch die Erbschaftssteuer wĂŒrden versteuerte Werte noch einmal besteuert.

Was soll die erwĂ€hnte Reinigungskraft sagen, wenn sie nach ihrer Arbeit einkaufen geht und ihr bereits versteuerter Lohn noch einmal besteuert wird? Neben der Umsatzsteuer fallen je nach Produkt ja sogar noch weitere Steuern an, etwa bei Tabak oder Benzin. Dagegen hat der Erbe selbst fĂŒr die Erbschaft noch nie Steuern bezahlt.

Konjunkturmotor

Gerade zur Überwindung der Krise wĂ€re eine Erbschafts- und Vermögenssteuer sinnvoll, denn im Gegensatz zur Regierungspropaganda sind wir nicht gut durch die Pandemie gekommen: Innerhalb der EU gehören wir derzeit in Sachen Wirtschaftswachstum zu den Schlusslichtern.

Dabei verweisen Expertinnen wie etwa Margit Schratzenstaller vom WIFO darauf, dass vermögensbezogene Steuern zum Wachstums- und BeschÀftigungsmotor werden können, wenn man gleichzeitig Leistung belohnt und Abgaben auf Arbeit senkt.

Und die Erben der derzeit rund 160.000 österreichischen MillionÀre könnten eine Erbschaftssteuer wohl verschmerzen.

1. MĂ€rz 2021

Kann nur die EU helfen?

2021-03-01T09:10:25+01:0001.03.21, 9:10 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|Tags: , , , |

Sie wird in vielen ihrer MitgliedslĂ€nder viel gescholten – oft zu Unrecht. Von ihr kommen nĂ€mlich nicht selten innovative und vorwĂ€rtsweisende Initiativen. Sie hat auch die Kraft und die StĂ€rke, diese gegen andere Wirtschaftsregionen und mĂ€chtige Konzerne durchzusetzen.

Und bei uns? Braucht es wirklich die EU, damit in Österreich sinnvolle Reformen durchgefĂŒhrt werden? In einigen FĂ€llen schon. Unter dem Titel „Teure UntĂ€tigkeit!“ habe ich dazu in meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ Stellung bezogen. Hier zum Nachlesen:

Seit Jahresbeginn zahlt Österreich eine „Plastikabgabe“ an die EU. Sie zahlen. Ich zahle. Wir alle zahlen sie mit unserem Steuergeld. Pro Jahr kostet uns das etwa 160 Millionen Euro. Geld, das wir in Corona-Zeiten gut gebrauchen könnten.

Doch damit nicht genug. Österreich hat bislang auch die EU-Richtlinie zur getrennten Sammlung von Einweg-Plastikflaschen nicht umgesetzt. Die Europarechtsexpertin Teresa Weber von der UniversitĂ€t Salzburg schĂ€tzt, dass uns das weitere bis zu 45 Millionen Strafzahlungen kosten wird. Die Frist endet Anfang Juli.

Plastikförderung

Vorgesehen wĂ€re die Plastikabgabe von 80 Cent pro Kilogramm eigentlich fĂŒr die Verursacher, also die Produzenten. Sie machen ja auch enorme Profite mit Plastikflaschen, Verpackungen usw. Die Profite bleiben in den Unternehmen. Uns bleiben die Kosten − und der MĂŒll. Die EinfĂŒhrung der ĂŒberfĂ€lligen Plastiksteuer ist an der ÖVP gescheitert. Wie war das noch mit dem Verursacherprinzip?

Wer Plastik nicht besteuert, fördert seinen Einsatz: Pro Kopf verbrauchen wir in Österreich denn auch 24 Prozent mehr Plastik als der europĂ€ische Schnitt. Im EU-LĂ€nder-Vergleich hat sich Österreich damit − so berichtet Greenpeace − innerhalb von zehn Jahren um 13 PlĂ€tze verschlechtert. Zudem wird bei uns nur ein Drittel des PlastikmĂŒlls recycelt. Malaysia hat uns gerade eine illegal dort entsorgte Schiffsladung mit PlastikmĂŒll retourniert.

Konzerne besteuern

Und noch eine weitere Meldung mit EU-Bezug ließ aufhorchen: Die EU-Kommission will, dass große Konzerne jedem Land die Höhe des Umsatzes und die Zahl der BeschĂ€ftigten melden. Das ist dann die Grundlage fĂŒr die Steuerleistung.

Bislang gibt es die groteske Situation, dass Besitzer eines WĂŒrstelstands teilweise mehr Steuern zahlen als der eine oder andere Großkonzern. Der Vorschlag der EU ist vier Jahre am Widerstand von Wirtschaftslobbys und konservativen Regierungen gescheitert. Man ahnt es: darunter auch Österreich. Erst in der gar nicht so schrecklichen Zeit unserer „Expertenregierung“ und dem freien Spiel der KrĂ€fte im Nationalrat war es 2019 möglich, die Regierung zur Zustimmung zu dieser Initiative der EU-Kommission zu verpflichten.

Die EU ist alles andere als perfekt. Das gilt aber auch fĂŒr Österreich. Die zwei erwĂ€hnten Vorgaben aus BrĂŒssel sind sinnvoll. Nur eine wurde bislang umgesetzt. In Sachen Plastiksteuer warten wir noch darauf.

Nicht wenige erwarten angesichts der Differenzen zwischen GrĂŒnen und ÖVP schon die nĂ€chste Regierungskrise und baldige Neuwahlen. Dazwischen könnte es wieder eine Expertenregierung und ein freies Spiel der KrĂ€fte im Nationalrat geben: Ein Armutszeugnis fĂŒr die heimische Politik, wenn das wirklich die einzige Chance ist, diesen ĂŒberfĂ€lligen Beschluss zu fassen.

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15. Februar 2021

Tirols Problem mit seinen ReprÀsentanten

2021-02-15T09:49:30+01:0015.02.21, 9:48 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft, Gesellschaft|Tags: , |

In letzter Zeit hĂ€ufen sich verstörende Meldungen aus Tirol. Mit verbalen Kraftakten wird gegen alles geschossen, was aus Wien, MĂŒnchen oder Berlin kommt. Das schadet der Bevölkerung, das schadet dem Land, das schadet der Wirtschaft.

Unter dem Titel „Was ist los in Tirol?“ habe ich in den „Vorarlberger Nachrichten“ dazu Stellung bezogen. Hier zum Nachlesen:

Wer erinnert sich nicht an die unsĂ€gliche Behauptung des Tiroler Gesundheitslandesrates Bernhard Tilg, der in einem einzigen Interview in der ZiB2 zwölfmal behauptet hatte, man habe bei der BekĂ€mpfung des Corona-Virus „alles richtig“ gemacht? Das war nach Ischgl und nach der verheerenden Berichterstattung in ganz Europa.

Tirol hat ein Problem mit seinen ReprĂ€sentanten, die Kritik mit Grobheiten zurĂŒckweisen. ÖVP-Nationalrat Franz Hörl spielt den „Alpen-Trump“ und bezeichnet die Reisewarnung der Regierung fĂŒr Tirol einen „RĂŒlpser aus Wien“. Der PrĂ€sident der Wirtschaftskammer, Christoph Walser wird vom SPÖ-Politiker Andreas Schieder auf Twitter nach seinem Auftritt in der ZiB2 gar als Paradebeispiel dafĂŒr bezeichnet, „wie gemeingefĂ€hrlich die Paarung von Dummheit und Überheblichkeit sein kann“.

Triebfeder Gier

Doch das Problem auf „Dummheit“ zu reduzieren, greift zu kurz. Felix Mitterer hat schon vor einem Vierteljahrhundert mit seiner „Piefke-Saga“ nicht nur das VerhĂ€ltnis der Tiroler zu den deutschen GĂ€sten kritisch beleuchtet, sondern auch die ĂŒber Leichen gehende Gier in der heimischen Tourismus-Industrie. Derzeit arbeitet er an einer Fortsetzung. Stoff hat er genug.

Da sind beispielsweise Zillertaler Hoteliers, die mitten in der Pandemie nach SĂŒdafrika zum Golfen geflogen sind, wĂ€hrend zuhause der Betrieb mit Steuergeld gerettet wird. Wenig spĂ€ter taucht die höchst gefĂ€hrliche SĂŒdafrika-Mutation des Virus genau in ihrem Bezirk auf und hĂ€lt inzwischen ganz Europa in Atem.

Doch damit nicht genug. Da wĂ€re ein Covid-Cluster in Jochberg, verursacht durch Briten, die in Tirol angeblich eine „Fortbildung“ als Ski-Lehrer machen und in Wirklichkeit wohl nur „getarnte“ Urlauber sind − auf Kosten der Corona-geplagten Bevölkerung. Dann gĂ€be es auch noch angeblich Arbeitssuchende und zweifelhafte „Zweitwohnungsbesitzer“, die − so ein Zufall − in Skigebieten entdeckt werden.

Markenzeichen PrÀpotenz

Das Problem ist nicht nur die politische Kaste. In der Tirol-Ausgabe der Kronen-Zeitung war zu lesen, das Virus sei nicht so schlimm: „Viel schlimmer ist dieses ‚Tirol-Bashing‘. Von Wien ĂŒber MĂŒnchen bis nach Berlin zerreißen sie sich das Maul ĂŒber uns. Am lautesten brĂŒllt der bayerische Löwe Markus Söder. Er lĂ€sst derzeit keine Möglichkeit aus, um uns runterzumachen.“

Diese Wehleidigkeit angesichts gerechtfertigter Kritik lĂ€sst fĂŒr die Zukunft auf wenig Einsicht bei Fehlentwicklungen hoffen. Die Kronen-Zeitung jedenfalls gibt schon jetzt Entwarnung. So schlimm seien die Auswirkungen der jetzigen Maßnahmen und des Bashings auch wieder nicht: „Wir Tiroler werden uns von Söder nicht in die Knie zwingen lassen. Da kann er gegen uns wettern, bis er schwarz wird. Denn eines ist auch klar: Die Bayern lieben Tirol und sie freuen sich schon auf den nĂ€chsten Tirol-Urlaub!“

Das könnte der nĂ€chste Irrtum sein im Land, wo man „alles richtig“ gemacht hat.

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Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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