TĂŒrkiser Rechtsruck
In den âVorarlberger Nachrichtenâ habe ich zur politischen Situation kommentiert:
Geschichtsvergessener Kanzler
Es geht rund: Die rechtsextremen âEinzelfĂ€lleâ in der FPĂ sind inzwischen ein Dauerthema, Krawallmedien werden mit Regierungsinseraten hochgepĂ€ppelt, kritische Stimmen bedroht. Höhepunkt dieser Entwicklung ist die Kampagne gegen Armin Wolf, dem wegen kritischer Fragen âKonsequenzenâ angedroht werden. Kritische Journalist*innen stehen unter Druck, bei nicht wenigen ist bereits vorauseilender Gehorsam spĂŒrbar. Der knieweiche ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz schweigt zu alledem und lĂ€sst sich lieber in Seitenblicke-BeitrĂ€gen beim Champagner-Trinken filmen.
Wohin driftet die Republik? Es ist bezeichnend und beunruhigend, dass die Aufregung ĂŒber diese Entwicklung im Ausland gröĂer ist als hierzulande: Egal ob ARD, ZDF, BBC, Washington Post oder Neue ZĂŒrcher Zeitung (âNicht regierungsfĂ€higâ): Ăsterreichs Rechtsruck ist international ein Thema.
Rechtsextremer Kampfbegriff
Hierzulande finden es immer mehr Menschen gar nicht so schlimm, wenn der Vizekanzler der Republik einen identitĂ€ren Kampfbegriff hoffĂ€hig macht. Er weiĂ natĂŒrlich, dass âBevölkerungsaustauschâ eine von Rechtsextremen geprĂ€gte und gezielt verwendete Vokabel ist. Er transportiert die Verschwörungstheorie, dass Europas weiĂe Bevölkerung durch von geheimen Eliten gesteuerte Immigration vermischt und verdrĂ€ngt werde. Die Idee der âReinheitâ eines Volkes entstammt der NS-Ideologie. Der rechtsextreme Massenmörder von Christchurch hat ihn ebenso verwendet wie jene Gruppierung, die von FPĂ-FunktionĂ€ren propagandistisch und finanziell gefördert wird: die IdentitĂ€ren. Dennoch bleibt Strache dabei, er gehe âden Weg fĂŒr unser Heimatland Ăsterreich, den Kampf gegen den Bevölkerungsaustausch, konsequent weiterâ.
Der FĂŒhrer der IdentitĂ€ren, frohlockt: âIch danke Strache, dass er das gesagt hatâ, der Vizekanzler schĂŒtze damit das âgesamte patriotische Vorfeldâ. Das Video trĂ€gt â inklusive Rechtschreibfehler â den Titel âGegen den Bevölkerungsaustausch! â Strache bleibt Stabilâ.
Kurz als Wegbereiter
Der geschichtsvergessene junge Kanzler hat dem nicht nur nichts entgegenzusetzen, er sieht sich selbst als Wegbereiter fĂŒr den Rechtsruck. âBevölkerungsaustauschâ verwende er nicht, weil Zuwanderung ja nur in eine Richtung erfolge: âDie Ăsterreicher, die in diese LĂ€nder ziehen, können Sie an einer Hand abzĂ€hlen.â Kurz bricht den rechtsextremen Begriff auf das rein Rechnerische herunter und verharmlost ihn damit.
Sogar das Boulevard-Blatt âBildâ versteht das nicht mehr: âMit dieser Argumentation kommt die ĂVP/FPĂ-Koalition nicht mehr durch.â Doch ein Umdenken ist nicht festzustellen, eher ĂŒberwiegt bei Sebastian Kurz der Stolz auf das Erreichte: âVieles von dem, was ich heute sage, ist vor drei Jahren noch massiv kritisiert und als rechtsradikal abgetan worden, das hat sich geĂ€ndert.â Da hat er recht. Leider.