16. Dezember 2016

Inklusion jetzt!

2016-12-16T18:09:30+01:0016.12.16, 12:10 |Kategorien: Bildung, Gesellschaft, Integration, Nationalrat|Tags: |

jarmer_pk_16-12-2016Vor fast auf den Tag genau zehn Jahren, am 13. Dezember 2006, hat in New York die UN-Generalversammlung die „Behindertenrechtskonvention“ verabschiedet. Inzwischen sind 167 Staaten und die EU in Form eines völkerrechtlichen Vertrags beigetreten. Seither werden Menschen mit besonderen BedĂŒrfnissen nicht mehr als Kranke betrachtet, sondern als gleichberechtigte Menschen. Besser: Es sollte so sein.

Dazu habe ich heute gemeinsam mit unserer Behindertensprecherin Helene Jarmer in einer Pressekonferenz Stellung bezogen. Einige Fakten:

  • Im Schuljahr 2015/16 lag der Anteil an SchĂŒlerInnen mit SPF (sonderpĂ€dagogischer Förderbedarf) zwischen 4,1 (Tirol)  und 6,8% (Vorarlberg).
  • In ganz Österreich sind 30.700 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 14 Jahren (Pflichtschule) betroffen.
  • In Sonderschulklassen sind zwischen 17,1 % (KĂ€rnten) und 48,9% (Tirol) der SchĂŒlerInnen mit SPF. Im Durchschnitt sind es ca. 35%

Im zuletzt beschlossenen Budget beziehungsweise im sogenannten „Finanzausgleich“ zwischen Bund und LĂ€ndern wird unverĂ€ndert ein Wert von 2,7% angenommen. Abgelehnt wurde meine mehrfach eingebrachte Forderung, die Quote zu verdoppeln. Meilenweit entfernt sind wir vom Ziel eines bedarfsgerechten individuellen Anspruchs.

Kleiner Fortschritt: Die Regierung schafft „Inklusive Modellregionen“ in KĂ€rnten, der Steiermark und in Tirol. DafĂŒr gibt es ingesamt ganze 180.000 € „Projektförderung“. Fortschritt? Eigentlich eine Provokation.

Im Parlament wurde vorgestern der weitere Ausbau ganztĂ€giger Schulen beschlossen. SchĂŒlerInnen mit SPF sind dabei nicht berĂŒcksichtigt. Die im Gesetz verankerte Pro-Kopf-Förderung wird zur Falle, da bei der Schaffung von PlĂ€tzen fĂŒr Kinder und Jugendliche mit SPF höhere Kosten anfallen (z.B. Adaptierung Infrastruktur, zusĂ€tzliches Personal nötig 
). Unser AbĂ€nderungsantrag, der zumindest eine doppelte Förderung fĂŒr SchĂŒlerInnen mit SPF garantieren sollte, wurde abgelehnt. Dies, obwohl keine zusĂ€tzlichen Mittel nötig gewesen wĂ€ren, sondern nur deren gerechtere Verteilung nach Bedarf und nicht nach dem „Gießkannenprinzip“, das den unterschiedlichen BedĂŒrfnissen nicht gerecht wird. Es hĂ€tte schon gereicht, von den beschlossenen 750 Mio. Euro rund 20 Mio. Euro umzuschichten.

Inklusion_2Von Bildungsministerin Sonja Hammerschmid haben wir daher heute gefordert, dass sie bis Ende 2017 eine Strategie fĂŒr die Gleichberechtigung von behinderten und nicht-behinderten Kindern vorlegt.

Es bleibt viel zu tun. Vor allem in den Köpfen der Verantwortlichen!

7. Dezember 2016

Die FPÖ und ihr Bildungsproblem: Gute Nacht!

2016-12-07T12:47:42+01:0007.12.16, 12:39 |Kategorien: Bildung, Gesellschaft|Tags: , |

DisziplinUnerfreulich sind die gestern prÀsentierten Ergebnisse aus der letzten PISA-Untersuchung allemal. Da ist dem freiheitlichen Bildungssprecher Walter Rosenkranz zuzustimmen. Aber hier ist die Schnittmenge zwischen Rosenkranz und mir auch schon zu Ende.

„Zu den heute veröffentlichten katastrophalen Ergebnissen der letzten PISA-Studie meint FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz: ‚Wenn es nicht bald gelingt, Schulen zu Bildungseinrichtungen zu machen, die sich an den Kriterien Anstrengung, Leistung und Disziplin orientieren, dann ‚Gute Nacht‘ fĂŒr Österreichs Kinder! Schulen sind primĂ€r Bildungs- und nicht Sozialeinrichtungen.’“ *

„Anstrengung, Leistung und Disziplin“, das ist also das Rezept der FPÖ, um unsere Kinder bildungsmĂ€ĂŸig nach vorne zu bringen. Wie auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen suggeriert die FPÖ, dass es irgendwann einmal besser war, dass es irgendwann eine heile Zeit gegeben hĂ€tte. Aber gerade im Bildungswesen liegt die FPÖ fundamental daneben. Manche von uns erinnern sich an Zeiten, wo die blauen Bildungswerte tatsĂ€chlich noch GĂŒltigkeit hatten, wo der Weg von Kindern ausschließlich durch die Herkunft gezeichnet und ein Aufstieg in der Regel unmöglich war. TrĂ€umt Rosenkranz tatsĂ€chlich von „Seinerzeit“, als der eigenstĂ€ndige Wille von Kindern durch „Disziplin und Ordnung“ schon in der Volksschule gebrochen wurde und nur eine schmale, durch das soziale System vorbestimmte Elite den Weg durchs Gymnasium geschafft hatte?

Eine der grĂ¶ĂŸten Leistungen von Bruno Kreisky war, das österreichische Bildungswesen zu öffnen: durch viele kostenlose Leistungen, durch Minimierung der EingangshĂŒrden, indem etwa Gymnasien am Land eröffnet und die AufnahmeprĂŒfungen eliminiert wurden und wesentlich auch durch die Etablierung von demokratischeren Strukturen in der Schulwelt. Die PrĂŒgelstrafe in Schulen wurde 1974 verboten, spĂ€ter folgte das Verbot von jeder Form von physischer und psychischer Gewalt. Profitiert haben davon viele, aber der von Kreisky eingeschlagene Weg ist nicht mehr fortgesetzt worden. Diesen Preis bezahlen nun wir – das heißt, unsere Kinder.

Was will die FPÖ also, wenn sie „Anstrengung, Leistung und Disziplin“ einfordert? Der Blick in blaue Wahlprogramme und auf Maßnahmen, wie sie etwa in Oberösterreich gesetzt bzw. gefordert wurden, lohnt sich: Die Forderung nach Sprachverboten („Pausensprache Deutsch“) und nach einem verpflichtend vorgegebenen patriotischer Gedichte- und Liederkanon zum Auswendiglernen gingen durch die Medien – alles freilich von jenen abgelehnt, die wenigstens einen blassen Schimmer von pĂ€dagogischen und methodischen Grundkenntnissen aufweisen können. Die seit Herbst 2015 in Wels regierende FPÖ hat fĂŒr ihre bildungspolitischen Maßnahmen, die zu KĂŒrzungen in den stĂ€dtischen KindergĂ€rten gefĂŒhrt haben, am Sonntag ihre Rechnung bekommen: 56% haben fĂŒr Alexander Van der Bellen und damit gegen den blauen PrĂ€sidentschaftskandidaten gestimmt. Dumm gelaufen: Das Volk, das die FPÖ so gerne beschwört, ist in ganz Oberösterreich mehrheitlich nicht der blauen Regierungspartei gefolgt.

Aber wo ortet Rosenkranz die Schuldigen? „Die linke Bildungspolitik sei völlig am Holzweg. Mit PISA sei nun ein weiteres Mal ihr Totalversagen bestĂ€tigt worden. ‚Gott sei Dank fĂŒr Van der Bellen wurde dieses Ergebnis erst heute bekannt und nicht schon vor seiner Wahl, denn sĂ€mtliche seiner UnterstĂŒtzer sind an dieser Misere schuld’, so Rosenkranz.“ Ah, die Van der Bellen-UnterstĂŒtzerInnen sind also verantwortlich, „sĂ€mtliche“ wohlgemerkt! Nicht etwa die FPÖ, die ihre AnhĂ€ngerInnen durch eine Unzahl von Falschmeldungen und Verschwörungstheorien in teilweise schon als paranoid zu bezeichnende ZustĂ€nde treibt und bei denen jegliche AufklĂ€rungsversuche, die auf Vernunft setzen, mit dem Hinweis aufs „System“ und die „LĂŒgenmedien“ abgeschmettert werden. Wollte die FPÖ tatsĂ€chlich etwas fĂŒr die Bildung tun, wĂ€re ihr dringend anzuraten, mit der eigenen Verdummungspolitik aufzuhören.

Ich bleibe bei meiner Linie: Der Erfolg einer Gesellschaft misst sich wesentlich darin, wie viele Chancen sie ihren Mitgliedern bietet. Bildungseinrichtungen sind natĂŒrlich auch soziale Einrichtungen, die durch gezielte Förderung gerade jenen Aufstiegsmöglichkeiten eröffnen, die Bildung nicht durch Wohlstand des Elternhauses automatisch vererbt bekommen. Unsere zentralen LösungsvorschlĂ€ge dafĂŒr liegen seit langem auf dem Tisch: ein Ende des Systems, das Kinder viel zu frĂŒh „ausmistet“ und Geld dorthin, wo es ganz besonders benötigt wird. Blau-Ă€ugig, mit eingelegtem RĂŒckwĂ€rtsgang wĂŒrden wir den gegenteiligen Weg einschlagen. Aber wer weiß: Vielleicht will das die FPÖ? Dann heißt’s jedoch wirklich: „Gute Nacht!“

 

*http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20161206_OTS0076/fpoe-bildungssprecher-walter-rosenkranz-pisa-studie-zeigt-linke-bildungspolitik-hat-total-versagt

18. November 2016

WutbĂŒrger, „White Trash“ – und Strache

2016-11-18T12:07:32+01:0018.11.16, 9:10 |Kategorien: Gesellschaft, Menschenrechte|Tags: , , |

trump_von-lennart-gaebelNach AuszĂ€hlung der Briefwahlstimmen hat Hillary Clinton einen Vorsprung von rund zwei Millionen Stimmen. Donald Trump wird dennoch PrĂ€sident. Ursache ist das unzeitgemĂ€ĂŸe „WahlmĂ€nnersystem“ aus dem 18. Jahrhundert.

Die Welt wird sich warm anziehen mĂŒssen. Trump greift nicht nur den USA unter den Rock, wie das Lennart GĂ€bel in der Karikatur zeigt, Trump ist als cholerischer Egomane gefĂ€hrlich fĂŒr die ganze Welt.

Sein designierter Berater heißt Stephen Bannon und ist Ex-Chef von „Breitbart News“. In den USA wird darĂŒber diskutiert, ob dieser Herr „nur“ ein homophober Sexist ist, ein Verschwörungstheoretiker, Antisemit oder ein Vertreter der amerikanischen Neofaschisten, der sogenannten Alt Right? Er ist wohl von allem ein bisschen. Das Medienunternehmen Bloomberg nennt ihn „einen der gefĂ€hrlichsten politischen Strategen der USA“.

Übrigens: Auch Strache könnte es einfallen, einen rechtsextremen Hassprediger zu seinem „strategischen Berater“ zu machen. Er hat sich bereits – wohl um Anleihen zu holen – mit einigen Scharfmachern aus Trumps Umfeld in den USA getroffen.

Über die Bedeutung der US-Wahl fĂŒr Österreich können wir lange diskutieren. UngezĂ€hlt sind die Analysen ĂŒber die WutbĂŒrger, die „Hillbillies“, „Rednecks“ oder den „White Trash“. Faktum fĂŒr uns in Österreich ist, dass (auch) hierzulande die Arbeiterklasse stramm nach rechts marschiert und die Linke bislang darauf keine Antwort gefunden hat. Die allgegenwĂ€rtige Schusswaffe gibt es hierzulande zwar weniger, hĂ€usliche Gewalt und instabile Familiensituationen aber haben zugenommen.

Peter Michael Lingens verweist auf den Aufstieg der FPÖ und „Kreiskys Beitrag“ dazu, auf die vielen Skandale und die Mediensituation in Österreich (insbesondere zur Rolle der „Kronen Zeitung“). Alles richtig, aber auch das greift zu kurz, denn die international feststellbare Zukunftsangst vieler Menschen erklĂ€rt das nicht.

Jetzt gilt es fĂŒr uns, die eigene Position zu stĂ€rken, um soziale Absicherung, Menschenrechte und andere zivilisatorische Errungenschaften zu schĂŒtzen. Am 4. Dezember könnte da ein entscheidender Etappensieg errungen werden!

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr


Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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