23. MĂ€rz 2020

Corona, Geldgier und die Medien

2020-03-23T19:01:03+01:0023.03.20, 16:09 |Kategorien: Gesellschaft, Gesundheit und Pflege, Medien|Tags: , , |

In den „VN“ habe ich unter dem Titel „Spannende Zeiten“ einen Kommentar zu den Auswirkungen der Corona-Krise geschrieben:

„Du mögest in spannenden Zeiten leben!“ Dieser „vergiftete“ Wunsch wird auch als „Chinesischer Fluch“ bezeichnet. Heute, mitten in „spannenden Zeiten“, erahnen auch wir, was mit dem Fluch gemeint ist.

Wie sollen wir umgehen mit der Corona-Krise? Wo liegen die Gefahren? Was ist aufgebauscht, was ein wirkliches Problem? Zu alledem gibt es seriöse und weniger seriöse, zum Teil auch skurrile Wortmeldungen.

Den Vogel abgeschossen hat wieder einmal die FPÖ. Sie forderte am Freitag die Regierung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie allen Ernstes zur „Lenkung der Medienberichterstattung“ auf. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Opposition fordert die Regierung zur Einflussnahme auf unabhĂ€ngige Medien auf.

Pressefreiheit?

Mit der verfassungsrechtlich abgesicherten Pressefreiheit ist das nicht vereinbar. NatĂŒrlich ist es ein Ärgernis, wenn einige Boulevard-Medien durch ihre reißerische Berichterstattung Angst verbreiten. Das ist leider ihr GeschĂ€ftsmodell und war wĂ€hrend der FlĂŒchtlingskrise nicht anders. Damals ĂŒbrigens sogar befeuert durch die FPÖ.

Die Politik hat ausreichend Möglichkeiten, die Bevölkerung sachlich zu informieren. Und sie macht das derzeit auch. In einer Demokratie ist die EinschrĂ€nkung der Medienfreiheit ein SĂŒndenfall. Die FPÖ-Freunde in Ungarn tun seit einiger Zeit genau das.

Gerade jetzt braucht es aber kritische und unabhĂ€ngige Medien. Bei nicht wenigen Medienschaffenden hat man den Eindruck, sie gehörten zur journalistischen „Gebetsliga fĂŒr Sebastian Kurz“. Zwar macht derzeit die Regierung insgesamt – und ja, auch der Kanzler – einen guten Job, Aufgabe der Berichterstattung ist aber nicht die BeweihrĂ€ucherung, sondern neben der Information auch das kritische Hinterfragen.

Fragen drÀngen sich auf

Und zu hinterfragen gibt es einiges: Wie konnte Ischgl zur europĂ€ischen Virenschleuder werden? Die Behörden in Island haben schon am 29. Februar auf die Gefahr hingewiesen, als etliche zurĂŒckgekehrte Urlauber aus Ischgl eine Corona-Infektion aufwiesen. FĂŒnf Tage spĂ€ter wurde Ischgl mit dem chinesischen Wuhan und dem Iran auf die gleiche Stufe gestellt. Warnungen gab es auch aus Norwegen. In Tirol hingegen erklĂ€rte man, eine Gefahr sei „wenig wahrscheinlich“.

Ähnliche FehleinschĂ€tzungen gibt es fĂŒr St. Christoph und St. Anton. Die Auftritte des Tiroler Gesundheitslandesrats und des Landeshauptmanns mit ihrem stereotypen „Wir haben keine Fehler gemacht“ waren an Peinlichkeit kaum zu ĂŒberbieten. Hat auch die Bundesregierung Hinweise ignoriert? Wer trĂ€gt die Verantwortung und wie wird sie wahrgenommen? Welche Rolle hat die Seilbahnwirtschaft gespielt? Welche die Tourismus-Verantwortlichen?

Aufgabe von Medien (und der Opposition) ist es, diese und weitere Fragen zu stellen. „Message-Control“ durch die Regierung oder gar direkter Einfluss auf die Presse sind indiskutabel – zumal in diesen kritischen Zeiten.

6. April 2019

Rechtsextremismusdebatte: „Was gerade niemandem weh tut“

2019-04-06T13:13:05+02:0006.04.19, 12:55 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Medien, Parteien|Tags: |

Petra Stuiber vom Standard hat gestern einen Kommentar veröffentlicht: „Kurz muss Straches Rechts-außen-Problem hinnehmen – oder Neuwahlen forcieren.“ In vielem, was Stuiber schreibt, stimme ich zu. Ich möchte hier aber nur auf eine Passage eingehen, weil an ihr einiges abzulesen ist:

„Eine weitere interessante Erkenntnis ist, dass die grĂ¶ĂŸte Oppositionspartei SPÖ weiter jede Gelegenheit auslĂ€sst, die Regierung in BedrĂ€ngnis zu bringen. Statt tĂ€glich gegen rechts zu trommeln und Konsequenzen vom Kanzler zu fordern, will Parteichefin Pamela Rendi-Wagner einen ‚Rechtsextremismusbeirat‘ grĂŒnden. Das klingt redlich und staatstragend – und tut gerade niemandem weh.“

1 Stuiber unterschlĂ€gt, dass die SPÖ auch eine Erstellung eines Rechtsextremismusberichts angekĂŒndigt hat:

„Da der jĂ€hrliche Rechtsextremismus-Bericht unter der ersten schwarz-blauen Bundesregierung abgeschafft wurde, fehle eine fundierte Basis zur Aufarbeitung bzw. eine umfassende Arbeitsgrundlage fĂŒr weitere TĂ€tigkeiten in diesem Bereich. Das soll der neue Beirat liefern, der noch im April gebildet werden soll.“

Klar, es ist ein Projekt, das vielleicht nicht „gerade“ jemandem weh tut, aber dennoch eines, das prinzipiell zu begrĂŒĂŸen ist. Wir GrĂŒne haben 2016, als die Zahlen der rechtsextremen Straftaten explodiert sind, einen 130-seitigen Bericht vorgelegt. Die geplante FortfĂŒhrung mit regelmĂ€ĂŸigen Enqueten (die letzte war 2017, siehe unten!) wurde jedoch durch den Rausflug aus dem Nationalrat gestoppt.

2 Es ist ein – keinesfalls neues – Dilemma: Oppositionspolitik wird medial (vorwiegend) daran gemessen, was jemandem gerade weh tut, was ĂŒbersetzt auch heißt: je mehr Show, desto mehr mediale Resonanz, desto mehr (angebliche) Effizienz. LĂ€ngerfristige politische Arbeit, die nicht sofort in Knalleffekte mĂŒndet, erntet keine oder geringfĂŒgige Wahrnehmung.

Wir GrĂŒne haben uns ab der ParteigrĂŒndung mit Rechtsextremismus beschĂ€ftigt, zuletzt waren wir im Nationalrat drei Abgeordnete (Karl Öllinger, Albert Steinhauser und ich), die das Thema systematisch bearbeitet haben. Öllinger hat 2010 die Plattform „Stoppt die Rechten“ ins Leben gerufen, sie ist heute das umfangreichste offen zugĂ€ngliche Archiv zu Rechtsextremismus in Österreich.

Fast alles das, was in den letzten zwei Wochen zu den Verbindungen der FPÖ mit den IdentitĂ€ren die Medien fĂŒllt, haben wir ĂŒber Jahre hinweg aufgezeigt und thematisiert. Das hat damals halt gerade niemandem weh getan, um bei Stuibers Formulierung zu bleiben. War es deshalb weniger richtig, es zu tun?

Dass Martin Sellner ein Neonazi war, wissen wir seit vielen Jahren. Und jetzt kocht medial hoch, dass er vor 13 Jahren Pickerl mit Hakenkreuzen in Baden geklebt hat. Überraschung: Neonazis setzen neonazistische AktivitĂ€ten. Wohl weit relevanter mĂŒsste sein, dass Sellner mutmaßlich als Administrator bei der Neonazi-Plattform alpen-donau.info tĂ€tig war. FĂŒr die AktivitĂ€ten in dem Forum sind einige Beteiligte, darunter Gottfried KĂŒssel, rechtskrĂ€ftig verurteilt worden.

3 Dass die SPÖ seit dieser Legislaturperiode mit Sabine Schatz wenigstens eine Abgeordnete in ihren Reihen hat, die sich mit dem Thema „Rechtsextremismus“ beschĂ€ftigt, ist sehr gut. Sie tut vermutlich, was ihr möglich ist und wird vermutlich regelmĂ€ĂŸig an Grenzen stoßen: nĂ€mlich jene, dass Teile der Arbeit nicht wahrgenommen werden, weil sie angeblich gerade niemandem weh tun – heißt: medial auch nicht aufgenommen werden.

Wenn die SPÖ nun einen Rechtsextremismusbeirat grĂŒnden und einen Bericht erstellen will, hat es dennoch einen parteipolitischen Beigeschmack: Was hindert die SPÖ daran, wenn ihr das Thema ein Anliegen ist, bei „Stoppt die Rechten“ anzudocken? Hier gibt’s bereits viel Expertise, hier gibt’s einen wissenschaftlich prominent besetzten Beirat. Im letzten Jahr, als „Stoppt die Rechten“ zu einer ĂŒberparteilichen Plattform wurde und Spenden fĂŒr eine FortfĂŒhrung einwerben musste, hat Karl Öllnger auch beim SPÖ-Parlamentsklub angefragt. Die Antwort: keine Subvention, weil dafĂŒr kein Geld vorhanden sei. Die SPÖ Wien ist dankenswerterweise mit 5.000 Euro eingesprungen.

Videoaufzeichnung Rechtsextremismusenquete 2015:

Enquete 2017: https://www.stopptdierechten.at/2017/06/23/videomitschnitte-von-der-rechtsextremismus-enquete-2017-im-parlament/

25. September 2018

Kickl außer Rand und Band

2018-09-25T15:54:16+02:0025.09.18, 15:35 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Medien|Tags: |

Die AffĂ€re um Innenminister Herbert Kickl ist ja in den Medien ausfĂŒhrlich behandelt worden. Das ist die gute Nachricht.

Die schlechte: So etwas ist bei uns möglich. Der Textausschnitt unten zeigt eine der vielen unsĂ€glichen Passagen aus dem skandalösen Mail des BM.I an die Landespolizeidirektionen. Noch funktioniert zum GlĂŒck unser Recht(s)staat, da es innerhalb der Polizei genĂŒgend KrĂ€fte gibt, die sich gegen die politische Vereinnahmung durch Kickl und seine rechtsextremen Kumpane im Ministerium zur Wehr setzen und solche Texte an die Medien weiterspielen.

„Leider wird wie eh und je seitens gewisser Medien (zum Beispiel ‘Standard’, ‘Falter’) sowie neuerdings auch seitens des ‘Kuriers’ eine sehr einseitige und negative Berichterstattung ĂŒber das BMI beziehungsweise die Polizei betrieben
 Ansonsten erlaube ich mir vorzuschlagen, die Kommunikation mit diesen Medien auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschrĂ€nken und ihnen nicht noch Zuckerln wie beispielsweise Exklusivbegleitungen zu ermöglichen 
“

Die Polizei steht unter enormem Druck. Sie soll – so will es Kickls Ministerium – ihren Teil zur Hetze gegen AsylwerberInnen beitragen und beispielsweise Sexualdelikte, die nicht von Österreichern begangen werden, massiv kommunizieren. Außerdem solle man kĂŒnftig auch immer die StaatsbĂŒrgerschaft und den asylrechtlichen Aufenthaltsstatus mitteilen.

Weit haben wir es gebracht in Österreich. Allein die BVT-AffĂ€re wĂŒrde in einem anderen Land wohl zum sofortigen RĂŒcktritt des politisch Verantwortlichen fĂŒhren. Wir haben einen Innenminister, der in einer rechtswidrigen Aktion die BĂŒros des wichtigsten Geheimdienstes und nebenbei auch noch die Privatwohnungen der dortigen Beamten stĂŒrmen lĂ€sst – und das alles nicht durch die zustĂ€ndigen Einheiten, sondern durch die von einem FPÖ-FunktionĂ€r gefĂŒhrte Eingreiftruppe gegen StraßenkriminalitĂ€t! Herbert Kickl ist das grĂ¶ĂŸte Sicherheitsrisiko unseres Landes. Es ist höchst an der Zeit, dass die SelbstreinigungskrĂ€fte unserer Demonkratie an Kraft gewinnen.

Eine Möglichkeit ist es, die auf Facebook bereits sehr erfolgreiche Gruppe „Wir fordern den RĂŒcktritt von Herbert Kickl“ zu unterstĂŒtzen.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr


Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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